
Schwangere stehen vor einem Dilemma, wenn sie darüber entscheiden sollen, ob sie während der vaginalen Entbindung eine neuroaxiale Analgesie − also eine peridurale (PDA) oder kombiniert spinal-epidural Analgesie − bekommen oder nicht: einerseits wollen sie die Wehenschmerzen vermeiden, andererseits wollen sie aber nach der Geburt fit sein, um ihr Baby versorgen zu können. Kurz: Sie wollen nichts riskieren. Aber offenbar hemmt eine PDA nicht nur den Wehenschmerz, sondern hat noch einen anderen Nutzen: das Risiko an schweren Geburtskomplikationen wie postpartale Blutungen sinkt.
Weniger postpartale Blutungen bei PDA
Ganz neu ist diese Erkenntnis nicht. In einer Studie, in der vaginale Geburten zwischen 2004 und 2006 in Frankreich untersucht wurden, konnte ein um 47 % geringeres Risiko für eine schwere postpartale Hämorrhagie (PPH) bei Frauen festgestellt werden, die eine neuroaxiale Analgesie erhielten – verglichen mit Frauen, die keine solche Schmerztherapie bekamen.
70% der Entbindungen in USA mit PDA
Da sich in den USA die Rate an schweren Geburtskomplikationen zwischen 1999 und 2017 mehr als verdoppelt hat (2017 betraf das etwa eine von 60 Frauen), wollten New Yorker Wissenschaftler den Nutzen der PDA erneut untersuchen [1]. Immerhin erfolgt in den USA landesweit eine neuroaxiale Analgesie bei 70% der Geburten.
Querschnittsstudie untersucht schwere Geburtskomplikationen
Für Ihre populationsbasierte Querschnittsstudie erfasste das Team die Daten von 575.524 Frauen im Alter von 15–49 Jahren in New York mit erstmaliger vaginaler Entbindung im Zeitraum 2010-2017, wovon 30,4 % mit einem hohen Risiko für Geburtskomplikationen behaftet waren. Hauptendpunkt war die Rate der schweren Geburtskomplikationen (Severe maternal morbidity= SMM), Der sekundäre Endpunkt war der Anteil von PPH an den SMM.
Ein Drittel der Komplikationen durch postpartale Blutung
Die Ergebnisse zeigen: 47,4 % der Kohorte erhielten eine neuroaxiale Analgesie. 1,3 % der entbundenen Frauen entwickelten SMM - 35,6 % davon entfielen auf postpartale Blutungen.
Eine schwere maternale Morbidität trat bei 1,3 % der Frauen mit PDA und bei 1,4% ohne neuroaxiale Analgesie auf. Dies entspricht einer Risikodifferenz von -0,12 % (95 %-Konfidenzintervall [CI]: -0,17 % bis -0,07 %) und einer Odds Ratio OR von 0,91 (95 %-KI: 0,87–0,96).
Nach der statistischen Bereinigung sah es allerdings anders aus. Hier ergab sich eine Risikodifferenz von -0,21 % (95 %-CI: -0,30 % bis -0,12 %) und eine OR von 0,86 (95 %-CI: 0,82–0,90), was einer 14%igen Risikoreduktion durch PDA entspricht.
Das Ergebnis zum sekundären Endpunkt: 21 % der Risikoreduktion ging auf das Konto des postpartalen Blutungsrisikos.
Nutzen durch schnellere OP-Einleitung?
Warum sich die PDA gerade auf das postpartale Blutungsrisiko auswirkt, ist nicht ganz geklärt. Einer der Gründe könnte sein, dass sich bei postpartalen Blutungen und liegender PDA schneller eine Anästhesie einleiten und so schneller verbliebene Plazentareste aus der Gebärmutter entfernt werden können.