Aortenstenose: Kreatinkinase verändert Herz-Energetik

Die Kreatinkinase-Aktivität bzw. -Fluss ist bei einer schwerwiegenden Aortenstenose vermindert, insbesondere bei reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion. Eine therapeutische Intervention der Kreatinkinase-Funktion könnte eine Strategie sein das systolische Pumpversagen zu verhindern.

Herz Anatomie

Hintergrund

Patienten mit einer schweren Aortenstenose (AS) und einer reduzierten linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF), haben unabhängig von ihren Symptomen ein erhöhtes Mortalitätsrisiko. Ca. 30% dieser Patienten liegen mit 50%-59% LVEF an der Grenze und 15% der Patienten mit einem operativen Eingriff für einen Aortenklappenersatz, haben eine LVEF von <50%. Weitere AS-Patienten zeigen ebenfalls eine verringerte LVEF, deren Ursache ungeklärt ist und nicht auf Bluthochdruck zurückgeführt werden kann. Sie wird als ungeklärte LVEF definiert. Weiterhin ist unklar, warum manche AS-Patienten eine solche ungeklärte reduzierte LVEF aufweisen und andere Patienten nicht.

Kreatinkinase

Das Enzym Kreatinkinase (KK) sorgt dafür, dass genügend Energie in Form von Adenosintriphosphat (ATP) in den Herzmuskelzellen für Kontraktionen gespeichert wird und ist als Katalysator für den Gewinn von ATP aus energiearmen Adenosindiphosphat (ADP) verantwortlich (Phosphokreatinin + ADP + H+ → Kreatinin + ATP).

In Tiermodellen konnte gezeigt werden, dass eine reduzierte maximale KK-Leistung und/oder KK-Fluss (= metabolische Rate des ATP-Transfers durch die KK) mit dem Übergang zum Versagen der Pumpleistung in Verbindung steht sowohl bei induziertem Bluthochdruck als auch bei der humanen hypertensiven Hypertrophie und der dilatativen Kardiomyopathie.

Neben dem KK-vermittelten ATP-Transfer kann, das ATP auch zwischen den Mitochondrien und den kontraktilen Stellen diffundieren. Die Distanz die das ATP diffundiert kann die KK-Leistung beeinflussen. Im Tiermodell zeigte sich, dass eine eingeschränkte KK-Leistung die mögliche Distanz der ATP-Diffusion verringert. Auch kann die ATP-Energiespeicherung auf Ebene der mitochondrialen oxidativen Fähigkeit vermindert sein.  

Zielsetzung

In dieser Studie wird die Hypothese untersucht, ob eine reduzierte KK-Leistung bzw. ein reduzierter KK-Fluss für die reduzierte systolische Funktion verantwortlich ist oder ob eine veränderte mitochondriale oxidative Fähigkeit bzw. eine verminderte Diffussionsdistanz des ATPs dafür verantwortlich ist.

Methodik

In die Studie eingeschlossen wurden Patienten zwischen 18 und 85 Jahren, die eine schwerwiegende Aortenstenose (AS) aufwiesen. Zusätzlich war bei diesen Patienten ein Eingriff für einen Aortenklappenersatz geplant und sie hatten eine verminderte (<55%) oder erhaltene (≥55%) LVEF. Zusätzlich wurden gesunde Probanden mit nicht-hypertrophierten Herzen und normaler systolischer Funktion und nicht-hypertrophierten und nicht druckbelastenden Herzen mit normaler systolischer Funktion eingeschlossen, die sich einer Herzoperation unterziehen mussten und bereit für eine linksventrikuläre Herzbiopsie waren.

Die Studienteilnehmer wurden in fünf Gruppen unterteilt:

  • moderate Aortenstenose (ModAS), n = 13
  • schwerwiegende Aortenstenose mit einer LVEF ≥ 55% (SevAS-pEF), n = 37
  • schwerwiegende Aortenstenose mit einer LVEF < 55% (SevAS-rEF), n = 15
  • gesunde Probanden (NHv), n = 30
  • gesunde Probanden mit nicht-hypertrophierten und nicht druckbelastenden Herzen mit normaler systolischer Funktion (NHbx), n = 7

Alle Studienteilnehmer unterzogen sich einer kardialen Magnetresonanztherapie (CMR) und einer 31P Magnetresonanzspektroskopie (MRS) zur Bestimmung der myokardialen Energetik.

Es erfolgte eine Analyse der durchgeführten linksventrikulären Herzbiopsie auf: Gesamtaktivität der KK, Isoformen der KK, Zitratsynthase (ZS)-Aktivität und Gesamtkreatinin.

Ergebnisse

Patientencharakteristika:

  • Die 5 Gruppen aus insgesamt 102 eingeschlossenen Teilnehmern unterschieden sich nicht im Verhältnis der Männer zueinander aber in den folgenden Punkten: medianes Alter, Body-Mass-Index (BMI), systolischer Blutdruck, 6 Minuten Gehstrecke, Bluthochdruck, Prävalenz des Linksschenkelblock und Verteilung kardialer Medikation.
  • Die schwerwiegende AS wurde für die Gruppen SevAS-pEF und SevAS-rEF mittels transthorakaler Doppler-Untersuchung und 2D-Echokardiographie bestätigt.
  • LVEF war wie zu erwarten in den Gruppen SevAS-pEF, NHv, NHbx und modAS im Normalbereich und signifikant vermindert in der SevAS-rEF.

Klinische Ergebnisse:

  • Der KK-Fluss war bei den Patienten mit Aortenstenose um 32% (p=0,04) signifikant reduziert. Ursächlich hierfür ist die Reduktion des Verhältnisses des Phosphokreatinins zum ATP um 17% (p<0,01), bei gleichbleibender Proportionalitätskonstante kf der KK (p=0,46).
  • Der niedrigste KK-Fluss zeigte sich in der SevAS-rEF-Gruppe. Jedoch waren keine signifikanten Unterschiede zur SevAS-pEF-Gruppe nachweisbar (p>0,99).
  • Begleitend zum verringerten KK-Fluss, war sowohl die Aktivität der Gesamt-KK als auch die Aktivität der Zitrat-Synthase, als auch die absoluten Aktivitäten der mitochondrialen KK Isoform und der zytosolischen Skelettmuskeltyp-KK Isoform verringert (p<0,02).
  • Die mediane mitochondriale-sarkomere Diffussionsdistanz korrelierte mit der Gesamt-KK-Aktivität (r=0,86, p=0,003).

Fazit

Die Studie zeigt, dass die Kreatinkinase-Aktivität bei schwerwiegender Aortenstenose mit erhaltener systolischer Funktion vermindert ist, insbesondere bei der Aortenstenose mit systolischem Pumpversagen. In Ruhe unterscheidet sich der KK-Fluss nicht zwischen der schwerwiegenden AS mit erhaltener und reduzierter systolischer Funktion und ist bei der moderaten AS vermindert. Die verminderte KK-Aktivität ist mit einer Umverteilung und einer Reorganisation im Zytosol verbunden, die zu einer verminderten mitochondrialen-sarkomeren Diffusionskonstante führt. Für die Klinik bedeuten diese Ergebnisse, dass ein verminderter KK-Fluss allein nicht ausreichend ist um ein systolisches Pumpversagen bei einer schwerwiegenden Aortenstenose auszulösen, jedoch kann es den Übergang hierzu prädisponieren. Somit könnte eine therapeutische Intervention, die die KK-Aktivität bzw. den KK-Fluss beeinflusst, eine mögliche Strategie sein, das systolische Pumpversagen bei AS zu verhindern.

Autor:
Stand:
09.07.2020
Quelle:

Peterzan M. A. et al. (2020): Cardiac Energetics in Patients with Aortic Stenosis and Preserved versus Reduced Ejection Fraction, Circulation, DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.119.043450

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