
Hintergrund
Die häufigste Indikation für die Implantation eines Herzschrittmachers ist ein atrioventrikulärer Block (AV-Block). Ein AV-Block entsteht in der Hälfte der Fälle aufgrund eines chronisch degenerativen Ursprungs oder durch ischämische Kardiomyopathie bzw. ein akutes Koronarsyndrom. Die Prognose ist ohne Begleitung weiterer Herzerkrankungen gut und die Überlebensraten sind vergleichbar zur Allgemeinbevölkerung. Im Gegensatz zu den älteren Patienten mit bekannter Ätiologie zeigten Studien, dass bei jüngeren Patienten (< 50 Jahre) die Ätiologie während der Präimplantationsuntersuchung nicht identifiziert werden kann. Es scheinen hier verschiedene pathologische Mechanismen vorhanden zu sein.
Zielsetzung
Das Ziel dieser Kohortenstudie war es die Langzeitmorbidität und -mortalität bei jungen Patienten mit AV-Block unbekannter Ätiologie zu untersuchen.
Methodik
In die Kohortenstudie eingeschlossen wurden Patienten die im Zeitraum zwischen Januar 1996 und Dezember 2015 unter 50 Jahre waren und aufgrund eines AV-Block unklarer Ätiologie ihren ersten Herzschrittmacher implantiert bekommen haben. Hierzu verwendete man die Daten des dänischen Pacemaker and implantable cardioverter-defibrillator (ICD)-Registers. Zusätzlich wurden zehn „gematchte“ Kontrollpatienten pro Fall eingeschlossen. Die Patienten wurden so lange nachverfolgt bis ein Ereignis des primären bzw. sekundären Endpunkte aufgetreten ist. Die Nachbeobachtung wurde im September 2018 final beendet.
Der primäre Endpunkt war ein kombinierter Endpunkt aus den folgenden Ereignissen: Tod jeglicher Ursache, Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, ventrikuläre Tachyarrythmie und Herzstillstand mit erfolgreicher Reanimation.
Ergebnisse
Insgesamt konnten 517 Patienten in die Studie eingeschlossen werden, was 50,3% der Gesamtanzahl an Herzschrittmacherimplantationen unter 50 Jahre entsprach. Diese wurden mit 5.170 Kontrollen aus der Allgemeinbevölkerung verglichen. Bei 22 Patienten (4,3%) konnte nach der Schrittmacher-Implantation nachträglich eine Ätiologie bestimmt werden. Die Mehrheit der Patienten (n=438; 84,7%) hatten einen intermittierenden AV-Block und bei 79 Patienten (15,3%) war dieser persistierend. Abgesehen von einer erhöhten Hypercholesterinämie bei den intermittierenden Patienten traten keine Unterschiede in kardiovaskulären Komorbiditäten auf.
Patientencharakteristika
Das mediane Alter zum Zeitpunkt der Schrittmacher-Implantation lag bei 41,3 Jahren (Interquartilsabstand (IQR): 32,7-46,2 Jahre) und 299 Patienten (57,8%) waren männlich. Die Patienten wurden im Median 9,8 Jahre nachverfolgt (IQR: 5,7-14,5 Jahre).
Klinische Ergebnisse
Ein primäres Endpunkt-Ereignis hatten 14,9% der Patienten mit Schrittmacher (95%-KI: 11,9-18,6) und 3,2% der Patienten (95%-KI: 2,6-3,7) in der Kontrollgruppe (HR: 3,8; 95%-Konfidenzintervall (KI): 2,9-5,1; p<0,001). Dabei war das Risiko für das Auftreten eines Ereignisses in den ersten fünf Jahren nach der Schrittmacher-Implantation höher als im anschließenden Zeitraum nach sechs bis zehn Jahren (HR: 6,8; 95%-KI: 4,6-10,0; p<0,001). Nach über 10 Jahren war das Risiko mit der Allgemeinbevölkerung wieder vergleichbar (HR: 1,8; 95%-KI: 1,0-3,3; p=0,06).
Handelte es sich um einen persistierenden AV-Block bei Diagnosestellung war das Risiko auf ein primäres Endpunkt-Ereignis ebenfalls signifikant erhöht (HR: 10,6; 95%-KI: 5,7-20,0; p<0,001).
Betrachtet man die kardiovaskulären Ereignisse getrennt voneinander, so ist vor allem die Gesamtmortalität nach einer medianen 10-jährigen Nachbeobachtungsdauer und die Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz verantwortlich für das erhöhte Risiko bei Patienten mit einem Schrittmacher. Folgende Ereignisraten traten zwischen Schrittmacher-Patienten und Kontrollen auf:
- Tod jeglicher Ursache: 8,6% (95%-KI: 6,2-11,5%) vs. 2,4% (95%-KI: 1,9-2,9%) (HR: 2,2; 95%-KI: 1,5-3,2%)
- kardiovaskulärer Tod: 3,5% (95%-KI: 2,1-5,5%) vs. 0,2% (95%-KI: 0,1-0,4%) (HR: 11,7; 95%-KI: 5,7-23,3)
- Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz: 7,7% (95%-KI: 5,4-10,4%) vs. 0,7% (95%-KI: 0,5-1,0%) (HR: 8,6; 95%-KI: 5,4-13,8)
- ventrikuläre Tachyarrhythmie: 2,8% (95%-KI: 1,5-4,7%) vs. 0,2% (95-KI: 0,07-0,3%)
Fazit
Jüngere Patienten die das 50. Lebensjahr noch nicht erreicht haben und aufgrund eines AV-Blocks mit unklarer Ätiologie einen Herzschrittmacher implantiert bekommen, haben ein drei bis viermal höheres Risiko ein Ereignis des kombinierten Endpunktes der Studie zu erleiden. Dabei war das Risiko in den ersten fünf Jahren nach der Schrittmacher-Implantation am höchsten sowie bei Patienten mit persistierendem AV-Block zu Zeitpunkt der Implantation.
Diese Ergebnisse veranlassen die Autoren dazu eine verbesserte Nachsorgestrategie bei jungen Patienten mit AV-Block unbekannter Ätiologie zu fordern.