
Hintergrund
Hypertonie erhöht das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse. Eine leitliniengerechte blutdrucksendende Therapie ist daher eine entscheidende Maßnahme im Rahmen der kardiovaskulären Prävention. Bei Patienten mit Diabetes Typ 2 besteht bereits unabhängig von den Blutdruckwerten eine höhere Wahrscheinlichkeit für kardiovaskuläre Erkrankungen und Ereignisse. Dieses Risiko wird noch größer, wenn die Patienten sowohl unter Diabetes Typ 2 als auch unter Bluthochdruck leiden. Aber wirkt eine blutdrucksenkende Therapie bei Patienten mit Diabetes Typ 2 genauso wie bei Hochdruckpatienten ohne die Stoffwechselstörung? Oder benötigen Hypertonie-Patienten mit Typ-2-Diabetes eine angepasste Therapie?
Widersprüchliche Studienergebnisse
Bereits die Frage, ob bei der antihypertensiven Therapie die gleichen Blutdruckschwellen für Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes gelten sollen, ist umstritten. Um diese Frage nun zuverlässig zu beantworten, führte eine Gruppe um Professor Dr. Kazem Rahimi von der Universität Oxford eine großangelegte Metaanalyse der Daten von mehr als 350.000 Personen mit Hypertonie durch. Mehr als ein Drittel der Teilnehmer hatte gleichzeitig die Diagnose Typ-2-Diabetes. Die Daten stammten aus der Blood Pressure Lowering Treatment Trialists Collaboration (BPLTTC), einer internationalen Sammlung von klinischen Studien zur antihypertensiven Therapie, die von führenden Forschern auf dem Gebiet als Ressource für großangelegte Analysen erstellt wurde. Primärer Endpunkt der aktuellen Metaanalyse war das Eintreten schwerer kardiovaskulärer Ereignisse bei einer Senkung des systolischen Blutdrucks um 5 mmHg [1].
Baseline-Daten der Teilnehmer
Inkludiert in die Metaanalyse, der auf Einzelpersonen bezogenen Daten, wurden 51 randomisierte Studien, die zwischen 1981 und 2014 publiziert worden waren. An den Studien hatten insgesamt 358.533 Personen (58 % männlichen Geschlechts) teilgenommen. Eine Erkrankung an Typ-2-Diabetes war Baseline bei 103.325 (29 %) Teilnehmern bekannt. Die Teilnehmer mit Diabetes Typ 2 wiesen Baseline im Durchschnitt einen Blutdruck von 149/84 mmHg (Standardabweichung [SD] 19/11) auf. Bei den Teilnehmern, die nicht an Diabetes Typ 2 erkrankt waren, lag der Blutdruck im Durchschnitt bei 153/88 mmHg Baseline (SD 21/12).
Blutdruck und kardiovaskuläres Risiko
Über ein im Median 4,2 Jahre dauerndes Follow-up (Interquartilsabstand [IQR] 3,0-5,0) reduzierte eine Senkung des systolischen Blutdrucks um 5 mmHg das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse in beiden Gruppen. Der relative Behandlungseffekt war bei den Teilnehmern mit Typ-2-Diabetes (Hazard Ratio [HR] 0,94; 95 % Konfidenzintervall [CI] 0,91–0,98) jedoch geringer als bei Teilnehmern ohne Diabetes (HR 0,89; 95% CI 0,87–0,92; Interaktion p=0,0013). Aufgrund des per se höheren kardiovaskulären Risikos in der Typ-2-Diabetes-Gruppe unterschied sich die absolute Risikoreduktion zwischen Teilnehmern mit und ohne Diabetes jedoch nicht substanziell.
Die Forscher konnten gruppenunabhängig keine zuverlässige Evidenz für eine Heterogenität der Behandlungseffekte durch den systolischen Blutdruck Baseline finden. Im Einklang mit den primären Befunden ergab auch eine stratifizierte Netzwerk-Metaanalyse keine Evidenz dafür, dass sich die relativen Behandlungseffekte zwischen den Gruppen mit und ohne Typ-2-Diabetes substanziell unterschieden. Das galt auch für alle der untersuchten Medikamentenklassen.
Fazit
Obwohl die relative Wirksamkeit einer Blutdrucksenkung in Bezug auf die Verringerung des Risikos für schwere kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten mit Typ-2-Diabetes schwächer ausfiel als bei Teilnehmern ohne diese Stoffwechselkrankheit, waren die absoluten Effekte in beiden Gruppen ähnlich. Es konnte kein Zusammenhang zwischen dem Baseline-Blutdruck oder der verordneten Medikamentenklasse festgestellt werden. Daher meinen die Autoren der Studie, dass es nicht notwendig ist, für die Personen mit Diabetes-Typ-2 andere Blutdruck-Grenzwerte einzuführen als für die Hypertonie-Patienten ohne die Erkrankung. Des Weiteren müssen auch keine Unterschiede bei der Intensität der Blutdrucktherapie oder der Medikamentenklassen bei den Patientengruppen gemacht werden.