CAR-T-Zelltherapie gegen kardiale Fibrose

Wissenschaftler entwickelten eine impfstoffähnliche mRNA-Injektion, mit der sie CAR-T-Zellen direkt im Körper herstellten, die im Mausmodell aktivierte kardiale Fibroblasten eliminieren und damit die Herzfunktion wiederherstellen konnten.

Herz

Hintergrund

Fibrose betrifft Millionen von Menschen mit Herzerkrankungen. Kardiale Fibroblasten werden als Reaktion auf verschiedene Myokardverletzungen aktiviert. Bei vielen chronischen Herzerkrankungen bleiben diese Fibroblasten aktiv uns sekretieren übermäßige extrazelluläre Matrix. Dies führt zur Fibrose, bei der das Myokard versteift und auch die Gesundheit und Funktion der Kardiomyozyten negativ beeinflusst werden.

Trotz eines tiefen Verständnisses der aktivierten kardialen Fibroblasten haben klinische Studien mit antifibrotischen Therapeutika bestenfalls bescheidene Erfolge gezeigt. Diese Interventionen hatten zum Ziel, die Progression der Fibrose zu begrenzen und waren nicht darauf ausgelegt, die Fibrose nach ihrer Etablierung zu remodellieren.

Neuer immuntherapeutischer Ansatz zur Behandlung von Herzschäden

Forscher von der Perelman School of Medicine an der University of Pennsylvania in Philadelphia, USA, entwickleten in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Acuitas Therapeutics in Vancouver, Kanada, einen neuen immuntherapeutischen Ansatz, mit dem sie im Mausmodell für Herzinsuffizienz aktivierte Fibroblasten mithilfe von T-Zellen mit chimärem Antigenrezeptor (CAR) eliminieren und damit die Herzfunktion wiederherstellen konnten.

Manipulierte T-Zellen, ähnlich der CAR-T-Zelltherapie, die derzeit im Bereich der klinischen Onkologie verwendet wird, können unbegrenzt im Körper persistieren. Die Fibroblastenaktivierung ist Teil eines normalen Wundheilungsprozesses in vielen Geweben, und persistente antifibrotische CAR-T-Zellen könnten bei zukünftigen Verletzungen ein Risiko darstellen. Daher nutzten die Forscher Boten-Ribonukleinsäure (messenger ribonucleic acid [mRNA]) mit veränderten Nukleosiden, um T-Zellen in ein transientes antifibrotisches CAR-T-Therapeutikum umzuformen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt in diesem Forschungsvorhaben war, dass die transienten CAR-T-Zellen in vivo generiert wurden. Mittels Elektroporation kann mRNA ex vivo direkt in T-Zellen eingeführt werden, so dass CAR-T-Zellen entstehen. Dieser Prozess ist jedoch mit erheblichen Kosten und Risiken verbunden und erfordert eine umfangreiche Infrastruktur. Die Wissenschaftler verpackten daher modifizierte mRNA in Lipid-Nanopartikel (LNP). In den Organismus injiziert, produzierten diese transiente antifibrotische CAR-T-Zellen in vivo.

Die Ergebnisse der Studie publizierten die Wissenschaftler im renommierten Fachblatt Science [1, 2]. Im Folgenden skizzieren wir die wichtigsten Schritte der Entwicklung.

  1. CD5-zielgerichtete LNP-mRNA produzierten funktionelle, transiente FAPCAR-T-Zellen in vitro.

Die Wissenschaftler erzeugten zunächst modifizierte nukleosidhaltige mRNA, die für ein CAR kodiert, das gegen das Fibroblasten-Aktivierungsprotein (FAP), einen Marker aktivierter Fibroblasten, entwickelt wurde. Diese verpackten sie in CD5-zielgerichtete LNP (CD5/LNP-FAPCAR). CD5 wird auf natürliche Weise von T-Zellen und einer kleinen Untergruppe von B-Zellen exprimiert und ist für die T-Zell-Effektorfunktion nicht erforderlich.

Im nächsten Schritt inkubierten sie frisch isolierte, aktivierte murine T-Zellen in vitro für 48 Stunden mit den CD5/LNP-FAPCAR. Die CD5-zielgerichteten LNP übertrugen ihre mRNA-Fracht an die meisten T-Zellen in Kultur. 83% der T-Zellen exprimierten nach der Exposition FAPCAR. In vitro erreicht die FAPCAR-Expression nach 24 Stunden ihren Höhepunkt und ließ in den folgenden Tagen rasch nach.

  1. CD5-zielgerichtete LNP-mRNA reprogrammierte T-Zellen in vivo.

Als nächstes untersuchten die Forscher, ob CD5-zielgerichtete LNP-mRNA auch T-Zellen in vivo effizient reprogrammieren kann. Mäuse, denen intravenös CD5/LNP injiziert wurden, die Luciferase-mRNA (CD5/LNP-Luc) enthielten, exprimierten reichlich Luciferase in ihren CD3-Splenozyten.

In einem weiteren Experiment beluden die Forscher CD5/LNP mit für Cre-Rekombinase kodierender mRNA (CD5/LNP-Cre) und injizierten sie in Ai6 Cre-Reporter-Mäuse. Sie fanden Hinweise auf eine genetische Rekombination (ZsGreen-Expression) speziell in CD3-T-Zellen (sowohl CD4- als auch CD8-Untergruppen), aber wenig Hinweise auf eine Cre-Rekombinase-Aktivität in CD3+++– (Nicht-T)-Zellen (hauptsächlich B-Zellen, dendritischen Zellen und Makrophagen).Bil

  1. CD5-zielgerichtete LNP-mRNA produzierte FAPCAR-T-Zellen in vivo.

Dann untersuchten die Wissenschaftler, ob CD5/LNP-FAPCAR in einem etablierten murinen hypertensiven Modell für Herzinsuffizienz und Fibrose FAPCAR-mRNA an T-Zellen abgeben können. 48 Stunden nach der LNP-Injektion fanden die Forscher eine größere Population von FAPCAR-T-Zellen (17,5 - 24,7%). Eine Woche nach der Injektion wurden keine FAPCAR-T-Zellen der Milz gefunden. Dies bestätigte die vorübergehende Natur der FAPCAR-Expression.

  1. FAPCAR-T-Zellen trogozytierten FAP aus aktivierten kardialen Fibroblasten.

Die Wissenschaftler inkubierten FAPCAR-T-Zellen, die mit einem Retrovirus hergestellt worden waren, mit humanen embryonalen Nierenzellen (HEK 293), die fluoreszenzmarkiertes FAP überexprimierten und wiesen das Phänomen der Trogozytose (Aufnahme von Oberflächenmolekülen von antigenpräsentierenden Zellen durch Lymphozyten) in vitro nach.

FAPCAR-T-Zellen, die in situ produziert wurden, trogozytierten FAP aus aktivierten kardialen Fibroblasten. Das Zielantigen wurde später in der Milz beobachtet, in der sich die T-Zellen ansammelten.

  1. In vivo generierte transiente FAPCAR-T-Zellen verbesserten die Herzfunktion nach einer Schädigung des Herzmuskels.

Die therapeutische Wirksamkeit von in vivo reprogrammierten CAR-T-Zellen wurde durch Injektion von CD/LNP-FAPCAR in einem Mausmodell mit induzierter Herzinsuffizienz untersucht. Zwei Wochen nach einer einzigen Injektion beobachteten die Wissenschaftler deutliche Verbesserungen des linksventrikulären Volumens, der diastolischen und systolischen Funktion, sowie der kardialen Hypertrophie.

Fazit

Nach Schädigungen des Herzmuskels kommt es häufig zur Fibrose, einer Versteifung und Vernarbung von Herzgewebe, welche tödlich sein kann. Rurik und Kollegen entwickelten eine Immuntherapiestrategie, um transiente CAR-T-Zellen zu erzeugen, die die fibrotischen Zellen im Herzen erkennen können. Durch die Injektion von CD5-zielgerichteten Lipid-Nanopartikeln mit mRNA, die zur Reprogrammierung von T-Lymphozyten erforderlich ist, konnten die Forscher therapeutische CAR-T-Zellen vollständig im Körper erzeugen.

Die Analyse eines Mausmodells für Herzerkrankungen ergab, dass der Ansatz bei der Verringerung der Fibrose und der Wiederherstellung der Herzfunktion erfolgreich war. Die Fähigkeit, CAR-T-Zellen in vivo unter Verwendung modifizierter mRNA herzustellen, kann als therapeutische Plattform zur Behandlung verschiedener Krankheiten vielversprechend sein.

"Fibrose liegt vielen schweren Erkrankungen zugrunde, einschließlich Herzinsuffizienz, Lebererkrankungen und Nierenversagen, und diese Technologie könnte sich als eine skalierbare und erschwingliche Möglichkeit erweisen, einen enormen medizinischen Bedarf zu decken", sagte Seniorautor Dr. Jonathan A. Epstein, Chief Scientific Officer bei Penn Medicine und Geschäftsführender Prodekan, sowie William Wikoff Smith-Professor für Herz-Kreislauf-Forschung an der Perelman School of Medicine. "Aber der bemerkenswerteste Fortschritt ist die Fähigkeit, T-Zellen für eine bestimmte klinische Anwendung zu entwickeln, ohne sie aus dem Körper des Patienten entnehmen zu müssen."

Dieses Forschungsprojekt wurde von den National Institutes of Health (Fördernummern AI142596, HL134839, AI124429, NIH R35 HL140018, P30 AI 045008), dem Penn Center for AIDS Research (CFAR), der Cotswold Foundation und in Form eines W.W. Smith-Stiftungslehrstuhls finanziell unterstützt.

Quelle:
  1. Penn Medicine, Pressemeldung, 06.01.2022
  2. Rurik et al. (2022): CAR T cells produced in vivo to treat cardiac injury. Science. DOI: https://doi.org/10.1126/science.abm0594
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