CAR-T-Zell-Therapeutika sind genmodifizierte autologe T-Zellen, die ein spezifisches Oberflächenprotein auf B-Lymphozyten erkennen und daher bei der Behandlung bestimmter B-Zell-bedingter Krebserkrankungen Anwendung finden.
CAR-T-Zellen werden bei Patienten mit lymphatischen Neoplasien eingesetzt, die nicht auf die derzeit verfügbaren Therapien (inklusive einer Stammzelltransplantation) ansprechen oder unter Therapie einen Rückfall erleiden.
Die Immunzelltherapie mit CAR-T-Zellen wird für jeden Patienten individuell hergestellt und bei folgenden Indikationsgebieten angewendet:
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahre mit refraktärer oder rezidivierter akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie (ALL)
Erwachsene mit rezidiviertem oder refraktärem diffus großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL), nach zwei oder mehr systemischen Therapien
Erwachsene mit primär mediastinalem großzelligem B-Zell-Lymphom (PMBCL) nach zwei oder mehr systemischen Therapien
Wirkmechanismus
Gemeinsamkeit der ALL sowie DLBCL und PMBCL ist die maligne Entartung von B-Lymphozyten. Der Angriffspunkt der CAR-T-Zell-Therapeutika ist daher das B-Zell-spezifische Oberflächenprotein CD19, das auch von allen entsprechenden Tumorzellen exprimiert wird.
Nach Leukapharese wird ex vivo mithilfe eines retroviralen Vektors das Gen für einen chimären Antigenrezeptor (CAR) gegen CD19 in die T-Lymphozyten des Patienten integriert (retrovirale Transduktion). Der Antigenrezeptor besteht aus einer extrazellulären Domäne, die als Einzelketten-Antikörperfragment hochspezifisch an das CD19-Antigen bindet sowie einer Transmembrandomäne, die den CAR in der T-Zellmembran verankert und einer intrazellulären Domäne, die eine oder mehrere Signaldomänen enthält.
Nach Expansion der CAR-T-Zellen in vitro und Konditionierung des Patienten zur Lymphozytendepletion, können die Zellen reinfundiert werden und im Körper über Monate bis Jahre bestehen. Die Zellen sind dabei weiterhin teilungsfähig. Die genmodifizierten T-Lymphozyten erkennen nun, unabhängig von den HLA-Merkmalen des Patienten, über den chimären Antigenrezeptor das CD19-Antigen auf den B-Zellen und leiten die Zerstörung dieser ein. Dabei sind Tumorzellen in Blut, Knochenmark und Lymphknoten gut erreichbar, während bei manifesten Tumoren bisher wenige Erfolge verzeichnet werden konnten.
Unterscheidung der CAR-T-Zellen
Man unterscheidet derzeit vier Generationen von CAR-T-Zellen, die verschiedene Signaldomänen aufweisen. Während die erste Generation die sogenannte CD3-zeta-Signaldomäne enthält, die zur Aktivierung und Einleitung der zytotoxischen Wirkung führt, enthält die zweite Generation eine zusätzliche kostimulatorische Signaldomäne (4-1BB), die die Vermehrung, Ausbreitung und Persistenz der CAR-T-Zellen verstärkt. Die dritte Generation ist mit multiplen Signaldomänen ausgestattet, die die Effektorfunktion steigern.
Als TRUCKS oder armored CARs wird die vierte Generation bezeichnet, die eine Kombination der zweiten Generation mit zusätzlichen Faktoren wie Zytokinen, kostimulatorischen Liganden oder extrazelluläre Matrix abbauenden Enzymen darstellt.
Weiterhin wurden sogenannte Smart T cells konstruiert, die ein Suizid-Gen oder andere Kontrollmechanismen für eine erhöhte Sicherheit der Therapie enthalten. Auch wurden bereits Studien mit bispezifischen CAR-T-Zellen durchgeführt. Diese enthalten neben dem CD19-Antigen auch eines gegen CD20, um Rezidiven entgegenzuwirken.
Nebenwirkungen
Die Therapie mit CAR-T-Zellen ist mit zahlreichen Nebenwirkungen verbunden. Zu den häufigsten zählen:
Febrile Neutropenie sowie länger anhaltende Zytopenien (Neutropenie, Thrombozytopenie, Anämie)
Neurotoxizität in Form von Enzephalopathie, Delirium, Tremor und Aphasie
Hypogammaglobulinämie
Wechselwirkungen
Zu den pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Wechselwirkungen von CAR-T-Zellen wurden bisher keine Studien durchgeführt. Es ist daher nicht bekannt, welchen Einfluss Arzneimittel, die die Funktion von T-Zellen hemmen oder stimulieren bei gleichzeitiger Gabe auf die Therapie haben.
Da ebenfalls keine Untersuchungen zur Sicherheit mit Lebendimpfstoffen während oder nach der Behandlung mit CAR-T-Zellen durchgeführt wurden, wird eine Impfung mindestens sechs Wochen vor der Chemotherapie und nach der Behandlung nicht empfohlen.
Kontraindikationen
Die folgenden Kontraindikationen sollten bei der Therapie mit CAR-T-Zellen beachtet werden:
Überempfindlichkeiten gegen den Wirkstoff
In Bezug auf die Konditionierung entsprechende Gegenanzeigen der Chemotherapie zur Lymphozytendepletion
Die Therapie mit CAR-T-Zellen sollte zudem unter den folgenden Umständen verschoben werden:
Bestehende schwerwiegende Nebenwirkungen (insbesondere Reaktionen bezüglich der Lunge, des Herzens oder bei Hypotonie), einschließlich jener durch vorangegangene Chemotherapien
Im Anschluss an diese Therapien sollte nach Möglichkeit eine Stammzelltransplantation erfolgen. Bei Spätrezidiven steht als Therapieoption weiterhin die Wiederholung der Induktionstherapie u.a. mit Vincristin und Dexamethason in Kombination mit einem Anthracyclin zur Verfügung.
Rezidiviertes oder refraktäres diffus großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL) und primär mediastinales großzelliges B-Zell-Lymphom (PMBCL)
Für junge Patienten unter 60 Jahren kann alternativ zur CAR-T-Zell-Therapie eine allogene Transplantation durchgeführt werden. Bei älteren Patienten kann das Anthracendion-Derivat Pixantron angewendet werden
Shah et al. (2020) Bispecific anti-CD20, anti-CD19 CAR T cells for relapsed B cell malignancies: a phase 1 dose escalation and expansion trial. Nature Medicine, DOI: 10.1038/s41591-020-1081-3