
Hintergrund
Bis heute ist der Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und dem Ergebnis eines Koronararterienbypass (coronary artery bypass grafting , kurz CABG) umstritten. Die Krankheitscharakteristika nach einem CABG unterscheiden sich zwischen Männern und Frauen, wobei Frauen ein schlechteres Risikoprofil aufweisen.
Bisherige Ergebnisse zum CABG, insbesondere bei. Einsatz von mehreren arteriellen Graft-Gefäßen, aus klinischen Studien basieren dabei hauptsächlich auf Daten von Männern, da Frauen zumeist eine Minderheit in der Patientenpopulation darstellen. Insgesamt führt die Verwendung von multiplen arteriellen Graft-Gefäßen (MAG) in der Allgemeinbevölkerung zu besseren klinischen Ergebnissen und verbessert die Durchgängigkeit der Graft-Bypässe. Wenige Studien untersuchten MAG bei Frauen und die Ergebnisse waren widersprüchlich. Eine bisher nicht nachgewiesen Erklärung wäre, dass Frauen kleinere Gefäße besitzen, die die Verwendung von MAGs erschweren.
Zielsetzung
Die Studie evaluiert den Zusammenhang des Geschlechts auf dem Auftreten von Ereignissen nach einem CABG. Dabei wird zwischen dem Einsatz von MAGs im Vergleich zum einzelnen arteriellen Graft-Gefäß (SAG) bei Frauen und Männern unterschieden.
Methodik
In die Kohortenstudie eingeschlossen wurden Patienten, die zwischen Januar 2005 und Dezember 2014 einen CABG erhalten hatten und in der Datenbank des New York’s Cardiac Surgery Reporting System (CSRS) hinterlegt waren. Diese Datenbank enthält neben demographischen Patientencharakteristika, Informationen zum Krankhaus und zum behandelten Arzt sowie präoperative Risikofaktoren und Outcome der Patienten.
Die zu untersuchende Hypothese lautete, dass der Behandlungseffekt zwischen den Geschlechtern verschieden ist. Hierzu wurde die Inzidenzrate der folgenden Ereignisse geschlechtergetrennt zwischen MAG und SAG nach einem und nach sieben Jahre nach dem CABG verglichen: Mortalität, akuter Myokardinfarkt, Schlaganfall, wiederholte Revaskularisierung, schwere kardiale und zerebrovaskuläre Komplikationen (MACCE, major adverse cardiac and cerebrovascular events) und schwere kardiale Komplikationen (MACE, major adverse cardiac event). Außerdem erfolgte ein Prospensity-Match der Patienten.
Ergebnisse
Insgesamt konnten 63.402 Patienten, darunter 48.155 Männer (76%) und 15.247 Frauen (24%) in die Kohortenstudie eingeschlossen werden.
Patientencharakteristika
Das mittlere Alter der Patienten lag bei 69,9 ± 10,5 Jahre. Frauen hatten zu Studienbeginn bei den berücksichtigten Variablen schlechtere Ausgangscharakteristika. So zeigten diese insgesamt einen erhöhten mittleren Risiko-Score von 7,4±2,8 im Vergleich zu Männern mit 6,3±3,0 sowie einem mittleren Risiko-Score für SAG (7,6±2,8 vs. 6,7±2,9) und MAG (6,2±2,9 vs. 4,9±2,6).
Bei 37.627Männern (78,1%) erfolgte der CABG mit einem SAG und bei 10.528 (21,9%) mit einem MAG, bei dem im Mittel drei Graft-Gefäßen verwendet wurden. Bei den Frauen erhielten 13.146 Patientinnen (86,2%) ein SAG und 2.101 (13,8%) ein MAG, mit im Mittel ebenfalls drei eingesetzten Graft-Gefäßen.
Prospensity-Matching
Es fanden sich insgesamt 9.512 männliche Paare und 1.860 weibliche Paare, die für die Analyse verwendet wurden. Die gematchten Paare beider Geschlechter waren in Bezug auf die Prävalenz von Risikofaktoren vergleichbar. Die Patientencharakteristika unterschieden sich nicht um mehr als zehn Prozent. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern in der Mortalität bei Einsatz eines SAG bzw. MAG.
Klinische Ergebnisse
Männer, die sich einer CABG mit MAG unterzogen, zeigten nach einer Nachbeobachtungszeit von sieben Jahren eine verringerte Sterblichkeit (Hazard Ratio (HR): 0,80; 95%-Konfidenzintervall (KI): 0,73-0,87). Bei Frauen war dies jedoch nicht der Fall (HR: 0,99; 95%-KI: 0,84-1,15).
Betrachtet man die weiteren Ereignisraten zwischen MAG und SAG bei Männern waren diese für AMI (geschätzte Kaplan-Meier: 430 von 9.512 (5,3%) vs. 498 von 9.512 (6,3%); HR: 0,84; 95%-KI: 0,74-0,96),
wiederholter Revaskularisation (geschätzte Kaplan-Meier: 890 von 9.512 (11,3%) vs. 1.111 von 9.512 (14,2%); HR: 0,80; 95%-KI: 0,73-0,87),
MACCE (geschätzte Kaplan-Meier: 1.565 von 9.512 (19,1%) vs. 1.804 von 9.512 (21,9%); HR: 0,85; 95%-KI: 0,80-0,91), und
MACE (geschätzte Kaplan-Meier: 1.930 von 9.512 (23,4%) vs. 2.336 von 9.512 (28,2%); HR: 0,81; 95%-KI: 0,76-0,86),
bei Einsatz von MAG geringer, aber nicht für aufgetretene Schlaganfälle. Bei den Frauen war die Inzidenz für die folgenden Ereignisse zwischen MAG und SAG hingegen vergleichbar:
Schlaganfall (geschätzte Kaplan-Meier: 126 von 1.860 (8,2%) vs. 106 von 1.860 (6,9%); HR: 1,19; 95%-KI: 0,92-1,54),
wiederholter Revaskularisation (geschätzte Kaplan-Meier: 222 von 1.860 (14,8%) vs. 250 von 1.860 (16,6%); HR: 0,90; 95%-KI: 0,75-1,08),
MACCE (geschätzte Kaplan-Meier: 478 von 1.860 (29,0%) vs. 486 von 1.860 (29,9%); HR: 0,97; 95%-KI: 0,86-1,10) und
MACE (geschätzte Kaplan-Meier: 560 von 1.860 (33,9%) vs. 585 von 1.860 (35,8%); HR: 0,94; 95%-KI: 0,84-1,06).
Lediglich die Inzidenz von Myokardinfarkten war nach sieben Jahren signifikant bei MAG vermindert (geschätzte Kaplan-Meier: 120 von 1.860 (8,0%) vs. 154 von 1.860 (10,2%); HR: 0,77; 95%-KI: 0,60-0,97).
Ergebnisse nach geschätztem Sterberisiko
Stratifizierte man die Patenten nach dem geschätzten Sterberisiko führte der Einsatz von MAGs zu einem besseren Überleben und war mit einer geringeren Rate an MACE bei Patienten mit niedrigem Risiko assoziiert sowohl für Männer (geschätzte Kaplan-Meier: 681 von 9.467 (8,6%) vs. 882 von 9.467 (11,1%); HR: 0,80; 95%-KI: 0,73-0,89), als auch für Frauen (geschätzte Kaplan-Meier: 183 von 1.669 (13,0%) vs. 233 von 1.669 (16,3%); HR: 0,80; 95%-KI: 0,65-0,97). Bei Patienten mit einem hohen Sterberisiko zeigte sich diese Assoziation nicht.
Fazit
Die Studie zeigt, dass die Verwendung von MAG bei einer CABG mit einer längeren Überlebenszeit und einer geringeren Inzidenz von MACE bei Männern und Frauen mit einem niedrigen Risikoprofil assoziiert ist, aber nicht bei einem hohem Risikoprofil. Der Schwellenwert, bei dem die MAG zu einem verbesserten Ergebnis führt, ist zwischen den Geschlechtern verschieden. Dies deutet darauf hin, dass es wichtige Unterschiede in der Assoziation von MAG zwischen den Geschlechtern gibt und somit die Ergebnisse von klinischen Studien, die überwiegend aus einer männlichen Population bestehen, nicht auf Frauen übertragbar sind. Daher sind neue randomisierte klinische Studien für Frauen notwendig, die den Einsatz von MAG vs. SAG bei einem CABG und deren Outcome untersuchen.