
Hintergrund
Dass eine hohe Kochsalzaufnahme mit einem erhöhten Blutdruck und einem größeren Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle einhergeht, gehört mittlerweile zum Allgemeinwissen. Wenn es um die Gesundheit von Herz und Kreislauf geht, steht bisher die Beschränkung der Natriumaufnahme im Vordergrund. Eine retrospektive Analyse von 24.963 Datensätzen (11.267 Männer / 13.696 Frauen) der EPIC-Norfolk-Studie untersuchte nun unter der Federführung von Prof. Dr. Liffert Vogt von den Medizinischen Zentren der Universität Amsterdam (Niederlande) die Rolle der Kaliumaufnahme bei der Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse und ob diese geschlechtsspezifisch unterschiedlich ist [1,2].
EPIC-Norfolk-Studie
Die EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition)-Studie ist ein europäisches Verbundprojekt von prospektiven Kohortenstudien in zehn europäischen Ländern mit insgesamt rund 521.000 Studienteilnehmenden. In England rekrutierte die EPIC-Norfolk-Studie zwischen 1993-1997 40-79 jährige Patienten von Hausarztpraxen aus Norfolk. Das Durchschnittsalter der Männer lag bei 59 Jahren und das der Frauen bei 58. Die Teilnehmer füllten einen Fragebogen zu ihren Lebensgewohnheiten aus. Der Blutdruck wurde gemessen und Harnproben entnommen. Die tägliche Aufnahme von Natrium und Kalium wurde mithilfe der Kawasaki-Formel anhand der Natrium- und die Kaliumwerte im Urin geschätzt. Die Teilnehmer wurden je nach Kalium und Natriumaufnahme in die Tertile niedrig, mittel und hoch eingeteilt.
Zusammenhang zwischen Blutdruck und Kalium
Nach der Adjustierung nach Alter, Geschlecht und Natriumaufnahme analysierten die Forscher den Zusammenhang zwischen Kaliumaufnahme und Blutdruck. Bei Frauen bestand ein Zusammenhang zwischen Kaliumkonsum (g/Tag) und Blutdruck. Je höher die Kaliumaufnahme war, desto niedriger war der Blutdruck der Frauen. Bei der Analyse eines möglichen Zusammenhangs zwischen der Höhe der Natriumaufnahme (niedrig, mittel, hoch) wurde die Beziehung zwischen der Kaliumaufnahme und der Höhe des Blutdrucks nur bei gleichzeitig hoher Kochsalzaufnahme beobachtet: Bei Frauen, die viel Natrium zu sich nahmen, war jedes Gramm Kalium mehr am Tag mit einem um 2,4 mmHg niedrigerem Blutdruck verbunden (p<0,001). Bei Männern wurde kein Zusammenhang zwischen Kaliumaufnahme und dem Blutdruck beobachtet.
Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse
Die mediane Nachbeobachtungsperiode betrug 19,5 Jahre. Währenddessen wurden 13596 (55 %) der Teilnehmer aufgrund einer kardiovaskulären Erkrankung hospitalisiert oder starben. Die Forscher analysierten den Zusammenhang zwischen Kaliumaufnahme und kardiovaskulären Ereignissen. Die Ergebnisse wurden um die Faktoren Alter, Geschlecht, Body Mass Index, Natriumaufnahme, die Einnahme Lipidsenkender Medikamente, Rauchen, Alkoholkonsum, Diabetes und vorausgegangenen Herzinfarkten oder Schlaganfällen adjustiert. In der Gesamtkohorte hatten die Personen im Tertil mit der höchsten Kaliumaufnahme im Vergleich zum Tertil mit der niedrigsten Kaliumaufnahme ein um 13 % niedrigeres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse.
Geschlechtsspezifische Ergebnisse
Bei der separaten Analyse der Geschlechter betrug die Risikoreduktion bei den Männern 7 % (Hazard Ratio [HR] 0,93; 95% Konfidenzintervall (CI) 0,87-1,00 und bei den Frauen 11 % (HR 0,89; 95% CI 0,83-0;95, p=0,033). Die Höhe des Kochsalzgehalts in der Ernährung beeinflusste die Beziehung zwischen Kaliumaufnahmen und kardiovaskulären Ereignissen bei Männern und Frauen nicht.
Fazit
Die Ergebnisse der Analyse legen nahe, dass Kalium zur Erhaltung der Herzgesundheit beiträgt und auch, dass dieser präventive Effekt bei Frauen ausgeprägter ist als bei Männern. Vogt wies in einer Pressemitteilung der European Society of Cardioloy (ESC) hin, dass „der Zusammenhang zwischen Kalium und kardiovaskulären Ereignissen unabhängig von der Kochsalzaufnahme bestand. Das weist daraufhin, dass Kalium zusätzlich zur Steigerung der Natrium Ausscheidung das Herz auch auf andere Weisen schützt.“ Für die kardiovaskuläre Prävention im Alltag empfahl Vogt: „Unsere Befunde zeigen auf, dass eine herzgesunde Ernährung über die Beschränkung von Kochsalz hinaus hin zur Steigerung des Kaliumgehalts geht. Wir alle sollten frische, unverarbeitete Nahrungsmittel bevorzugen, da diese beides sind: reich an Kalium und salzarm.“ Gleichzeitig appellierte er an die Lebensmittelindustrie: „Hersteller von Lebensmittel könnten hierzu beitragen, indem sie Kochsalz durch Kaliumsalze bei der Lebensmittelverarbeitung ersetzen.“