
Gemäß einer Pressemitteilung hat das Biotech-Unternehmen Verve Therapeutics in Neuseeland mit einer offenen globalen klinischen Studie der Phase Ib begonnen [1]. Im Rahmen der Heart-1-Studie hat der erste Patient mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie (HeFH) ein neuartiges, von Verve entwickeltes Gen-Editing-Medikament (VERVE-101) erhalten. VERVE-101 soll das Gen für die Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9) in der Leber dauerhaft ausschalten, um das krankheitsfördernde Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C) zu senken. Das Genkorrekturverfahren nutzt einen Ansatz der CIRISPR-Technologie.
Zielsetzung
Mit dem Gentherapeutikum verfolgt Verve Therapeutics einen neuen Ansatz zur Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen. VERVE-101 ist als Einmaltherapie konzipiert und wird als Injektion verabreicht. In der Phase-Ib-Studie sollen 40 Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie (HeFH) aufgenommen werden. Sie erhalten das Medikament in einer einzigen, aufsteigenden Dosis. So will das Biotech-Unternehmen die Sicherheit von VERVE-101 bei Patienten mit HeFH, atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen (ASCVD) und unkontrollierter Hypercholesterolämie evaluieren.
Präklinische Daten deuten darauf hin, dass VERVE-101 die derzeit übliche Langzeitbehandlung in eine einmalige, lebenslange Therapiestrategie umwandeln könne. Dies würde die Art und Weise der Behandlung von kardiovaskulären Krankheiten grundlegend verändern, erläutert Andrew Bellinger, Chief Scientific and Medical Officer von Verve [1].
Wie wirkt VERVE-101
VERVE-101 basiert auf einen abgewandelten Ansatz der CRISP/Cas9-Technologie. Bei dem vom Unternehmen als Base-Editing bezeichneten Verfahren schleust eine Leit-RNA ein CRISPR-Protein an eine bestimmte Stelle in einem Genom. Die CRISPR-Proteinstruktur erzeugt keinen Doppelstrangbruch. Vielmehr wird ein einzelnes Nukleotid in der DNA mittels Basen-Editierung in ein anderes transformiert. Genauer tauscht VERVE-101 ein Nukleotid im PCSK9-Gen aus und unterbindet so die hepatogene PCSK9-Expression dauerhaft. In der Folge sinken die LDL-Cholesterol-Konzentration und somit auch das kardiovaskuläre Erkrankungsrisiko [1].
Parallelen zu COVID-19-Impfstoffen
Die Base-Editing-Technik von Verve ähnelt der Technologie der mRNA-Vakzine für COVID-19. Genau wie bei den Impfstoffen werden in Nanopartikel verpackte RNA-Moleküle in Zellen eingeschleust. Während der Corona-Impfstoff den Zellen diktiert, einen Bestandteil des SARS-CoV-2-Virus herzustellen, weisen die Partikel der Verve-Behandlung die Zellen an, ein Basen-veränderndes Protein zu synthetisieren, sodass anschließend kein PCSK9-Protein mehr gebildet wird. In Versuchen an Affen reduzierte die Behandlung die LDL-Konzentration um 60%. Die Wirkung hielt mehr als ein Jahr lang an und könnte sich sogar als dauerhaft erweisen, führt Dr. Sekar Kathiresan, Mitbegründer und CEO von Verve Therapeutics gegenüber dem Nachrichtenportal „MIT Technology Review“ aus [2].
Heilung von Herzinfarkt?
VERVE-101 ist das erste Gen-Editing-Medikament seiner Klasse, das eine einzige Korrektur in der Leber-DNA erzeugt, um ein krankheitsverursachendes Gen dauerhaft zu inaktivieren, erklärt Kathiresan, der selbst ein Statin einnimmt, um seinen LDL-Cholesterinspiegel niedrig zu halten. Ein solches Medikament sei ein bedeutender Erfolg für das gesamte Team und für den Bereich der Genkorrektur. Wenn dieser Ansatz funktioniert und sicher ist, sei das die Antwort auf den Herzinfarkt – damit hätten wir ein Heilmittel, resümiert der CEO [2].