
Hintergrund
Eine mangelhafte Mundhygiene wird schon seit langem als Risikofaktor für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems und Nierenerkrankungen betrachtet. Die schlechte Zahnpflege begünstigt die Entstehung einer Parodontitis. Die strukturellen Veränderungen durch die Parodontitis führen zur allmählichen Zerstörung des Zahnhalteapparats und zum Zahnverlust. Gleichzeitig bilden sich permanente Entzündungs- und Erregerherde im Mundraum, die Entzündungsmediatoren und Bakterien hämatogen anhaltend oder intermittierend in den Organismus streuen und systemische Entzündungen verursachen.
Systemische Entzündung als Risikofaktor
Systemische Entzündungen sind als Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen, insbesondere Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz bekannt. Bislang fehlten großangelegte Bevölkerungsstudien, die den Zusammenhang zwischen einer mangelhaften Mundhygiene und einer erhöhten Inzidenz von Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz belegten. Eine Studie aus Südkorea lieferte diese Belege nun mit einer Analyse von mehr als 160.000 Patientenakten der koreanischen Krankenversicherung (National Health Insurance Systems [NIHS]), in der 97% der Bevölkerung krankenversichert sind.
Zielsetzung
In der Studie wurde untersucht, welchen Einfluss die Mundhygiene auf die Inzidenz von Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz in einem Beobachtungszeitraum über zehn Jahre bei zuvor herzgesunden Personen hatte.
Methoden
Für die retrospektive Studie analysierten die Forscher die Patientenakten der koreanischen Krankenversicherung NIHS. Die NIHS empfiehlt ihren Versicherten sich alle zwei Jahre einer standardisierten medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Rahmen der Untersuchung zu Studienbeginn wurden auch Daten zu Risikofaktoren wie Körpergewicht, BMI, Tabak- und Alkoholkonsum, Lebensstil, Mundgesundheit und Mundhygieneverhalten und zu Vorerkrankungen erhoben.
Teilnehmer und erhobene Daten
In die Studie eingeschlossen wurden Patienten, die in den Jahren 2003 bis 2004 an einer NIHS-Untersuchung teilgenommen hatten und als herzgesund eingestuft worden waren. Darüber hinaus mussten alle relevanten allgemeinen demographischen und gesundheitlichen Daten für die Teilnehmer vorliegen. Endpunkte waren die Inzidenz von Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz im Beobachtungszeitraum.
Mundhygiene im Focus
Der besondere Focus der Forscher lag auf Daten zur Mund- und Zahngesundheit:
- Vorhandensein einer Parodontitis
- das Zahnpflegeverhalten (Häufigkeit des Zähneputzens)
- Zahnarztbesuche und deren Gründe
- professionelle Zahnreinigungen
- Anzahl fehlender Zähne
Die Auswertung wurde um folgende Risikofaktoren bereinigt:
- Alter
- Geschlecht
- sozioökonomischer Status
- Bewegungsverhalten
- Alkoholkonsum
- Body-Mass-Index
- Tabakkonsum
- Komorbiditäten
Ergebnisse
In die Studie flossen die Daten von 161.286 Patienten ein. Im Beobachtungszeitraum (Median 10,5 Jahre) trat bei 3% der Patienten (4.911) Vorhofflimmern und bei 4,9% der Patienten (7.971) eine Herzinsuffizienz auf. Häufiges Zähneputzen (≥ 3xtgl.) war signifikant seltener mit dem Auftreten von Vorhofflimmern (Hazard Ratio [HR] 0,90; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,83–0,98) und einer Herzinsuffizienz (HR 0,88; CI 0,82–0,94) verbunden. Die Inanspruchnahme professioneller Zahnreinigung war mit einer geringeren Inzidenz von Herzinsuffizienz assoziiert (HR 0,93; CI 0,88–0,99).
Wohingegen der Verlust von ≥ 22 Zähnen das Risiko der Herzinsuffizienz um rund 30% erhöhte (HR 1,32; CI 1,11–1,56).
Fazit
Die Autoren fanden einen signifikanten Zusammenhang zwischen guter Mundhygiene (häufiges Zähneputzen und die Inanspruchnahme professioneller Zahnreinigung) und einem geringeren Risiko von Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz. Die Kausalität der Ergebnisse ist dadurch jedoch noch nicht bewiesen, wie die Autoren erklärten. Sie wiesen in diesem Zusammenhang auf die Limitierungen ihrer Studie wie das retrospektive Design und den subjektiven Charakter eines Großteils der Daten (Selbstauskunft der Patienten) hin.