Nutzen von Ketonen bei kardiovaskulärer Erkrankung

Bei Herzerkrankungen können Ketone als effiziente Energiequellen für das Myokard dienen. Wie verschiedenen Studie zeigen, entfalten sie auch kardioprotektive Wirkungen. Möglicherweise könnten Ketone therapeutisch oder präventiv in der Kardiologie eingesetzt werden.

Herz

Verschiedene kardiovaskuläre Erkrankungen sind mit metabolischen Störungen verbunden. Einige werden durch die Erkrankung verursacht, andere liegen ihr zugrunde. Häufig ist beides der Fall. Dennoch gibt es in der Kardiologie nur wenige präventive oder therapeutische Ansätze, bei denen diese Stoffwechselstörungen gezielt adressiert werden. Ein solcher Ansatzpunkt könnten Ketonkörper sein, die bei Herzerkrankungen als Energielieferanten dienen und darüber hinaus kardioprotektive Effekte zu haben scheinen. Wissenschaftler um Dr. Salva Yurista vom Universitätsklinikum Groningen haben hierzu aktuelle Studien zur Rolle von Ketonkörpern bei kardiovaskulären Erkrankungen ausgewertet und ihre Ergebnisse im „Journal of the American College of Cardiology“ veröffentlicht.

Ketonkörper im Energiestoffwechsel

Die Ketone Acetoacetat, Beta-Hydroxybutyrat (β-OHB) und Aceton werden in der Leber aus Acetyl-Coenzym A (Acetyl-CoA) gebildet. Bei Gesunden im Normalstoffwechsel misst man in der Regel 0,1-0,25 mmol/l zirkulierende Ketonkörper im Blut. Ketone tragen in Hungerzeiten zur Energiegewinnung bei: Langandauernde körperliche Anstrengung oder über 24 Stunden langes Fasten können den Ketonkörperspiegel auf 1 mmol/l erhöhen. Auch bei Erkrankungen wie Diabetes mellitus steigt der Ketonkörperspiegel bekanntlich an. Ketone können in fast allen Zellen als Energielieferanten genutzt werden. Für einen hohen Umsatz an Ketonkörper zur Energiegewinnung müssen die Zellen ihren Metabolismus jedoch zuerst umstellen.

Kardialer Energiestoffwechsel

Das gesunde Herz nutzt relativ wenig Glucose als Energiequelle. Gesunde Myokardzellen bevorzugen die Fettsäurenoxidation und Acyl-CoA als Substrat zur Bildung von ATP. Darüber hinaus metabolisieren sie Laktat, Ketonkörper und Aminosäuren. Bei Herzerkrankungen nimmt die metabolische Flexibilität des Myokards ab. Bereits in frühen Stadien schaltet der kardiale Metabolismus von Fettsäuren auf Glucose zur Energiegewinnung um. Es gibt eine zunehmende Evidenz, dass dieser Stoffwechselweg zum Hungern des Myokards führen und letztlich in einer Herzinsuffizienz münden kann. In dieser Lage scheint das Herz seinen Energiestoffwechsel erneut umzustellen und vermehrt Ketonkörper als effiziente Energieträger zu nutzen.

Kardioprotektive Effekte von Ketonen

Über ihre Funktion als Energielieferanten hinaus, scheinen Ketonkörper bei Patienten mit kardiovaskulärer Erkrankung zahlreiche kardioprotektive Effekte zu entfalten. Es gibt Hinweise für folgende Effekte.

  • Verbesserung der der Endothelialfunktion
  • Verringerung des oxidativen Stresses
  • Förderung der Mitochondrienfunktion
  • Entfaltung antiinflammatorischer Effekte
  • Verringerung des kardialen Remodelings
  • Verringerung des Körpergewichts
  • Senkung des Blutdrucks
  • Senkung des Blutzuckerspiegels
  • Änderung des Lipidprofils

Wege zur Erhöhung der Ketonkörper

Die Autoren beschrieben auch verschiedene Möglichkeiten Ketonkörper bei kardiovaskulären Erkrankungen gezielt zu erhöhen. Hierzu zählen:

  • Ketogene Diät: Extrem kohlenhydratarme und sehr fettreiche Diät, die den Blutspiegel von β-OHB auf 2-4 mmol/l erhöhen kann. Die Langzeitadhärenz ist aufgrund gastrointestinaler Beschwerden jedoch gering.
  • 1,3-Butanediol ist ein gut verfügbarer Alkohol und eine Vorstufe von β-OHB. Es erhöht β-OHB im Blut um 0,3-0,8 mmol/l bei gesunden Personen. Nachteilig sind sein bitterer Geschmack, gastrointestinale Beschwerden und leichte alkoholische Nebenwirkungen.
  • Mittelkettige Fettsäuren (medium-chain-tryglycerides [MCT]) sind Vorstufen der Ketone und können den Blutketonspiegel um 0,3-1,0 mmol/l anheben. Sie können milde gastrointestinale Nebenwirkungen verursachen.
  • Keton-Salze erhöhen den Blutspiegel von β-OHB um 1-3 mmol/l. Nachteilig bei kardiovaskulären Erkrankungen ist der gleichzeitige Kationenanstieg (inklusive Natrium). Darüber hinaus verursachen die Keton-Salze gastrointestinale Beschwerden.
  • Keton-Ester führen zu einem starken Anstiegvon β-OHB um 2-6 mmol/l. Sie schmecken bitter und verursachen gastrointestinale Nebenwirkungen.

Fazit

Daten aus experimentellen und klinischen Studien weisen darauf hin, dass Ketonkörper protektive Effekte bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen entfalten können. Nach Ansicht der Autoren steckt in Ketonkörpern daher ein Potenzial für klinische Anwendungen, das weiter erforscht werden muss. Dabei sollten auch die Effizienz und die Verträglichkeit der unterschiedlichen Wege der Ketonzufuhr kritisch geprüft und bewertet werden. Zukünftige Studien sollten auch evaluieren, ob eine steigende Ketonnutzung möglicherweise eine präventive Wirkung haben könnte. In diese Studien sollten Menschen mit und ohne kardiovaskuläres Risiko eingeschlossen werden.

Autor:
Stand:
17.03.2021
Quelle:
  1. Yurista, Chong, Badimon et al. (2021): Therapeutic Potential of Ketone Bodies for Patients With Cardiovascular Disease: JACC Focus Seminar. Journal of the American College of Cardiology 2021. DOI: 10.1016/j.jacc.2020.12.065
  2. Schmidt (2021): Neuer Therapieansatz für Herzerkrankungen: Was nützen Ketone? Kardiologie.org News.
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