Hintergrund
Der bisherige Goldstandard zur Revaskularisierung einer linken Hauptstammstenose (left main coronary artery disease [LMCAD]) ist die Koronararterien-Bypass-Chirurgie (coronary artery bypass graft surgery [CABG]). In letzter Zeit wird jedoch vermehrt die perkutane Koronarintervention (percutaneous coronary intervention [PCI]) mit Implantation von medikamentenfreisetzenden Stents (drug eluting stents [DES]) angewendet. Nach Durchführung mehrerer randomisierter Studien sagen auch die aktuellen Leitlinien, dass die PCI eine geeignete Alternative zur CABG darstellt. Die zugrunde liegenden Studien untersuchten jedoch meist kombinierte Endpunkte und waren für wichtige Endpunkte mit geringem Aufkommen, wie z.B. Tod, Schlaganfall und Myokardinfarkte nicht gepowert. Zusätzlich stehen erst seit kurzer Zeit Auswertungen zur Langzeitbeobachtung zur Verfügung. Die optimale Methode der Revaskularisierung bei einer linken Hauptstammstenose ist daher zwischen Herzchirurgen und Kardiologen umstritten.
Zielsetzung
Die hier durchgeführte Meta-Analyse vergleicht die beiden möglichen Revaskularisierungs-Verfahren der Bypass-OP mit der perkutanen Koronarintervention bei Patienten mit linker Hauptstammstenose. Berücksichtigt werden dabei insbesondere die Langzeitergebnisse randomisierter Studien und es wird ein Fokus auf individuelle Endpunkte gesetzt.
Methodik
In die Meta-Analyse eingeschlossen werden alle publizierten randomisierten Klinischen Studien, die als Studienziel den Vergleich der beiden Revaskularisierungsmethoden CABG bzw. PCI mit DES-Implantation bei linker Hauptstammstenose haben. Beobachtungsstudien wurden ausgeschlossen.
Als primärer Wirksamkeitsendpunkt wurde die Gesamtmortalität definiert. Als sekundäre Endpunkte wurde das Auftreten von kardialem (kardiovaskulärem) Tod, Myokardinfarkt (MI), Schlaganfall und weiteren ungeplanten Revaskularisierungen festgelegt. Für die Auswertung wurde die Intention-to-Treat Population verwendet.
Ergebnisse
Insgesamt konnten fünf randomisierte Klinische Studien mit insgesamt 4612 Patienten in die Meta-Analyse eingeschlossen werden. Hiervon waren 2303 Patienten randomisiert für die Methode PCI mit DES und 2309 Patienten für die CABG-Methode. Die Nachbeobachtungszeit lag bei einer Studie bei einem Jahr, bei 3 Studien bei fünf Jahren und eine Studie hatte eine Nachbeobachtungszeit von 10 Jahren. Die mittlere Nachbeobachtungszeit lag somit bei 67,1 Monaten.
primärer Endpunkt Mortalität:
- Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede bzgl. der Gesamtmortalität zwischen PCI mit DES und CABG (relatives Risiko (RR): 1,03, 95%-Konfidenzintervall (KI): 0,82-1,30; p = 0,779) bei moderater Heterogenität (I2 = 42,9%).
- Auch die kardiovaskuläre Mortalität war zwischen den beiden Gruppen vergleichbar (RR 1,03, 95%-KI: 0,79-1,34; p = 0,817). Eine Heterogenität war nicht feststellbar (I2 = 0,0%).
- Weiterhin konnte keine Unterschiede in der Gesamtmortalität bzw. kardiovaskulären Mortalität nach 30 Tagen und 12 Monaten festgestellt werden, soweit diese Daten in den Studien verfügbar waren
sekundärer Endpunkt Schlaganfall:
- Das Auftreten eines Schlaganfalls war in beiden Gruppen über den gesamten Nachbeobachtungszeitraum nicht signifikant verschieden (RR: 0,74, 95%-KI: 0,36-1,50; p = 0,400). Jedoch konnte eine erhebliche Heterogenität festgestellt werden (I2 = 59,9%).
- Zwei der fünf Studien untersuchten das Auftreten eines Schlaganfalls nach 30 Tagen bzw. 12 Monaten. Hier zeigte sich nach 12 Monaten eine vermindertes Schlaganfallrisiko bei Anwendung der PCI mit DES (RR: 0,38, 95%-KI: 0,19-0,77; p = 0,008).
sekundärer Endpunkt Myokardinfarkt:
- Das Risiko für das Auftreten eines Myokardinfarktes im Gesamtnachbeobachtungszeitraum war zwischen den Methoden PCI und CABG nicht signifikant unterschiedlich (RR: 1,22, 95%-KI: 0,96-1,56; p = 0,110) und zeigte keine Heterogenität (I2 = 0,0%).
- Auch die MI-Rate nach 12 Monaten war zwischen PCI und CABG vergleichbar.
- Eine Unterscheidung von prozeduralen und nicht-prozeduralen MIs fand bei drei bzw. 2 Studien statt. Prozedurale MIs traten vermehrt nach CABG auf, wobei nicht-prozedurale MIs gehäuft nach PCI auftraten.
Endpunkt ungeplante Revaskularisierung:
- Die Methode PCI mit DES zeigt gegenüber der CABG eine erhöhte Rate an ungeplanten Revaskularisierungen sowohl im gesamten Nachbeobachtungszeitraum (RR: 1,73, 95%-KI:1,49-2,02; p < 0,001; I2 = 0,0%) als auch bereits nach 12 Monaten aber noch nicht nach 30 Tagen.
Fazit
Die Metaanalyse zeigt keine Anhaltspunkte, dass die Durchführung einer PCI mit einem DES bei einer linken Hauptstammstenose zu einer erhöhten Mortalitätsrate gegenüber der CABG-Methode führt. Vielmehr sind die beiden Methoden, bei nun vorliegenden Nachbeobachtungszeiträumen von fünf Jahren und länger, bei der zu erwartenden Gesamtmortalität und der kardiovaskulären Mortalität vergleichbar. Weiterhin zeigten sich keine Unterschiede in Bezug auf das Auftreten von Schlaganfällen und Myokardinfarkten. Ungeplante Revaskularisierungen traten vermehrt bei der CABG auf.Interventionelle Kardiologen haben nun eine gute Argumentationsgrundlage zur Anwendung der PCI mit DES bei einer linken Hauptstammstenose gegenüber den Herzchirurgen, die eine Bypass-Operation bevorzugen.









