
Hintergrund
Jährlich erhalten rund 25.000 Patienten in Deutschland einen implantierbaren Kardioverter-Defibrillator (implantable cardioverter-defibrillator [ICD]). Das Gerät registriert den Herzrhythmus und löst einen Elektroschock aus, wenn es zu lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen kommt. Der kleine „Notarzt“ ist in ständiger Bereitschaft und sollte den Patienten eigentlich ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Das ist bei der Mehrzahl der Patienten auch der Fall. Sie kommen gut mit ihrem ICD zurecht. Einige Patienten entwickeln jedoch Angststörungen und Depressionen nach der Implantation des ICDs. Die Ursachen hierfür sind meist fehlendes Vertrauen in die Zuverlässigkeit des ICDs oder die Angst vor der Schockabgabe [1,2].
Sonderfall: Kinder mit ICD
Die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit ICD in Deutschland ist nicht bekannt. Implantationen von ICDs im Kindes- und Jugendalter stellen jedoch eher Ausnahmen dar, weil man bei den jungen Patienten mehr Sondenprobleme und fälsch abgegebene Schocks als bei Erwachsenen befürchtet. Daher wird ein ICD-Gerät bei den meisten Kindern und Jugendlichen erst sekundär präventiv, also nach einem überlebten Herzkreislaufstillstand, implantiert [3].
Posttraumatische Belastungsstörung
Die Ereignisse, die zur Implantation des ICD führen, der Eingriff und das Tragen eines solchen Geräts an sich sowie die negativen Gefühle von mangelndem Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Geräts und die Angst vor der Schockabgabe können dabei sowohl die Patienten als auch deren Familien traumatisieren und eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) hervorrufen. Bislang gibt es nur kaum Daten zu diesen psychologischen Folgeerkrankungen bei betroffenen Familien. Ein Team von Psychologen um Dr. Lauren M. Schneider von der Stanford University hat nun eine Untersuchung zur geschätzten Prävalenz von PTBS bei pädiatrischen Patienten mit ICD und deren Eltern sowie zu Risikofaktoren, die mit der Inzidenz von PTBS assoziiert sind, veröffentlicht [4,5].
Methoden
Die Studie wurde mit pädiatrischen Patienten mit einem ICD im Alter von 8-21 Jahren und Eltern von betroffenen Kindern im Alter von 0-21 Jahren durchgeführt. Die Untersuchungen umfassten Befragungen der jungen Patienten und der Eltern betroffener Kinder. Hierfür nutzten die Wissenschaftler verschiedene Fragebögen, die unter anderem auch Kriterien für das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung enthielten.
Ergebnisse
Fünfzig junge Patienten (30 % weiblichen Geschlechts) und 43 Eltern (70 % Mütter) füllten die Fragebögen aus. Sechs junge Patienten erfüllten die Kriterien für eine wahrscheinliche PTBS-Diagnose, bei den Eltern erreichten 20 Personen (47 %) die Cut-off-Werte für PTBS in den entsprechenden Skalen. Bei jungen Patienten mit PTBS war die Wahrscheinlichkeit für eine Sekundärprävention höher (83 % vs. 17 %; p=0,021), sie erreichten häufiger die Cut-off-Werte für eine klinische Depression (67 % vs. 16 %; p=0,005) und hatten häufiger Angst vor einer Schockabgabe 31,7 % vs. 17,9 %; p=0,003) als ihre Altersgenossen mit ICD aber ohne PTBS. Bei den Eltern waren weibliches Geschlecht (57 % vs. 23 %) und die Depression des Patienten (31 % vs. 5 %; p=0,42) mit einer PTBS verbunden.
Fazit
In dieser Studie erfüllten die Eltern mit höherer Wahrscheinlichkeit die Kriterien für eine PTBS als ihre Kinder mit ICD. Bei den pädiatrischen Patienten war eine PTBS mit medizinischen und psychosozialen Faktoren assoziiert, während bei den Erwachsenen die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht und einer Depression beim Kind mit PTBS assoziiert war. Klinisch-basierte Screenings und Management-Pläne der emotionalen Funktionen werden gebraucht, um auf den psychologischen Stress von Kindern mit ICD und ihren Eltern einzugehen.