
Hintergrund
Eine häufige Komplikation mit ca. 20%-40% ist das postoperative Vorhofflimmern (pVF) bei der Koronararterien-Bypass-Operation (CABG). pVF tritt meist innerhalb der ersten Woche nach der CABG auf und klingt innerhalb von 24 bis 48 Stunden wieder ab. Die Patienten können meist im stabilen Sinusrhythmus (SR) entlassen werden.
Immer mehr Studien weisen aber darauf hin, dass eine Verbindung zwischen pVF und einer erhöhten Mortalität und Morbidität, einschließlich Schlaganfall, Nieren- und Lungenversagen besteht. Auch wenn bisher kein direkter Zusammenhang nachgewiesen werden konnte, ist pVF ein Surrogatmarker für die erhöhte Sterblichkeit der Patienten nach einer CABG.
Es ist jedoch unklar, ob Patienten mit einer transienten pVF ein erhöhtes Schlaganfallrisiko nach der Entlassung aus dem Krankenhaus haben. Hierzu gibt es kontroverse Studienergebnisse und auch die aktuellen Leitlinien unterstützen keine dauerhafte Antikoagulation in Patienten mit pVF nach einer CABG.
Zielsetzung
Eine Post-hoc-Analyse der Langzeit-Nachbeobachtungsdaten der ART-Studie (Arterial Revascularization Trial) soll klären, ob es eine Verbindung zwischen pFV und dem Schlaganfallrisiko bei CABG-Patienten gibt.
Methodik
Von den 3.102 Patienten, die in die ART-Studie, eingeschlossen wurden mussten 25 Patienten aufgrund fehlender CABG, 45 Patienten mit VF in der Vorgeschichte und 9 Patienten bei denen Informationen zu pVF fehlten, ausgeschlossen werden.
Eine Cox Regressionsanalyse sowie eine Analyse des konkurrierenden Risikos wurden durchgeführt um die Verbindung zwischen pVF und dem Schlaganfallrisiko nach einer CABG zu untersuchen.
Ergebnisse
In die finale Auswertung wurden 3.023 Patienten eingeschlossen.
Patientencharakteristika:
734 Patienten (24,3%) hatten nach einer CABG ein pVF während die restlichen 2.289 Patienten (75,3%) durchgehend einen SR nach einer CABG zeigten. Von den 734 Patienten mit pVF konnten 676 Patienten (92,1%) mit einem stabilem SR entlassen werden. 20 Patienten mit SR entwickelten VF innerhalb von 6 Wochen nach der Entlassung.
Es traten 14 (1,9%) vs. 23 (1,0%) Schlaganfälle während der Index-Hospitalisierung bei Patienten mit pvF bzw. mit SR auf. Die intra-hospitale Mortalität betrug entsprechend 1,8% (13 pVF-Patienten) vs. 0,7% (16 SR-Patienten).
Klinische Ergebnisse
Nach 10 Jahren hatten 46 Patienten (6,3%) mit einem pVF einen Schlaganfall erlitten (23 ischämisch, 4 hämorrhagisch und 19 unbekannter Ursache) und 83 Patienten mit Sinusrhythmus (3,6%) (55 ischämisch, 7 hämorrhagisch und 21 unbekannter Ursache).
Die kumulative Inzidenz eines Schlaganfalls betrug nach 10 Jahren 6,3% (4,6%-8,1%) für Patienten mit pVF und 3,7 % (2,9%-4,5%) bei Patienten mit SR.
pVF ist ein unabhängiger Prädiktor für einen Schlaganfall innerhalb von 10 Jahren nach einer CABG (Hazard Ratio: 1,53; 95%-Konfidenzintervall (KI): 1,06-2,23; p=0,025). Dies bestätigt sich auch wenn Schlaganfälle die bereits beim Index-Krankenhausaufenthalt auftraten ausgeschlossen wurden (HR: 1,47; 95%-KI: 1,02-2,11; p= 0,04) sowie wenn Patienten mit einem pVF innerhalb von 6 Wochen nach der Entlassung ausgeschlossen wurden (HR: 1,49; 95%-KI: 1,04-2,16; p=0,032).
Prognostische Implikationen des CHA2DS2-VASc Score bei Patienten mit pVF
Der mittlere CHA2DS2-VASc Score bei Patienten mit pVF beträgt 3,46±1,31 bzw. 3,17±1,29 bei Patienten mit SR.
Es zeigt sich eine signifikante Wechselwirkung zwischen dem CHA2DS2-VASc Score und pVF für das Schlaganfallrisiko (p=0,01).
Das Schlaganfallrisiko für einen CHA2DS2-VASc Score <4 war vergleichbar zwischen den beiden Gruppen. Es ist jedoch signifikant erhöht bei Patienten mit pVF und einem CHA2DS2-VASc Score ≥4.
Fazit
Das Auftreten von pVF nach einer CABG ist mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko und somit mit einer erhöhten Mortalität innerhalb von 10 Jahren verbunden. Diese Erkenntnis stellt die Auffassung in Frage, dass pVF eine vorübergehende, gutartige Komplikation nach einer CABG ist. Daher sollten Patienten mit pVF nach einer CABG strenger in Bezug auf ihren Herzrhythmus überwacht. Zusätzlich sollten sich Patienten mit einem sehr hohen Schlaganfallrisiko (CHA2DS2-VASc Score ≥4) gegebenenfalls einer Antikoagulationstherapie unterziehen.