AKTIVER gegen das postoperative Delir

Ein am Klinikum Stuttgart entwickeltes Programm zur Delirprävention wurde nun in einer randomisierten Studie untersucht. Die Anwendung des Programmes AKTIVER reduzierte das Delir-Risiko bzw. verkürzte die Dauer eines auftretenden Delirs.

Praevention Schriftzug

Hintergrund

Ein postoperatives Delir ist bei älteren Patienten häufig. Ein Delir ist assoziiert mit einer höheren Mortalität, kognitivem Abbau, einem Verlust der Autonomie sowie höheren Hospitalisierungsraten. Mit zunehmendem Alter nimmt das Delir-Risiko zu. Hierbei korreliert die Dauer des Delirs mit kognitiven Langzeitschäden.

Studien belegen, dass etwa ein Drittel der Delir-Fälle durch multimodale nicht-pharmakologische Maßnahmen vermeidbar sind. Die pharmakologische Therapie steht erst an zweiter Stelle, wie eine Übersichtsarbeit belegt. Denn ist ein Delir eingetreten, kann die Therapie den Verlauf kaum noch beeinflussen. Dies unterstreicht die Bedeutung der Prävention.

Zielsetzung

Mediziner um Dr. Friederike Deeken von der Universität Potsdam untersuchten, ob ein multimodaler nicht-pharmakologischer Ansatz zur Prävention des postoperativen Delirs die Delir-Rate unter den Studienteilnehmern reduziert [1].

Methodik

Die randomisierte Studie untersuchte 1.470 Patienten ab  einem Alter von 70 Jahren, die elektive orthopädische, kardiale oder andere chirurgische Eingriff hatten. Die Teilnehmenden wurden im Zeitraum von November 2017 bis April 2019 in fünf deutschen Zentren rekrutiert.

Zunächst erhielt das verantwortliche Personal der teilnehmenden Zentren eine entsprechende Schulung zu dem Delirpräventionsprogramm mit dem Namen AKTIVER (Alltags- und Kognitions-Training- Interdisziplinarität Verbessert das Ergebnis und mindert das Risiko). Die Verantwortlichen prüften das Delir-Risiko der Teilnehmenden täglich. Die Präventionsmaßnahmen wurden auf jeden Patienten individuell zugeschnitten. Mögliche Bestandteile sind: kognitive, motorische und sensorische Stimulation, Begleitung beim Essen und während diagnostischen Maßnahmen sowie Entspannung und Schlafförderung.

Als Haupt-Outcome wurden die Inzidenz des postoperativen Delirs sowie dessen Dauer definiert.

Ergebnisse

Die 1.470 Teilnehmenden waren im Durchschnitt 77 Jahre alt. Die Anwendung des Delir-Präventionsprogrammes AKTIVER reduzierte die Inzidenz des postoperativen Delirs (Odds Ratio [OR] 0,87; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,77-0,98; p = 0,02). Kam es zum Auftreten eines Delirs, so war dessen Dauer im Vergleich zur Kontrollgruppe verkürzt (5,3% vs. 6,9%; p = 0,03).

Der Effekt war bei Patienten nach Abdominalchirurgie oder orthopädischen Eingriffen vorhanden (OR 0,59; 95% CI 0,35-0,99; p = 0,047), aber nicht bei Patienten mit einem chirurgischen Eingriff am Herzen (OR 1,18; 95% CI 0,70-1,99; p = 0,54).

Fazit

Das Delir-Präventionsprogramm AKTIVER führte in dieser Studie zu einer Reduktion des postoperativen Delirs bzw. zu einer Verkürzung der Delir-Dauer bei älteren Patienten nach verschiedenen chirurgischen Interventionen mit Ausnahme kardialer Eingriffe. Warum Herz-Patienten nicht von dem Programm profitierten, ist bisher unklar.

Die Ergebnisse unterstreichen den Einsatz des Programmes zur Verbesserung der Patientenversorgung sowie zum Outcome nach elektiven Eingriffen. Weitere Informationen zum AKTIVER-Programm sind auf der Webseite des Klinikum Stuttgarts zusammengestellt.

Quelle:

Deeken et al. (2021): Outcomes of a Delirium Prevention Program in Older Persons After Elective Surgery: A Stepped-Wedge Cluster Randomized Clinical Trial. JAMA Surgery, DOI: 10.1001/jamasurg.2021.6370

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