Kein Fitnesstraining kurz nach Schlaganfall?

In einer aktuellen Studie wurde der Nutzen von aerobem Training in der subakuten Phase nach einem Schlaganfall untersucht. Die Ergebnisse sind konträr zu den aktuellen Leitlinienempfehlungen.

Ausdauertraining

Jährlich erleiden 10 Millionen Menschen weltweit einen Schlaganfall. Ein Drittel der Patienten behält funktionelle Einbußen zurück, die zu Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens führen.

Aerobes Training in der subakuten Phase nach einem Schlaganfall soll die Neuroplastizität fördern und positive Effekte auf den funktionellen Outcome haben. Verschiedene Studien zeigen nach Fitnesstraining eine Verbesserung physischer Aktivitäten wie Laufen und Treppensteigen, weshalb auch Empfehlungen verschiedener Fachgesellschaften ein kardiorespiratorisches Training während der Rekonvaleszenz empfehlen. In der Studie „Locomotor Experience Applied Post-Stroke“ (LEAPS) waren die Ergebnisse jedoch nicht so eindeutig und insgesamt gibt es nur wenige große kontrollierte Studien.

Zielsetzung

Forscher um Dr. Alexander Nave vom Zentrum für Schlaganfallforschung der Berliner Charité untersuchten die Sicherheit und Effektivität von aerobem Training auf die Aktivitäten des täglichen Lebens in der subakuten Phase nach einem Schlaganfall [1].

Methodik

Bei der PHYS-STROKE-Studie handelt es sich um eine randomisierte kontrollierte Studie, die an sieben Zentren zur stationären Rehabilitation in Deutschland durchgeführt wurde.

Die 200 Studienteilnehmer in der subakuten Phase (5 bis 45 Tage) nach dem Schlaganfall wiesen im Median einen Wert von 8 im National Institutes of Health Stroke Scale (NIHSS) auf. Der NIHSS wird zur Beurteilung eines akuten Schlaganfalls im Rahmen der neurologischen Befunderhebung angewendet und kann Werte zwischen 0 und 42 annehmen, wobei höhere Werte für einen schwereren Schlaganfall sprechen.

Die Studienteilnehmer wurden 1:1 in zwei Gruppen randomisiert. Eine Gruppe (n = 105) absolvierte ein aerobes Fitnesstraining während die Teilnehmer der Kontrollegruppe (n = 95) an der progressiven Muskelentspannung nach Jacobson teilnahmen. Das Fitnesstraining bestand aus 20 Einheiten auf dem Laufband über je 50 Minuten über 4 Wochen. Pro Trainingseinheit wurden 25 Minuten im Zielbereich der Herzfrequenz (180 minus Alter) absolviert. Die Dauer der progressiven Muskelentspannung lag bei 25 Minuten.

Der primäre Outcome waren Veränderungen in der maximalen Gehgeschwindigkeit und Änderungen im Barthel-Index drei Monate nach einem Schlaganfall. Der Barthel-Index bewertet die alltäglichen Fähigkeiten eines Patienten und kann Werte zwischen 0 und 100 annehmen. Je höher der Score, desto weniger eingeschränkt sind die Patienten.

Ergebnisse

In der Fitnessgruppe traten keine signifikanten Änderungen in der maximalen Gehgeschwindigkeit oder im Barthel-Index drei Monate nach einem Schlaganfall auf. In der Fitnessgruppe war eine höhere Rate schwerwiegender Ereignisse im Vergleich zur Entspannungsgruppe zu verzeichnen (Inzidenzratenverhältnis 1,81; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,97 – 3,36). Beispielsweise kam es bei Patienten aus der Fitnessgruppe häufiger zu Stürzen (36 vs. 14; Inzidenzratenverhältnis 2,3).

Fazit

Bei Patienten, die eine mäßige bis schwere Einschränkung durch einen Schlaganfall erlitten hatten, zeigten sich in der subakuten Phase keine Vorteile eines Fitnesstrainings im Vergleich zu einem Entspannungstraining. Die Gehgeschwindigkeit und der Barthel-Index verbesserten sich nicht und es  kam zu unerwünschten Komplikationen, etwa einem vermehrten Auftreten von Stürzen.

Die Autoren der Studie empfehlen diese Ergebnisse in Hinblick auf die Empfehlungen in Leitlinien zu berücksichtigen.

Limitationen der Studie

Die Ergebnisse gelten nur für Patienten mit mäßigen bis moderaten Einschränkungen nach einem Schlaganfall. Der Beobachtungszeitrum betrug lediglich einen Monat.

Quelle:
  1. Nave et al. (2019):   Physical Fitness Training in Patients with Subacute Stroke (PHYS-STROKE): multicentre, randomised controlled, endpoint blinded trial. British Medical Journal, DOI: https://doi.org/10.1136/bmj.l5101
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