
Hintergrund
Migränespezifische Medikamente wie Triptane und Ergotamine sowie nichtsteroidale Antirheumatika werden in der Akutphase eingenommen, um den Migräneanfall abzubrechen. Bei Patienten mit häufigen Migräneattacken, bei denen die Akutbehandlung nicht ausreichend wirksam ist, werden vorbeugende Therapien empfohlen. Die verfügbaren Medikationen wurden meist nicht speziell für die Anwendung bei Migräne entwickelt und sind oft nicht gut verträglich.
Bei Migräneanfällen sind die Serumkonzentrationen des Calcitonin-Gene-Related-Peptids (CGRP) in der Vena jugularis externa signifikant erhöht, was auf eine Rolle von CGRP bei der Pathophysiologie von Migräne hindeutet. Galcanezumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der selektiv an das CGRP bindet und damit dessen vasodilatatorische Funktion, die bei der Entstehung von Migräne eine Rolle spielen soll, blockiert. Der Wirkstoff konnte in früheren klinischen Studien der Phasen 2 und 3 mit einer Behandlungsdauer von maximal sechs Monaten die Anzahl der Tage mit Migräne verringern und die Leistungsfähigkeit der Patienten verbessern.
Zielsetzung
Die Wissenschaftler um Angelo Camoreale von Eli Lilly Italia in Sesto Fiorentino untersuchten im Rahmen einer randomisierten, offenen Langzeit-Phase 3-Studie an 28 klinischen Zentren in fünf Ländern (USA, Kanada, Ungarn, Belgien und Frankreich) bei Patienten mit Migräne die Sicherheit und Verträglichkeit sowie die Wirksamkeit von Galcanezumab bei einer Behandlungsdauer von bis zu zwölf Monaten [1].
Methodik
Patienten im Alter von 18 bis 65 Jahren, bei denen eine episodische oder chronische Migräne diagnostiziert worden war und die zuvor kein Galcanezumab erhalten hatten, wurden randomisiert einer Behandlung mit 120 mg oder 240 mg Galcanezumab pro Monat zugeordnet. Das Präparat wurde über den Zeitraum eines Jahres einmal im Monat subkutan verabreicht.
Sicherheit und Verträglichkeit wurden anhand der Häufigkeit behandlungsbedingter unerwünschter Ereignisse (treatment-emergent adverse events [TEAE]), schwerwiegender unerwünschter Ereignisse (serious adverse events [SAE]) und unerwünschter Ereignisse (adverse events [AE]), die zum Abbruch der Studie führten, bewertet. Außerdem wurden Laborwerte, Vitalfunktionen, Elektrokardiogramme und Suizidalität ausgewertet.
Zusätzlich wurden Veränderungen in der Anzahl der monatlichen Migränekopfschmerztage gegenüber dem Ausgangswert, die Leistungsfähigkeit und die Einschränkung der Patienten bewertet.
Ergebnisse
Jeder Dosisgruppe wurden 150 Patienten nach dem Zufallsprinzip zugeordnet. Die Mehrheit der Patienten waren Frauen (> 80%) und im Durchschnitt 42 Jahre alt. Sie berichteten zu Studienbeginn über 10,6 Tage mit Migränekopfschmerz im Monat.
77,8% der Patienten beendeten die offene Behandlungsphase. 3,7% der Patienten erlitten ein SAE und 4,8% brachen aufgrund von AE die Studie ab. TEAE, die mit einer Häufigkeit von ≥ 10% aller Patienten in jeder Dosisgruppe auftraten, umfassten Schmerzen an der Injektionsstelle, Nasopharyngitis, Infektionen der oberen Atemwege, Reaktionen an der Injektionsstelle, Rückenschmerzen und Sinusitis.
Laborwerte, Vitalfunktionen oder Elektrokardiogramme zeigten keine klinisch bedeutsamen Unterschiede zwischen den zwei Dosierungen von Galcanezumab. Die Gabe von 120 mg Galcanezumab reduzierte die Anzahl der monatlichen Migränekopfschmerztage über 12 Monate um durchschnittlich 5,6 Tage, die Gabe von 240 mg Galcanezumab um durchschnittlich 6,5 Tage. Das Leistungsniveau wurde verbessert, und die kopfschmerzbedingten Einschränkungen waren in beiden Dosisgruppen reduziert.
Fazit
Während der 12-monatigen Behandlung mit Galcanezumab ergaben sich keine neuen Sicherheitsbedenken. Die gute Verträglichkeit wurde durch niedrige Abbruchraten belegt. TEAE waren vorübergehend und wurden überwiegend als mild oder mittelschwer eingestuft. Darüber hinaus gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den zwei Dosierungen hinsichtlich Sicherheits- und Verträglichkeitsparametern.
Obwohl das Studiendesign unkontrolliert und offen war, sehen die Studienautoren die Verringerung des Migränekopfschmerzes insgesamt und in Verbindung mit Verbesserungen bei der Leistungsfähigkeit und den Einschränkungen als klinisch relevant an. Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen die langfristige Wirksamkeit von Galcanezumab bei Patienten mit Migräne.
Limitationen der Studie
Die Aussagekraft der Untersuchung ist durch die kleine Stichprobengröße, den Ausschluss von Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schwangeren, das offene Design mit fehlendem Kontrollarm und Verzerrungen durch die Nutzung papierbasierter Tagebücher zur Aufzeichnung von AE eingeschränkt.
Eli Lilly and Company finanzierte die Studie. Mitarbeiter von Eli Lilly and Company planten und führten die Studie durch und erstellten das Manuskript für die Publikation. Die Studie ist bei ClinicalTrials.gov unter der Nummer NCT02614287 registriert.