Genetische Ursachen von Parkinson aufklären

Strukturvarianten im Erbgut können das Risiko für bestimmte Erkrankungen erhöhen. Forscher identifizierten solche Strukturvarianten bei Parkinsonpatienten und verglichen diese mit gesunden Kontrollen, um genetische Risikofaktoren zu ermitteln.

Demografische Gruppe

Hintergrund

Parkinson ist nach Demenz die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Bei einem Großteil der Parkinson-Patienten ist die Krankheitsursache unklar. Bei etwa 5% der Menschen mit Parkinson kann eine Erblichkeit festgestellt werden. Bei diesen monogenen Formen der Erkrankung wurden Veränderungen größerer DNA-Segmente – sogenannte Strukturvarianten (SVs) – festgestellt. SVs im Gen PARK2 treten bei autosomal-rezessiven Formen von Parkinson auf und SVs im Gen SNCA resultieren in einer autosomal-dominanten Form von Morbus Parkinson.

Größere Untersuchungen zur Erblichkeit von Parkinson ausstehend

Das Wissen über die genetischen Hintergründe von Parkinson ist bislang jedoch limitiert. Die meisten genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) haben bisher vor allem nach chromosomalen Veränderungen und einzelnen Nukleotidvarianten gesucht, nicht aber nach SVs. Die Veränderungen auf chromosomaler Ebene erklären circa 16-30% der erblichen Komponente bei Parkinson. Daher besteht weiterhin Forschungsbedarf, denn Veränderungen einzelner Nukleotide stellen nur einen kleinen Teil der genetischen Variationen des menschlichen Genoms dar. Dank verbesserter Sequenzierungstechnologien und Software zur Auswertung der großen Datenmengen, rücken SVs zunehmend in den Fokus der Forschung. Das Einfügen, Löschen und Verschieben größerer DNA-Abschnitte, welche den SVs zugrunde liegen, führt zu größeren Unterschieden im Genom.

Erste genomweite Analyse von SVs bei Parkinson

In 7.772 Proben traten insgesamt 227.357 SVs auf – so das Ergebnis der ersten genomweiten Charakterisierung von SVs bei der sporadischen Form von Parkinson. Die Studie unter Erstautorin Dr. Kimberley Billingsley vom National Institute on Aging, Bethesda, USA, wurde nun im Fachjournal „Annals of Neurology“ publiziert.

Drei Varianten mit erhöhtem Parkinsonrisiko assoziiert

Nachdem die SVs identifiziert waren, führte das Team um Billingsley GWAS bei 2.585 Patienten mit Parkinson und 2.779 Kontrollen durch. Denn nur aus der vergleichenden Untersuchung von SVs bei gesunden und erkrankten Personen lässt sich die Bedeutung der einzelnen Varianten für das Erkrankungsrisiko ermitteln. Das Team beschränkte sich auf die 3.154 häufigsten SVs. Dabei zeigten sich gerade SVs in Form von Deletionen – Löschen von DNA-Abschnitten – als bedeutsam. Drei auf Deletion basierende SVs wurden erstmals identifiziert und scheinen mit einem erhöhten Parkinson-Risiko assoziiert.

Strukturvarianten bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen berücksichtigen

Die Forscher um Billingsley sehen in den Studienergebnissen die Bedeutung von SVs für das Erkrankungsrisiko bei Parkinson bestätigt und raten, dies auch bei künftigen Untersuchungen zur Genetik bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen zu berücksichtigen. Bezüglich der drei identifizierten SVs seien Follow-up-Studien nötig, um weitere Details zu klären. Denn nur wenn diese Mechanismen auf genetischer Ebene umfassend verstanden werden, können daraus therapeutische Strategien abgeleitet werden.

Die Studie wurde finanziell unterstützt durch die Intramural Research Programs of the National Institute on Aging (NIA) und das National Institute of Neurological Disorders and Stroke (NINDS).

Quelle:

Billingsley et al. (2023): Genome-Wide Analysis of Structural Variants in Parkinson Disease. Annals of Neurology, DOI: https://doi.org/10.1002/ana.26608

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