Gestörter Schlaf bei Kindern als Zeichen für Depressionen

Schlafqualität und Depressionen beeinflussen sich wechselseitig – bei Erwachsenen. Neue Daten einer kanadischen Studie belegen dies auch für Kinder und Jugendliche. Ein detaillierteres Verständnis der Zusammenhänge ist zur Entwicklung von Präventionsstrategien notwendig.

Schlaflosigkeit Kind

Hintergrund

Depressionen können in nahezu allen Altersklassen auftreten. Erstmals kann es in der Kindheit dazu kommen, wobei die kumulative Prävalenz mit 2%-4% in dieser Altersgruppe niedrig ist. Im Laufe der Jugendzeit nimmt die Häufigkeit zu. Longitudinale epidemiologische Studien zeigen, dass Depressionen häufiger einen chronischen und rezidivierenden Verlauf nehmen, wenn sie bereits in der Kindheit und Jugend auftreten. Auch der funktionelle Outcome sowie das Therapieansprechen ist schlechter im Vergleich zum ersten Auftreten im Erwachsenenalter. Deshalb ist eine frühzeitige Prävention von Bedeutung.

Menschen mit Depressionen haben häufig Schlafstörungen. Umgekehrt erhöhen Schlafstörungen das Risiko für Depressionen, es besteht demnach ein bidirektionaler Zusammenhang. Dies ist bei Erwachsenen gut belegt und auch bei Kindern und Jugendlichen mehren sich die Hinweise. Gleichzeitig können Schlafstörungen gezielt angegangen werden, stellen also einen modifizierbaren Risikofaktor dar. Um hier gerade bei Kindern und Jugendlichen frühzeitig zu intervenieren, ist ein genaues Verständnis des Einflusses von Schlafstörungen auf Depressionen und umgekehrt von Bedeutung.

Zielsetzung

Ein Team um Dr. Cecilia Marino von der University of Toronto, Kanada, untersuchte die longitudinale bidirektionale Assoziation zwischen Schlafstörungen und Depressionen bei Kindern und Jugendlichen [1].

Methodik

Die prospektive Kohortenstudie nutzte Daten der Québec Longitudinal Study of Child Development (QLSCD). Diese im Jahr 1997 gestartete und weithin laufende Studie untersucht den Einfluss verschiedener Faktoren in der frühen Kindheit auf die psychische Gesundheit und den Bildungsgrad der Teilnehmer im Erwachsenenalter. Dabei werden die Teilnehmer achtmal während der Kindheit (mit 5, 7 und 8 Jahren) sowie in der Jugend (mit 10, 12, 13, 15 und 17 Jahren) untersucht.

Als primäre Outcomes wurden Schlafstörungen und depressive Symptome definiert. Dabei wurden Schlafstörungen über die Befragung der Eltern eruiert. Es wurden unter anderem die Parameter Schlafdauer, Zeit ohne Schlaf, Tagesmüdigkeit, Sprechen im Schlaf und Albträume erhoben. Depressive Symptome wurden in der Kindheit von den Eltern mittels der Child Behavior Checklist and Revised Ontario Child Health Study Scales bewertet und in der Jugend von den Teilnehmern selbst. Hier wurde das Mental Health and Social Inadaptation Assessment for Adolescents genutzt.

Ergebnisse

Insgesamt gingen die Daten von 1.689 Kindern (852 [50,4%] weiblich) und von 1.113 Jugendlichen (595 [53,3%] weiblich) in die Analysen der Forscher ein. Während der Kindheit zeigte sich eine signifikante bidirektionale Assoziation zwischen depressiven Symptomen und einem gestörten Schlaf in allen drei Phasen der Datenerhebung. Bei Jugendlichen zeigte sich ein signifikanter bidirektionaler Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Symptomen einer Depression im Alter von 10 und 12 Jahren. Im Alter zwischen 12 und 13 Jahren bestand nur ein mäßiger Zusammenhang zwischen depressiven Symptomen und Schlafstörungen, umgekehrt zeigte sich keine Assoziation. Im Alter von über 13 Jahren zeigten sich keine signifikanten Änderungen mehr im Cross-Lagged-Panel-Model, welches zur Messung herangezogen wurde.

Fazit

Die Studienergebnisse zeigen eine bidirektionale Assoziation zwischen Schlafstörungen und depressiven Symptomen in der Kindheit. Das Zeitfenster zwischen dem 5. und 12. Lebensjahr scheint dabei besonders geeignet, um die Schlafqualität der Kinder zu verbessern und damit depressiven Symptomen vorzubeugen bzw. diese in ihrer Intensität zu mildern.

Es gilt zu berücksichtigen, dass die Studiendaten anhand der Selbstauskunft der Teilnehmer bzw. deren Eltern erhoben wurden. Die Assoziation gilt es also in randomisierten klinischen Studien weiter zu prüfen.

Quelle:

Marino et al. (2022): Testing Bidirectional, Longitudinal Associations Between Disturbed Sleep and Depressive Symptoms in Children and Adolescents Using Cross-Lagged Models. JAMA Network Open, DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.27119

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