Karpaltunnelsyndrom durch übermäßige Smartphone-Nutzung?

Experten weisen darauf hin, dass eine übermäßige Nutzung von Smartphones zum Karpaltunnelsyndrom führen kann. Gerade drehende Bewegungen im Handgelenk können die Erkrankung begünstigen.

Smartphone-Nutzer

Die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) informiert in einer Pressemeldung über einen möglichen Zusammenhang zwischen der intensiven Nutzung von Smartphones und dem Auftreten des Karpaltunnelsyndroms [1].

Karpaltunnelsyndrom

Beim Karpaltunnelsyndrom (KTS) kommt es zu einer chronischen Kompression des N. medianus unter dem Retinaculum flexorum, welches das Dach des Karpaltunnels bildet. Frühe Anzeichen der Erkrankung sind nächtliche Schmerzen im Zeige- und Mittelfinger sowie Daumen, dem Innervationsgebiet des N. medianus. Im weiteren Verlauf kommt es zur Atrophie des Daumenballens.

Die Ergebnisse verschiedener klinischer Tests können hinweisend auf ein KTS sein. Die abschließende Diagnose kann allerdings nur mithilfe der Elektroradiographie gestellt werden. Benötigt der N. medianus länger als 4,2 bis 4,5 Millisekunden um einen Reiz weiterzuleiten, hat der Nerv eine Funktionsstörung erlitten.

Begünstigt Smartphone-Nutzung KTS?

Eine intensive Nutzung von Smartphones fördert möglicherweise die Entstehung eines KTS. Dies zeigen zwei Studien aus Asien [2, 3]. „Drehende Bewegungen im Handgelenk verstärken das KTS, das ist bekannt“, bestätigt Professor Dr. med. Helmut Buchner, Klinik für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen und Vorsitzender der Fortbildungsakademie der DGKN. Drehende Bewegungen im Handgelenk entstehen beispielsweise beim Wischen auf dem Display.

Medizinern ist schon lange bekannt, dass Karpaltunnel-Beschwerden durch intensive Handarbeit entstehen können. „Bei Fleischern etwa gilt das KTS als Berufskrankheit“, berichtet Buchner. „Die drehenden Bewegungen im Handgelenk mit dem Messer fördern den Nerven-Engpass“, so der Experte weiter. Auch intensives Stricken kann beispielsweise ein KTS fördern. Neben diesen klassischen Tätigkeiten kommen nun durch die zunehmende Digitalisierung scheinbar weitere Trigger wie die Smartphone-Nutzung oder auch das Tippen auf Computertastaturen dazu.

Therapie des KTS

Konservative Therapie

Anfänglich kann bei geringer Beschwerdesymptomatik eine konservative Therapie angewendet werden. Es wird Schonung und eine Ruhigstellung durch eine Handschiene verordnet. Auch eine kurze analgetische Therapie mit nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) ist möglich.

Buchner berichtet, dass häufig eine einmalige Injektion von entzündungshemmendem Kortison in die Engstelle gut anschlägt. Dieses Verfahren werde in Deutschland eher selten angewendet. „Diese Behandlung ist besonders für Schwangere geeignet, deren Hormonhaushalt sich nach der Geburt wieder umstellt“, meint Buchner. Sorgen um das ungeborene Kind sind laut Buchner unbegründet: „Die Kortison-Dosis ist minimal und nur örtlich wirksam.“

Operative Therapie

Häufig kommen Patienten um eine Operation aber nicht herum, gerade wenn die Beschwerden anhalten. Unter örtlicher Betäubung wird das Retinaculum flexorum gespalten, die Methode wird auch als offene Karpaldachspaltung bezeichnet. Der eingeklemmte Mediannerv bekommt so wieder mehr Platz und erfährt eine Druckentlastung. In Deutschland wird dieser Eingriff jährlich etwa 300.000 Mal durchgeführt.   

Reduzierte Smartphone-Nutzung

Eine Verringerung der Smartphone-Nutzung, wie sie der Experte beim KTS rät, dürfte vielen Patienten schwer fallen. Laut Medienberichten nutzen mittlerweile acht von zehn Menschen in Deutschland ein Smartphone. Neben dem KTS können beispielsweise auch Beschwerden im Nacken oder Schlafstörungen durch die übermäßige Nutzung von Smartphones auftreten [4].

Autor:
Stand:
15.08.2019
Quelle:
  1. Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN), Pressemeldung, 13.08.2019
     
  2. Woo et al. (2017): Effects of electronic device overuse by university students in relation to clinical status and anatomical variations of the median nerve and transverse carpal ligament. Muscle & Nerve, DOI: https://doi.org/10.1002/mus.25697
     
  3. Inal et al. (2015): Effects of smartphone overuse on hand function, pinch strength, and the median nerve. Muscle & Nerve, DOI: https://doi.org/10.1002/mus.24695
     
  4. Zeit Online: Macht uns das Smartphone krank?, 08.01.2019 (abgerufen am 15.08.2019)
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