
Hintergrund
Die motorischen Symptome der Parkinson-Erkrankung können durch Sport verbessert werden. Dies konnte beispielsweise in der Park-in-Shape-Studie gezeigt werden [1]. Hier verzögerte sich die Verschlechterung der motorischen Defizite bei Patienten, die zu Hause regelmäßig ein Ergometer nutzten im Vergleich zur Kontrollgruppe, die regelmäßig Stretching-Übungen durchführte. Diese und andere Studien zeigen eine klare Evidenz für die positiven Effekte von Ausdauersport bei Parkinson.
Bislang ist unklar, welche Mechanismen auf zerebraler Ebene für den positiven Effekt verantwortlich sind. Daten aus Tiermodellen zeigen, dass Ausdauersport die adaptive Neuroplastizität erhält bzw. verbessert.
Bei Parkinson kommt es zu einem progressiven Verlust dopaminerger Neurone in der Substantia nigra (verantwortlich für Planung und Ausführung von Bewegung) und zum Dopamin-Mangel im Striatum, woraus eine gestörte Funktion der kortiko-striatalen sensomotorischen Netzwerke resultiert. Diese sind essentiell zur Kontrolle von Bewegungen und auch für kognitive Prozesse. Im Frühstadium der Erkrankung ist vor allem das posteriore Putamen von dem Dopamin-Mangel betroffen, während das anteriore Putamen verschont bleibt. Hier konnten Forscher kürzlich zeigen, dass es zu einer Änderung der kortiko-striatalen Verbindungen kommt: Kortikale sensomotorische Areale, die normalerweise mit dem posterioren Putamen kommunizieren, zeigen bei Parkinson-Patienten eine Kommunikation mit dem zunächst noch nicht betroffenen anterioren Putamen. Das Putamen ist Teil der grauen Substanz und zuständig für die Kontrolle von Bewegungsabläufen. Möglicherweise unterstützt Ausdauertraining die Änderung in diesem sensomotorischen Netzwerk. Weiterhin wird vermutet, dass der Ausdauersport die kognitive Kontrolle von Bewegungen verbessert.
Zielsetzung
Forscher um Martin Johansson von der Radboud University in Nijmegen, Niederlande, untersuchten wie Ausdauersport die durch Parkinson bedingten funktionellen und strukturellen Änderungen im kortiko-striatalen sensomotorischen Netzwerk beeinflusst. Zusätzlich untersuchte das Team den Effekt von Ausdauersport auf die Substantia nigra sowie auf die Kognition der Teilnehmenden [2].
Methodik
Die Forsche nutzten Daten aus der Park-in-Shape-Studie, einer doppel-blinden randomisierten Studie bei 130 Parkinson-Patienten, die entweder Ausdauersport auf dem Ergometer oder Stretching-Übungen über einen Zeitraum von 6 Monaten ausführten. Bei einer zufällig gewählten Untergruppe dieser Studie (25 Teilnehmende aus der Ausdauersport-Gruppe und 31 Teilnehmende aus der Stretching-Gruppe) wurde eine funktionelle Magnetresonanztomographie durchgeführt, deren Befunde mittels Voxel-basierter Morphometrie (VBM) ausgewertet wurden. Weiterhin wurde der Grad der Hirnatrophie bestimmt, sowie freies Wasser im hinteren Teil der der Substantia Nigra.
Daneben erfolgte eine funktionelle Beurteilung durch eine validierte Aufgabe zur Prüfung des okulomotorischen und kognitiven Zusammenspiels. Dabei mussten die Teilnehmenden einen farbigen Punkt fixieren und abhängig von dessen Farbe eine Sakkade zu oder weg von einem Zeichen im Hintergrund durchführen. Daneben wurden klinische Tests zur Bewertung des kognitiven Status (MOCA-Test), der motorischen Symptome und der Aufmerksamkeitsleistung mit den Probanden durchgeführt. Die Untersuchungen erfolgten zu Studienbeginn und nach 6 Monaten.
Ergebnisse
Ausdauersport führte zu einer erhöhten funktionellen Konnektivität des anterioren Putamens mit dem sensomotorischen Kortex im Verhältnis zur Verbindung mit dem posterioren Putamen. Auf funktioneller Ebene resultierte das Ausdauertraining in einer besseren kognitiven Kontrolle. Daneben führte Ausdauersport zu einer erhöhten funktionellen Konnektivität im rechten frontoparietalen Netzwerk, proportional zur Steigerung der Fitness, und zu einem geringeren Grad der Atrophie des Gehirns.
Fazit
Im Ergebnis deuten die Daten aus dem MRT sowie die klinischen Resultate auf eine positive Wirkung des Ausdauertrainings bei Parkinson-Patienten hin. Das Ausdauertraining verzögert die Krankheitsprogression in den kortiko-striatalen sensomotorischen Netzwerken und verbessert die kognitive Leistung.
„Ausdauersport hat also eine messbare Wirkung auf das Gehirn. Indem er die funktionelle und strukturelle Plastizität der für die Planung, Ausführung und Kontrolle von Bewegungen zuständigen Hirnregionen verbessert, kann er dem Abbau motorischer und kognitiver Funktionen bei Morbus Parkinson entgegenwirken“, erklärt Professor Lars Timmermann, Marburg, stellvertretender Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und Direktor der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Marburg (UKGM), an dem er auch das Parkinson-Zentrum leitet [3].