
Hintergrund
Migräne ist charakterisiert durch wiederkehrende Attacken von schweren meist einseitigen pulsierenden Kopfschmerzen, welche von Übelkeit, Erbrechen und/oder Photophobie und Phonophobie begleitet sind und bis zu 3 Tage anhalten können. Immerhin 15 % der Bevölkerung sind von dieser Erkrankung betroffen.
Alkoholische Getränke stehen seit langem im Verdacht Migräne Attacken auszulösen und befinden sich unter den Top 10 Trigger Faktoren. Nichts desto trotz existieren nur kleine retrospektive Studien die den Einfluß von Alkohol als Triggerfaktor für Migräneattacken untersucht haben.
Zielsetzung
Die vorliegende Querschnittsstudie setzte sich daher zum Ziel, zum einen den Effekt von selbst-berichtetem Alkohol Konsum als Migräne Attacken Trigger und welche alkoholischen Getränke vor allem als Trigger wirken und zum anderen das Alkohol Konsum Verhalten in einer großen Migräne Patienten Kohorte zu untersuchen.
Methodik
In die vorliegende Web-basierte Fragebogenstudie wurden 2197 Migräne Patienten zwischen 18 und 80 Jahren aus dem Leiden University Migraine Neuro-Analysis (LUMINA) Projekt eingeschlossen. Die Patienten erfüllten alle die Migräne Kriterien der International Classification of Headache Disorders (ICHD-3). Die Teilnehmer der vorliegenden Studie wurden in die LUMINA zwischen Februar 2008 und Januar 2013 eingeschlossen.
Es wurden der mittlere Alkohol Konsum sowie das selbstberichtete Trigger Potential von diversen alkoholischen Getränken und welche alkoholischen Getränken Attacken triggerten, Gründe für Alkoholabstinenz und die Zeit zwischen dem Alkoholkonsum und dem Einsetzen von Migräne Attacken mittels eines elektronischen Fragebogens erfaßt.
Ergebnisse
Insgesamt konsumierten 1547 der 2197 Befragten Alkohol. Alkoholische Getränke wurden von insgesamt 35,6% (783) der Patienten als Trigger für Migräne Attacken beschrieben. In der Gruppe der Alkoholkonsumierenden war dieser Anteil mit 42,5% noch etwas höher. Die Patienten, die Alkohol als Trigger berichteten, litten unter anderem an mehr Migräneattacken pro Jahr, hatten mehr Migränetage, hatten einen geringeren Body-Mass-Index (BMI), litten häufiger an Migräne ohne Aura-Symptome und tranken mehr Wodka und weniger Rotwein als die anderen Patienten. Auf die Frage welche alkoholischen Getränke vor allem als Trigger wirkten, berichteten die Alkohol-konsumierenden Patienten am häufigsten „Rotwein“ (77,8%; 512/658) und am wenigsten häufig „Wodka“ (8,5%; 56/658). Allerdings berichteten nur 8,8% der Teilnehmer, dass Rotwein bei jedem Verzehr eine Migräne Attacke triggerte. Im Vergleich hierzu waren es 10,7% der Patienten nach Wodkakonsum. 46,5% bzw. 53,6% der Patienten berichteten, dass eine Attacke bei >50% der Gelegenheiten provoziert wurde, bei denen Rotwein bzw. Wodka getrunken wurde.
262 (11,9%) der Patienten beendeten ihren Alkoholkonsum und 388 (17,7%) tranken nie Alkohol. 25% der Patienten, die ihren Alkoholkonsum beendeten oder niemals alkoholische Getränke zu sich nahmen, berichteten als Auslöser für diesen Umstand, dass sie Alkohol als Migräne Attacken Trigger vermuteten. 16% (105/650) der Patienten, die ihren Alkoholkonsum beendeten, taten dies, da alkoholische Getränke bei ihnen Migräneattacken triggerten.
Das Einsetzen einer Migräneattacke erfolgte bei 1/3 der Patienten innerhalb von 3 Stunden und fast 90% der Patienten zeigte ein Einsetzen einer Attacke innerhalb von 10h unabhängig vom Getränketyp.
Fazit
Die Autoren der Studie schlussfolgern, dass alkoholische Getränke, allen voran Rotwein, als Migräne Attacken Trigger von Migränepatienten wahrgenommen werden und damit einen deutlichen Effekt auf das Alkohol Konsumverhalten der Betroffenen haben.
Die Autoren der Studie zweifeln an, dass alkoholische Getränke als eigenständige Trigger agieren, und geben als Ursache die geringe Provokationskonsistenz an. Ferner vermuten sie, dass der Effekt alkoholischer Getränke abhängig von einer fluktuierenden Trigger Schwelle zu sein scheint.
In einer Pressemitteilung der deutschen Gesellschaft für Neurologie ordnet Professor Dr. Hans-Christoph Diener, Essen, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) die Ergebnisse der niederländischen Studie wie folgt ein: „Selten ist nur ein einziger Trigger für den Ausbruch eines Migräneanfalls verantwortlich, meist kommen mehrere Auslöser zusammen. Rotwein kann man leicht umgehen, andere Migräneauslöser, wie z.B. Hormonschwankungen oder Wetterumschwünge, aber nicht. Deswegen ist es klug, auf vermeidbare Auslöser zu verzichten, um das Risiko für das Auftreten von Migräneattacken geringer zu halten. Die Studie sollte keinesfalls so interpretiert werden, dass Migränepatienten ruhig Rotwein trinken sollten – Alkohol, insbesondere Rotwein, bleibt ein Migräne-Trigger, nicht geklärt ist nur, wie groß sein Einfluss tatsächlich ist. Migränepatienten sind immer gut beraten, jeden vermeidbaren Auslöser einer Migräneattacke zu umgehen.“