Hintergrund
Die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) stimuliert kortikale Neurone durch elektromagnetische Induktion. Sie ist eine nicht-invasive Technologie, die zur Therapie schwerer Depressionen eingesetzt wird. Verschiedene Untersuchungen, darunter zwei große, multizentrische, placebokontrollierte Studien sowie mehrere Metaanalysen, belegen, dass die rTMS eine antidepressive Wirkung entfaltet. Die S3 Nationale Versorgungs-Leitlinie Unipolare Depression von 2015 gibt eine „Kann-Empfehlung“ zum Einsatz einer hochfrequenten rTMS des linken dorsolateralen präfrontalen Cortex (DLPFC) bei Patienten, die nicht auf eine antidepressive Pharmakotherapie angesprochen haben [1].
Prinzip Versuch und Irrtum
In vorangegangenen Studien wurde klar, dass sich der Therapieerfolg bei verschiedenen Patienten erheblich unterscheiden kann. Trotz zahlreicher Bemühungen konnten noch keine zuverlässigen Prädiktoren für den Therapieerfolg der rTMS festgestellt werden, so dass die Patienten bislang nach dem Prinzip Versuch und Irrtum mit der rTMS behandelt wurden. Wissenschaftler des Centre for Addiction and Mental Health und der Universität Toronto konnten nun nach der Analyse von Daten aus der bereits abgeschlossenen THREE-D mögliche Prädiktoren für die Remission depressiver Störungen nach einer rTMS identifizieren [2].
Zielsetzung
Die explorative Analyse hatte zum Ziel, Prädiktoren zu finden, die die Remission schwerer depressiver Störungen nach einer rTMS-Therapie vorhersagen könnten. Die Prädiktoren sollten dabei auf klinischen und demographischen Parametern beruhen, die dem behandelnden Arzt im Vorfeld der Behandlung leicht zugänglich sind.
Methoden
Für die Analyse wurden die Daten der Three-D Studie genutzt. Die Three-D war eine randomisierte Studie, die eine intermittierende Theta-Burst-Stimulation (iTBS) mit der konventionellen 10Hz rTMS des linken DLPFC bei Patienten mit schweren Depressionen verglich. In dieser Studie sprachen 49% der Patienten auf iTBS an, bei 32% kam es zu einer Remission. Auf rTMS sprachen 47% an und bei 27% der Patienten kam es zu einer Remission. Im Rahmen der aktuellen Analyse wurde dann untersucht, ob die Schweregrade der Depression und der Angststörungen, der Beschäftigungsstatus, das Versagen von mehr als zwei Pharmakotherapien und das Alter der Patienten im Zusammenhang mit einer Remission stehen. Ein darauf basierendes Vorhersagemodell wurde mithilfe der zur Verfügung stehenden Daten evaluiert.
Ergebnisse
In die aktuelle Studie wurden die Daten von 388 Teilnehmern der THREE D eingeschlossen. Patienten, die vor der Behandlung unter stärker ausgeprägten depressiven Symptomen und Angststörungen als andere Teilnehmer litten, hatten schlechtere Chancen auf eine Remission (Odds Ratio [OR] 0,64; 95%-Konfidenzintervall [CI] 0,46-0,88) bzw. OR 0,78 (95%-CI 0,60-0,98). Für Patienten in einem Arbeitsverhältnis standen die Chancen für eine Remission mit einer OR 1,69 (95%-CI 1,06-2,7) vergleichsweise hoch. Die Chancen auf Remission sanken bei mehreren Therapieversagen im aktuellen Krankheitsschub (OR 0,51; 95%-CI 0,27- 0,98.)
Evaluierung des Vorhersagewerts
Alle genannten Variablen flossen in ein statistisches Modell ein, dessen C-Index bei 0,687 lag. Der C-Index korrespondiert mit der Fläche unter der Grenzwertoptimierungskurve (receiver operating characteristic curve [ROC-curve], die auf der Basis der Modellvorhersagen für die Remission und den tatsächlich beobachteten Ergebnissen konstruiert wurde. Der prädiktive Wert des entwickelten Modells wurde als moderat bewertet.
Fazit
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Schwere von Depression und Angststörungen, der Beschäftigungsstatus und die Häufigkeit von Therapieversagen im aktuellen Krankheitsschub als Prädiktoren für den Therapieerfolg bei einer TMS dienen und bei der Auswahl der Patienten für dieses Therapieverfahren helfen können. Die Autoren sehen in ihrer Studie einen wichtigen Schritt hin zu einem effektiveren Einsatz der TMS. Sie empfehlen Sham-kontrollierte Studien zum besseren Verständnis der Zusammenhänge zwischen Prädiktoren und Therapieerfolg der TMS durchzuführen.








