
Hintergrund
Eine Synkope ist ein vorübergehender Bewusstseinsverlust („transient loss of consciousness“ [TLOC]) infolge einer zerebralen Hypoperfusion. Meistens sind die Synkope und ihre Ursachen harmlos. Aber auch schwerwiegende kardiale Erkrankungen oder intrakranielle Prozesse (Blutungen, Tumoren oder ein ischämischer Hirninfarkt) können eine Synkope auslösen. Den aktuellen europäischen Leitlinien entsprechend ist eine Computertomografie des Schädels (Schädel-CT) zur Abklärung der Synkope nur gerechtfertigt, wenn bei dem Patient ein hohes Risiko für einen intrakraniellen Prozess vorliegt [1].
Klug wählen: Choosing Wisely
Auch die Choosing Wisely Kampagne der American Board of Internal Medicine (ABIM) Foundation empfiehlt die Anfertigung eines Schädel-CTs nur bei entsprechenden Risikopatienten bzw. konkreten Anhaltspunkten auf intrakranielle Prozesse. Zu diesen Anhaltspunkten gehören beispielsweise plötzliche Kopfschmerzen, Krämpfe, weitere neurologische Symptome oder Ausfälle. Zu den Zielen der Choosing-Wisely-Kampagne gehört der Abbau unnötiger oder gar schädlicher Diagnostik-und Therapieverfahren.
Aktuelle Metaanalyse bestätigt Empfehlungen
Wie häufig Schädel-CTs zur diagnostischen Abklärung von Synkopen im klinischen Alltag angefertigt werden und in wie vielen Fällen tatsächlich eine intrakranielle Ursache festgestellt wird, hat nun eine Metaanalyse von kanadischen um Dr. J. Alexander Viau vom Hospital Research Institute in Ottawa untersucht. Sie kommen zu dem Schluss, dass immer noch zu viele Patienten der unnötigen und belastenden Untersuchung ausgesetzt werden.
Zielsetzung
Die Meta-Analyse sollte Daten über den Einsatz von Schädel-CTs zur Diagnostik von Synkopen im klinischen Alltag liefern und darüber hinaus überprüfen, in wie vielen Fällen tatsächliche eine intrakranielle Ursache vorliegt.
Methodik
Die Autoren wählten aus den Datenbanken Embase, Medline und Cochrane Studien bis zum Juni 2017 aus, die sich mit der Diagnostik von Synkopen bei Erwachsenen beschäftigten. Ausgeschlossen wurden Fallberichte, Reviews, Mitteilungen und pädiatrische Studien. Zwei unabhängige Gutachter sichteten die Artikel und sammelten die Daten zur Nutzung des Schädel-CTs und zu diagnostizierten intrakraniellen Ursachen.
Ergebnisse
Insgesamt 17 Studien, deren Evidenz als hoch bewertet wurde, mit insgesamt 3361 Synkope-Patienten wurden zur Analyse ausgewählt. Acht Studien fanden in Notaufnahmen statt, sechs nach Hospitalisierung der Patienten. In zwei Studien wurde bei allen Patienten ein Schädel-CT angefertigt und in einer Studie waren alle Teilnehmer ≥ 65 Jahre alt.
CT-Aufnahmen bei der Hälfte der Fälle
In den Notaufnahmen wurde bei 54,4% (95% Konfidenzintervall [CI] = 34,9%-73,2%) der Patienten ein Schädel-CT zur Diagnostik der Synkope gemacht, bei 3,8% (95% CI = 2,6%-5,1%) der Patienten wurde eine intrakranielle Ursache diagnostiziert. Auf Station wurde bei 44,8 % (95% CI = 26,4%-64,1%) der Patienten die CT-Untersuchung durchgeführt, dabei hatten 1,2 % (95% CI = 0,5%-2,2%) der Patienten einen positiven Befund. In den zwei Studien, in denen alle Patienten mit CT untersucht wurden, lag die Rate der positiven Befunde bei 2,3%, und bei den Patienten ≥ 65 Jahre bei 7,7%.
Fazit
Mehr als die Hälfte der Patienten mit einer Synkope wurden einer Schädel-CT unterzogen, aber nur bei 1,2-3,8% konnten tatsächlich positive Befunde erhoben werden. Die Autoren bestätigten damit die Empfehlungen der internationalen Fachgesellschaften, eine Schädel-CT zur Abklärung einer Synkope nur unter bestimmten Voraussetzungen durchzuführen. Sie fordern aber auch große prospektive Studien zur Entwicklung einer robusten Risikostratifizierung zur besseren Entscheidungsfindung für oder wider die Schädel-CT bei einer Synkope.
Aktuelle Stellungnahme der DGK
Die Studie bestätigt auch eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) e.V., in der einerseits moniert wird, dass bei der Abklärung von Synkopen viel Geld für eine wenig zielführende Diagnostik ausgegeben wird, die Krankenkassen andererseits jedoch die Vergütung für den frühzeitigen und sinnvollen Einsatz eines implantierbaren Ereignisrekorders verweigern (siehe auch „Diagnostische Unterversorgung bei Synkopen“)