Corona-Impfung: Robuste Impfantwort bei Krebspatienten

Menschen unter einer Krebstherapie oder nach einer Stammzelltransplantation haben bei COVID-19-Erkrankung ein hohes Mortalitätsrisiko. Die Corona-Impfung ist bei immunkompromittierten Patienten allerdings meist nur eingeschränkt effektiv.

Corona-Impfung Senioren

Dass die Impfung bei Krebspatienten unter Therapie dennoch sinnvoll ist, belegt eine prospektive, longitudinale Querschnittstudie aus den USA. Professor Dr. Qamar J Khan, Facharzt für Innere Medizin an der Universitätsklinik von Kansas City und Kollegen prüften die serologische Wirksamkeit einer mRNA-Impfung gegen SARS-CoV-2 bei erwachsenen Patienten, die eine Krebstherapie oder Stammzelltransplantation erhielten [1]. Überprüft wurde das Ausmaß und die Dauerhaftigkeit der Impfantwort bezüglich der gegen das Spike-Protein von SARS-CoV-2 gerichteten Rezeptorbindungsdomäne (Anti-RBD) und der neutralisierenden Antikörper (nAK) sechs Monate nach der zweiten Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty (BNT162b2, BioNTech/Pfizer) oder Spikevax (mRNA-1273, Moderna) beziehungsweise bei dem Einmal-Impfstoff Ad26.COV2.S (Johnson & Johnson) sieben Monate nach der Impfung.

Patientenkohorte

Eingeschlossen in die Studie wurden insgesamt 453 erwachsene, bislang ungeimpfte Patienten des Krebszentrums in Kansas City, die eine SARS-CoV-2-Impfung geplant hatten. Sie erhielten entweder bereits eine systemische Krebstherapie oder sollten innerhalb von 14 Tagen damit beginnen. Außerdem nahmen Patienten teil, die bereits eine autologe oder allogene Stammzelltransplantation oder eine Therapie mit autologen T-Zellen mit chimären Antigenrezeptoren (CAR-T-Zell-Therapie) erhalten hatten. Das mittlere Alter lag bei 60,4 Jahren.

Messzeitpunkte

Eine SARS-CoV-2-Impfung mit BNT162b2 erhielten 273 Patienten, eine Impfung mit mRNA-1273 160 Patienten. Bei ihnen wurden Blutproben nach der ersten Impfung und einen, drei und sechs Monate nach der zweiten Impfung ausgewertet. Bei den 17 Patienten, die eine Impfung mit dem Impfstoff Ad26.COV2.S erhalten hatten, wurden Blutproben zwei, vier und sieben Monate nach der Impfung ausgewertet. Wurde eine Boosterimpfung vorgenommen, erfolgte eine Blutabnahme noch einmal 30 Tage nach dieser dritten Impfung. Auch 13 der 14 Patienten mit Ad26.COV2.S-Impfung erhielten eine Auffrischimpfung.

Impfstoffe sind auch bei Krebspatienten immunogen

Der geometrische Mittelwert des Anti-RBD-Titers (engl. geometric mean titers; GMT) betrug bei Patienten, die BNT162b2 oder mRNA-1273 erhalten hatten,

  • vor der Impfung 1,70,
  • nach der ersten Dosis 18,65,
  • einen Monat nach der zweiten Dosis 470,38,
  • drei Monate nach der zweiten Dosis 425,80 und
  • sechs Monate nach der zweiten Impfung 447,23.

Noch nach sechs Monaten erreichten 80% der Patienten einen Anti-RBD-Titer über dem Schwellenwert von 100 U/ml. Nach der Boosterung lag der GMT für Anti-RBD bei 9.224,85.

Ein neutralisierender Antikörpertiter (≥30%) wurde bei 203 von 252 ausgewertetem Patienten (80%) einen Monat nach der zweiten Dosis beobachtet. Drei Monate nach der zweiten Dosis war der Anteil der Patienten mit neutralisierendem Antikörpertiter immer noch bei 81%. Es fand sich eine deutliche Korrelation von Anti-RBD und nAK (Spearman-Korrelationskoeffizient 0,93; 95% Konfidenzintervall [KI] 0,92–0,94; p<0,001).

Unterschiede bei Subgruppen

Drei Monate nach der zweiten Impfdosis waren die Anti-RBD-Titer bei Männern niedriger als bei Frauen (Verhältnisrate der GMTs 0,52; 95% KI 0,34–0,81). Auch das Alter spielte eine Rolle: Patienten >65 Jahre hatten deutlich niedrigere Anti-RBD-Titer als Patienten im Alter ≤50 Jahre (Verhältnisrate der GMTs 0,38; 95% KI 0,25–0,57). Außerdem war der Anti-RBD-Titer bei Patienten mit hämatologischen Neoplasien im Durchschnitt deutlich niedriger als bei Patienten mit soliden Tumoren (Verhältnisrate der GMTs 0,40; 95% KI 0,20–0,81]).

Fazit: Booster verstärkt Effekt auch bei Krebspatienten

Die mRNA-Impfung gegen SARS-CoV-2 erzeugt auch bei Krebspatienten unter Therapie oder nach Stammzelltransplantation ab einem Monat nach der zweiten Impfung anhaltend hohe Anti-RBD-Titer, die von einer dritten Impfung noch einmal deutlich verstärkt werden. Eine eingeschränkte Impfantwort haben Männer, Patienten im Alter > 65 Jahren und Patienten mit hämatologischen Neoplasien. Die dritte Impfdosis erzeugt einen 20-fachen Anstieg der Titer, was auf eine deutliche B-Zell-Antwort bei Patienten mit Krebs hindeutet. Möglicherweise kann der Anti-RBD-Titer herangezogen werden, um Patienten für die Boosterung zu priorisieren, wenn nicht genügend Impfstoff verfügbar ist, meinen die Autoren.

Autor:
Stand:
29.04.2022
Quelle:

Khan QJ, Bivona CR, Martin GA et al. (2022): Evaluation of the Durability of the Immune Humoral Response to COVID-19 Vaccines in Patients With Cancer Undergoing Treatment or Who Received a Stem Cell Transplant. JAMA Oncology. DOI: 10.1001/jamaoncol.2022.0752

 

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