
Hintergrund
Studien konnten zeigen, dass ein sitzender Lebensstil und Adipositas Krebserkrankungen begünstigen. Dagegen reduziert regelmäßige sportliche Aktivität die Entwicklung von Tumorerkrankungen. Bei Patienten, die ihre Krebserkrankung überlebt haben, kann sportliche Betätigung das Rezidiv-Risiko und die Mortalität senken. Die Ursachen hierfür sind unklar. Vermutet werden Veränderungen im Stoffwechsel.
Häufig sind Krebspatienten insbesondere im fortgeschrittenen Stadium körperlich aber zu geschwächt, um Sport zu treiben. Abhilfe könnte hier die sogenannte Ganzkörper-Elektromyostimulation schaffen, eine Methode für Krafttraining. Diese ist schonend aber effektiv und bietet sich daher für Patienten mit körperlichen Limitationen an. Die Patienten tragen hierbei eine Weste, einen Hüftgurt und Manschetten an Armen und Beinen, die mit Elektroden versehen sind. Hierüber gelangen leichte elektrische Impulse zu den Muskeln und aktivieren diese, wodurch eine ähnliche Wirkung wie bei einem Sportprogramm erzielt wird.
Fragestellung
Die Wissenschaftler wollten daher mittels Ganzkörper-Elektromyostimulation Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen untersuchen, um mehr über die anti-tumorösen Effekte dieser Methode herauszufinden. Zudem wollten sie die Effektivität dieser Trainingsmethode auf das Tumorzellwachstum analysieren.
Methoden
In einer nicht-randomisierten Pilotstudie wurden von 2014-2017 insgesamt 16 Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen (Stadium III/IV) der Prostata (n=8) oder des Darmes (n=8) eingeschlossen und mittels Ganzkörper-Elektromyostimulation therapiert. Als Kontrollgruppe wurden 16 Patienten im gleichen Stadium mit einem Prostata- (n=10) oder kolorektalen Karzinom (n=6) ohne Sportprogramm untersucht.
Das Training lief über 12 Wochen. Es fand jeweils 20 Minuten zwei mal pro Woche statt. Insgesamt wurden 8 Muskelgruppen elektrisch stimuliert.
Gleichzeitig erhielten die Studienteilnehmer eine Ernährungsberatung, um eine tägliche Proteineinnahme von >1g pro Kilogramm Körpergewicht zu gewährleisten.
Zudem erfolgte eine in vitro Untersuchung der Zellkulturen von Prostatakarzinomzellen bzw. kolorektalen Karzinomzellen, welche mit Patientenserum versetzt wurden. Die Serumentnahme erfolgte vor Beginn der Studie sowie eine Stunde nach dem letzten Training.
Es erfolgten diverse Untersuchungen, die unter anderem das Zellwachstum, Apoptose, Genexpression sowie Zytokine/Myokine analysierten.
Ergebnisse
Die Forscher sahen bei der Blutuntersuchung, dass das Serum der Patienten, die mittels Ganzkörper Elektromyostimulation trainierten, in der Lage war, die Proliferation von Krebszellen in Zellkulturen zu bremsen sowie eine Apoptose/Nekrose der Zellen zu induzieren.
Die Wissenschaftler konnten zudem eine vermehrte Freisetzung von Myokinen, wie BDNF (brain-derived neurotrophic factor), CCL (chemokin ligand) -2, IGFBP-3 (insulin-like growth factor binding protein), IL (Interleukine) - 5,6,7, 8 oder VEGFA (vascular endothelial growth factor) zeigen.
Fazit
Die Pilotstudie zeigte, dass ein Training mittels Ganzkörper-Elektromyostimulation die Proliferation von Krebszellen in vitro zu bremsen und gleichzeitig deren Zelltod zu induzieren scheint.
Die Wissenschaftler vermuten als Ursache eine vermehrte Freisetzung von Myokinen, die bei Bewegungen und Kontraktionen aus Muskelzellen freigesetzt werden. Mittels weiterer Studien planen die Forscher nun die Identifikation weiterer Myokine mit anti-tumoraler Wirkung, die ggf. zur Entwicklung multimodaler Krebstherapien hilfreich sein könnten.