Zervixkarzinom: Rezidivrisiko nach Trachelektomie

In der bisher größten retrospektiven Kohortenstudie zu fertilitätserhaltenden Maßnahmen bei Zervixkarzinom im Frühstadium führte eine weniger radikale Operation bei Tumoren unter 2 cm nicht zu mehr Rezidiven als eine radikalere Behandlung.

Biopsie Endometrium

Hintergrund

Am Zervixkarzinom erkranken immer häufiger junge, kinderlose Frauen. Operative Behandlungsmaßnahmen können die Fertilität beeinträchtigen. Allgemein anerkannte fertilitätserhaltende Behandlungen (fertility-sparing treatment [FST]) bei Patientinnen mit Zervixkarzinom in einem frühen Stadium umfassen die vaginale radikale Trachelektomie [1] und die abdominale radikale Trachelektomie, kombiniert mit einer Dissektion der Beckenlymphknoten. In den letzten Jahren geht der Trend in Richtung weniger radikaler Verfahren, einschließlich einfacher Trachelektomie, Konisation und Biopsie der Sentinel-Lymphknoten.

In der medizinischen Literatur werden Assoziationen mit besseren Schwangerschaftsergebnissen beschrieben. Die veröffentlichten Berichte beruhen jedoch auf den Daten von geringen Patientinnenzahlen und heterogenen Behandlungsstrategien, die es nicht erlauben, Aussagen über die Sicherheit solcher Ansätze zu treffen. In der jüngeren Literatur finden sich Berichte über eine höhere als die erwartete Rezidivrate nach FST als nach Standardbehandlung ohne FST.

Zielsetzung

Ein Forscherteam unter der Leitung von Dr. Jiřrí Sláma vom Department of Obstetrics and Gynecology, First Faculty of Medicine,  Charles University und General University Hospital in Prag, Tschechische Republik, hatte es sich zum Ziel gesetzt, aus möglichst vielen Einrichtungen Daten über die Behandlungen von Patientinnen mit Zervixkarzinom zu sammeln, um die onkologischen Ergebnisse nach einer FST zu bewerten und prognostische Faktoren für das Rezidivrisiko zu identifizieren, einschließlich des Einflusses der Radikalität einzelner zervikaler Eingriffe [2,3].

Methodik

Für diese retrospektive Beobachtungsstudie (FERTISS [FERTIlity Sparing Surgery in cervical cancer patients outside controlled trials]) kamen Daten von Patientinnen im Alter von 18 bis 40 Jahren mit Zervixkarzinom im FIGO 2018 Stadium IA1 mit Invasion des lymphovaskulären Raums oder im Stadium ≥IA2 in Frage, die sich einer beliebigen Art von FST unterzogen hatten, unabhängig vom histologischen Typ oder Grad des Tumors und einer erhaltenen neoadjuvanten Chemotherapie. Die Wissenschaftler analysierten die Zusammenhänge zwischen krankheits- und behandlungsbedingten Merkmalen und dem Rezidivrisiko.

Ergebnisse

Insgesamt wurden Daten von 733 Patientinnen aus 44 Einrichtungen in 13 Ländern in dieser Studie ausgewertet. Bei fast der Hälfte der Patientinnen lag ein Zervixkarzinom im Stadium IB1 (49%) vor. Zwei Drittel der Frauen waren Nullipara (66%).

Je nach Erkrankungsstadium war die Konisation mit 12,2 % bis 72,6 % der häufigste definitive chirurgische Eingriff, und jedwede Art von radikaler Trachelektomie wurde bei 43,5% der Patientinnen durchgeführt (319/733, Bereich: 18,3% bis 75,6 %). Das Verhältnis zwischen radikalen und nicht-radikalen zervikalen Eingriffen zeigte zwischen 2001–2010 und 2011–2020 einen signifikanten Trend zugunsten des weniger radikalen Ansatzes (46,6% vs. 59,1%; p = 0,005).

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 72 Monaten trat bei 51 Patientinnen (7%) ein Rezidiv auf. 19 (2,6%) dieser Patientinnen verstarben an den Folgen der Krankheit.

Die häufigsten Rezidivstellen waren die Zervix (53%) und die Beckenlymphknoten (22%). Das Rezidivrisiko war bei Patientinnen mit Tumoren >2 cm Größe dreifach höher als bei Patientinnen mit kleineren Tumoren, unabhängig von der Radikalität der Behandlung (19,4% vs. 5,7%; Hazard Ratio: 2,982; 95%-Konfidenzintervall: 1,383 bis 6,431, p = 0,005).

Das Rezidivrisiko bei Patientinnen mit Tumoren ≤2 cm Größe unterschied sich nicht danach, ob sie sich einer radikalen Trachelektomie oder weniger radikalen Eingriffen (Konisation und einfachen Trachelektomie) unterzogen hatten (p = 0,957) und war unabhängig von der Unterkategorie der Tumorgröße (<1 oder 1–2 cm) oder der Invasion des lymphovaskulären Raums.

Fazit

In dieser großen, multizentrischen, retrospektiven Studie fanden Forscher, dass nicht-radikale zervikale Eingriffe bei Patientinnen mit Tumoren ≤2 cm Größe verglichen mit radikaleren nicht mit einem höheren Rezidivrisiko verbunden waren. Auch in den Subgruppenanalysen der Behandlungen von Tumoren <1 cm und 1–2 cm (beide unabhängig von einer Invasion des lymphovaskulären Raums) unterschied sich das Rezidivrisiko für nicht-radikale und radikale zervikale Verfahren nicht.

Die Wissenschaftler identifizierten seltene Tumorarten und eine Tumorgröße >2 cm als signifikante Risikofaktoren für ein Rezidiv nach jeder beliebigen Art von FST.

Diese Arbeit wurde durch Zuschüsse der Karlsuniversität Prag (COOPERATIO, UNCE 204065) und des Gesundheitsministeriums der Tschechischen Republik (MH CZ – DRO-VFN64165) unterstützt.

Quelle:
  1. Speiser et al. (2013): Radikale vaginale Trachelektomie - Eine fertilitätserhaltende Operation für junge Frauen mit Zervixkarzinom im Frühstadium. Deutsches Ärzteblatt, DOI: 10.3238/arztebl.2013.0289
  2. Sláma et al. (2022): Analysis of risk factors for recurrence in cervical cancer patients after fertility-sparing treatment: The FERTISS retrospective multicenter study. American Journal of Obstetrics and Gynecology, DOI: 10.1016/j.ajog.2022.11.1295 (im Druck)
  3. Runnebaum et al. (2022): Oncological outcomes of patients with cervical cancer after fertility-sparing treatment – fertiss retrospective multicenter trial. Geburtshilfe Frauenheilkunde, DOI: 10.1055/s-0042-1757024
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