
Die Entscheidung, bei Verdacht auf Pertussis Antibiotika zu geben, wird in der Regel anhand der klinischen Symptomatik getroffen. Eine labormedizinische Bestätigung sollte aufgrund kostbaren Zeitverlusts nicht abgewartet werden. Oft besteht aber Unsicherheit, ob es sich tatsächlich um Keuchhusten oder Husten anderer Genese handelt. Dafür wurde aktuell eine Richtlinie veröffentlicht, in der die Kardinalsymptome von Keuchhusten zusammenfasst werden. Ein internationales Team von Lungenspezialisten untersuchte unter der Leitung von Dr. Abigail Moore von der Oxford-Universität metanalytisch und mittels systematischer Übersicht [1] die diagnostische Qualität von vier klinischen Symptomen. Die endgültige Einstufung der Empfehlungen basiert auf einem Konsens nach der Delphi-Methodik.
Leitsymptome bei Erwachsenen mit Pertussis
Das Expertenteam ermittelte bei Erwachsenen vier klinische Kardinalsymptome mit hoher diagnostischer Pertussis-Relevanz:
- paroxysmale Hustenanfälle (anfallsweise Hustenattacken mit der Unfähigkeit, währenddessen zu atmen)
- Fieber bzw. das Fehlen von Fieber
- Inspiratorischer Stridor
- Posttussives Erbrechen.
Die Wissenschaftler stuften die Symptome nach Sensitivität und Spezifität ein. Paroxysmaler Husten als auch das Fehlen von Fieber wiesen mit 93,2 und 81,8% eine hohe Sensitivität auf, zeigten jedoch eine geringe Spezifität (20,6 und 18,8%). Im Gegensatz dazu waren inspiratorischer Stridor und posttussives Erbrechen Pertussisindikatoren mit niedriger Sensitivität (32,5 und 29,8%) aber hoher Spezifität (77,7 und 79,5%).
Diagnose-Empfehlungen bei Erwachsenen
Aufgrund der sensitiven und spezifischen Aussagewerte kommen Moore und Team zu folgenden Empfehlungen:
- Bei Erwachsenen mit akutem (< 3 Wochen) oder subakutem (3 bis 8 Wochen) Husten sollten zum Ausschluss von Keuchhusten die vier Kardinalsymptome bewertet werden. (Empfehlungsgrad 2C)
- Bei Fieber und nicht-paroxysmalen Hustenanfällen ist Pertussis unwahrscheinlich. (Empfehlungsgrad 2C)
- Inspiratorischer Stridor und Erbrechen nach einer Hustenattacke sprechen deutlich für eine Infektion mit Bordetella pertussis. (Empfehlungsgrad 2C)
Pertussisindikatoren bei Kindern
Bei Kindern beurteilten die Lungenspezialisten Sensitivität und Spezifität anhand der Metaanalyse und systematischen Überprüfung für nur einen Diagnoseparameter: posttussives Erbrechen. Dieser Pertussisindikator weist bei Kindern von 0 bis 18 Jahren eine mäßige Sensitivität (60%) und Spezifität (66%) auf.
Diagnose-Empfehlungen bei Kindern
Bei Kindern geben die Studienautoren um Moore folgende Empfehlungen:
- Bei akutem Husten (< 4 Wochen) sollten die Qualität der Hustenanfälle sowie das Vorhandensein von posttussivem Erbrechen und inspiratorischem Stridor beurteilt und in die Diagnosefindung einbezogen werden. (Konsens ohne abgestufte Empfehlung)
- Muss das Kind nach einem Hustenanfall erbrechen, ist an eine Infektion mit Bordetella pertussis zu denken. (Empfehlungsgrad 2C)
- Bei Kindern mit akutem Husten und paroxysmalen Hustenanfällen oder inspiratorischem Stridor ist Pertussis als Ursache des Hustens wahrscheinlich. (Konsens ohne abgestufte Empfehlung)
Fazit: Schnelle Diagnose – rascher Therapiebeginn
Die Empfehlungen der neuen Richtlinie sind hilfreich, um Pertussis als Ursache von Husten einzugrenzen. Je rascher die Antibiotikumgabe bei Keuchhusten erfolgt, umso effektiver ist die Behandlung. Die Hustenanfälle lassen sich am besten lindern, wenn die antibiotische Therapie in den ersten beiden Erkrankungswochen beginnt. Besteht nach den neuen Referenzen der Verdacht auf Keuchhusten, ist unverzüglich ein Antibiotikum zu verabreichen – noch bevor die Pertussis-Diagnose labormedizinisch bestätigt wird.
Mitunter verläuft Keuchhusten aber ohne die klassischen Leitsymptome. Dann gibt nur die laborchemische Untersuchung den entscheidenden Hinweis auf eine Pertussis-Erkrankung. Um eine Ausbreitung des Bordetella pertussis-Bakteriums zu verhindern, sollte eine antibiotische Behandlung auch nach den ersten beiden Krankheitswochen eingeleitet werden.