Pertussis (Keuchhusten)

Keuchhusten ist eine hoch kontagiöse Infektionskrankheit und wird durch Bordetella pertussis verursacht. Charakteristisch für diese Erkrankung sind stakkatoartige Hustenanfälle.

ICD-10 Code
Kind Husten

Definition

Der Keuchhusten ist eine hochansteckende akute weltweit vorkommende Infektionskrankheit der Atemwege. Er wird mittels Tröpfcheninfektion übertragen und durch das gram-negative Bakterium Bordetella pertussis verursacht.

Die Erkrankung verläuft klassischerweise in drei Stadien: Stadium catarrhale, Stadium convulsivum und Stadium decrementi.

Epidemiologie

Die Erkrankung tritt ganzjährig auf. Im Herbst und Winter ist Pertussis jedoch etwas häufiger. Im Jahr 2014 lag die Impfquote bei Schulanfängern in den östlichen deutschen Bundesländern bei 95%. Die Inzidenz der Erkrankung ist im Kindes und Jugendalter höher als bei Erwachsenen, aber es treten über zwei Drittel aller Erkrankungen bei Erwachsenen auf. Ein Auftreten der Erkrankung ist bereits im Neugeborenenalter möglich, da es bei dieser Erkrankung keinen sicheren Nestschutz gibt.

Bei Adoleszenten und Erwachsenen beträgt die Inzidenz 0,18 - 0,51%. Alle drei bis vier Jahre tritt in Deutschland eine Krankheitswelle auf, in der die Anzahl der Krankheitsfälle auf das drei- bis vierfache ansteigt.

Ursachen

Der Keuchhusten wird durch das gram-negative aerobe Stäbchenbakterium Bordetella pertussis (B. pertussis) verursacht. Der Mensch ist das einzige Reservoir für dieses Bakterium.
Auch Bordetella parapertussis kann zu einem keuchhustenähnlichen Bild führen. In der Regel verlaufen die Infektionen mit diesem Erreger jedoch leichter und kürzer als bei B. pertussis. 

Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion innerhalb eines Abstandes von bis zu circa 1 Meter durch Husten, Niesen oder Sprechen. Keuchhusten ist eine hoch kontagiöse Erkrankung.

Die Inkubationszeit liegt bei 9 - 10 Tagen mit einer Spanne von 6 - 20 Tagen.

Am Ende der Inkubationszeit beginnt die Ansteckungsfähigkeit. Diese kann bis zu 3 Wochen nach Beginn des Stadium convulsivum anhalten. Bei Durchführung einer antibiotischen Behandlung verkürzt sich die Ansteckungsfähigkeit je nach verwendetem Antibiotikum auf etwa 3 - 7 Tage nach Therapiebeginn. Dies ist vor allem wichtig bei Personen, die Kontakt zu Hochrisikopatienten haben. Als Hochrisikogruppen gelten u.a. Säuglinge und Schwangere im letzten Monat vor Geburt.

Pathogenese

Die Übertragung von Keuchhusten erfolgt über hoch kontagiöse Tröpfchen von Mensch zu Mensch. Das Bakterium besiedelt sodann das respiratorische Epithel im oberen Respirationstrakt und vermehrt sich dort. Die Erreger adhaerieren durch Virulenzfaktoren und Toxine an das Zilienepithel und können durch verschiedene Mechanismen den Wirtsorganismus schädigen. Die betroffene Mukosa wird lokal zerstört. Das Pertussistoxin kann zudem in den Blutkreislauf übertreten und so systemische Wirkungen hervorrufen.

Symptome

In Abhängigkeit vom Alter und dem Impfstatus bzw. Abstand zur vorrausgegangenen Infektion kann die Symptomatik der Erkrankung variieren. Die typische Erstinfektion bei ungeimpften Erkrankten verläuft in der Regel in drei Stadien: Stadium catarrhale, Stadium convulsivum und Stadium decrementi.

Stadium catarrhale

Das Stadium catarrhale (Dauer 1 - 2 Wochen) ist durch erkältungsähnliche Symptome charakterisiert. Es treten Schnupfen, Husten und ggf. leichtes oder mäßiges Fieber auf. Fieber kann aber auch völlig fehlen.

Stadium convulsivum

Im Stadium convulsivum, welches etwa 4 - 6 Wochen andauert, kommt es zu den typischen Symptomen des Keuchhustens. Zu diesen zählen anfallsweise auftretende Hustenstöße, der sogenannten Stakkatohusten, welchem häufig ein inspiratorisches Ziehen folgt. Die Hustenattacken werden zudem häufig von Heraufwürgen von zähem Schleim und anschließendem posttussivem Erbrechen begleitet. Die Attacken können auch gehäuft nachts auftreten. Fieber ist meist nur gering vorhanden oder fehlt vollends.

Stadium decrementi

Im Stadium decrementi (Dauer 6 - 10 Wochen) kommt es zu einem langsamen Abklingen der Hustenanfälle.

Bei Erwachsenen und Jugendlichen nimmt die Erkrankung häufig einen atypischen Verlauf an. Insbesondere bei geimpften Patienten verläuft die Erkrankung oft als lang andauernder Husten ohne die klassischen Begleitsymptome wie anfallsartigem Husten, inspiratorischem Stridor oder posttussivem Erbrechen.

Komplikationen

Das höchste Risiko für das Auftreten von schwerwiegenden Komplikationen haben junge ungeimpfte Säuglinge unter 6 Monaten. Hier steht als Symptomatik häufig Apnoen im Vordergrund.

Als weitere häufige Komplikationen können beispielsweise Pneumonien, insbesondere durch Superinfektionen mit anderen bakteriellen Erregern wie z.B. Pneumokokken oder Haemophilus influenzae, auftreten. Zudem werden Otitiden, Sinusitiden, Inkontinenz während den Hustenattacken, Leistenhernien, Rippenfrakturen oder subkonjunktivale oder gar zerebrale Blutungen beschrieben.
Auch andere seltene neurologische Komplikationen wie zerebrale Krampfanfälle und Enzephalopathien sind insbesondere bei hospitalisierten Säuglingen berichtet worden.

Diagnostik

In der Diagnostik wird zunächst die Anamnese erhoben und eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Die Anamnese sollte Charakteristika des Hustens abfragen wie beispielsweise seit wann der Husten besteht und ob er plötzlich einsetzte. Zudem sollte geklärt werden, ob der Husten von Auswurf begleitet wird und ob Atembeschwerden wie Dyspnoe oder Stridor vorliegen. Zudem sollte erfragt werden, ob Schmerzen, Fieber, Schnupfen oder ein Krankheitsgefühl vorliegen.

Körperliche Untersuchung

Ferner sollte eine körperliche Untersuchung erfolgen, die unter anderem die Inspektion mit der Hauptfragestellung des Einsatzes von Atemhilfsmuskulatur, Perkussion, Auskultation und Bestimmung der Atemfrequenz enthalten sollte. Zudem sollte der Hustencharakter beurteilt werden (trocken versus feucht/produktiv, stakkatoartig etc.)

Labordiagnostik

Da Pertussis insbesondere bei geimpften Personen nicht zwangsläufig mit der klassischen Symptomatik einhergehen muss, ist die Labordiagnostik zur Diagnosesicherung entscheidend. Bei Patienten mit Husten, die Kontakt zu Pertussispatienten gehabt haben und auch bei Patienten mit den klassischen Pertussissymptomen wie inspiratorischem Stridor, Hustenattacken oder Erbrechen, sollte eine Labordiagnostik erfolgen. Diese sollte auch bei über 14 Tage persistierendem Husten durchgeführt werden. Welche Art der Labordiagnostik erfolgen sollte, hängt vom Krankheitsstadium ab.

Zu Beginn der Erkrankung, also in den ersten 2-3 Wochen kann der Nachweis von B. pertussis und B. parapertussis aus tiefen Nasopharyngealabstrichen, nasopharyngealen Sekreten oder Material, welches beim Absaugen gewonnen wurde, mittels Kultur oder PCR erfolgen. Insbesondere Probleme und Unerfahrenheit bei der Materialentnahme und Transport können die Sensitivität der Kultur beeinträchtigen. Die Anzucht der Erreger (Bordetella pertussis) dauert drei bis sieben Tage. Der Nachweis des Erregers via PCR ist sensitiver. Insbesondere bei Jugendlichen, Erwachsenen und Geimpften weist sie eine höhere Sensitivität als die Kultur auf. Bei einer Häufung von Pertussis-Fällen sollte jedoch zusätzlich ein kultureller Nachweis des Erregers erfolgen, um eine molekulargenetische Charakterisierung oder eine Antibiotika-Resistenztestung durchführen zu können.

Insbesondere in späteren Erkrankungsstadien bietet sich die Serodiagnostik zum Nachweis der Erkrankung an. Hierbei ist zu beachten, dass spezifische Antikörper im Serum etwa 3 Wochen nach Hustenbeginn gebildet werden und bei Säuglingen ggf. noch maternale Antikörper im Blut vorhanden sein können. Bei Säuglingen sollte daher ein Direktnachweis des Erregers angestrebt werden. Die Serodiagnostik wird bevorzugt mittels Enzyme Linked Immunosorbent Assays (ELISA) zum Nachweis von IgG-Antikörpern gegen Pertussis-Toxin (PT) durchgeführt. Diese IgG-Antikörpernachweise gegen PT sind am besten für die Pertussisdiagnostik validiert.

Eine serologische Diagnostik ist nicht aussagekräftig, wenn innerhalb der letzten 12 Monate gegen Pertussis geimpft wurde. Dann sollte zum Nachweis eine PCR erfolgen. Zu beachten ist weiterhin, dass ein serologischer Nachweis von anderen Bordetellen inklusive Bordetella parapertussis nicht möglich ist, und diese nur mittels PCR bzw. Kultur nachgewiesen werden können.

Therapie

Eine antibiotische Therapie muss, um die Dauer und Heftigkeit der Hustenattacken reduzieren zu können, möglichst frühzeitig (d.h. vor dem Beginn oder in den ersten 1 - 2 Wochen ab Hustenbeginn) initiiert werden. Sie ist vor allem für die Unterbrechung von Infektionsketten von Bedeutung. Solange der Patient den Erreger ausscheidet, also einen positiven Erregernachweis zeigt, ist die antibiotische Therapie sinnvoll. Als Antibiotika eignen sich insbesondere Makrolide. Azithromycin und Clarithromycin werden aufgrund ihrer besseren Verträglichkeit und einfacheren Anwendung gegenüber Erythromycin bevorzugt. Als Alternative kann Cotrimoxazol eingesetzt werden. Säuglinge sollten zur Behandlung stationär aufgenommen werden, um umgehend auf eine Apnoe reagieren zu können. Zudem ist es sinnvoll auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten und bei ausgeprägten Hustenanfällen häufigere kleinere Mahlzeiten zu verzehren.

Prognose

Pertussis ist bei Neugeborenen und Säuglingen die häufigste infektiöse Todesursache. Bei Erwachsenen ist in 25% der Fälle einer Keuchhusten-Erkrankung mit dem Auftreten von Komplikationen zu rechnen. Bei > 60-Jährigen liegt die Zahl der Komplikationen schon bei etwa 40%.

Prophylaxe

Als Prophylaxe steht eine Impfung gegen Bordetella pertussis zur Verfügung. Da diese nur eine begrenzte Dauer der Immunität erzeugt, ist eine mehrmalige Infektion und Erkrankung im Laufe eines Lebens möglich. Weder mit einer erfolgten Erkrankung noch mit einer Impfung erreicht man eine lebenslange Immunität. Die Immunität dauert nach erfolgter Erkrankung etwa 4-20 Jahre und nach vollständiger Impfung etwa 4-12 Jahre an. Es sollte daher ein frühzeitiger und vollständiger Impfschutz insbesondere für besonders gefährdete Patientengruppen wie Säuglinge und Kleinkinder (Grundimmunisierung) bzw. Auffrischung der Immunität (Vorschulalter, Jugendliche und Erwachsene) entsprechend der Empfehlungen der ständigen Impfkommission (STIKO) angestrebt werden. In Deutschland stehen zur Impfung azelluläre Impfstoffe gegen B. pertussis zur Verfügung. Da kein monovalenter Pertussis-Impfstoff zur Verfügung steht, wird die Verwendung von Kombinationsimpfstoffen zu den jeweiligen Impfterminen empfohlen. Einer Infektion mit B. parapertussis und auch B. holmesii kann damit jedoch nicht vorgebeugt werden.

Stationäre Pertussispatienten sollten zudem für fünf Tage nach Beginn einer antibiotischen Therapie von anderen Patienten isoliert untergebracht werden.
Für enge Kontaktpersonen zu an Pertussis Erkrankten wird eine Chemoprophylaxe mittels Makroliden empfohlen. Diese Prophylaxe sollte so bald wie möglich nach dem Kontakt zum Erkrankten erfolgen. Geimpfte Personen sind zwar selber weitgehend vor B. pertussis geschützt, können aber vorrübergehend mit Bordetellen besiedelt werden und so eine Infektionsquelle für dritte Personen sein. Wenn sich in ihrer Umgebung besonders gefährdete Personen wie beispielsweise ungeimpfte oder nicht vollständig geimpfte Säuglinge, Schwangere im letzten Trimester oder auch Kinder mit pulmonalen oder kardialen Grunderkrankungen, befinden, wird auch bei ihnen eine Chemoprophylaxe empfohlen.

Meldepflicht

Seit Frühjahr 2013 existiert eine bundesweite Meldepflicht für die Erkrankung. Diese gilt beim Krankheitsverdacht, im Erkrankungsfall sowie beim Tod durch Keuchhusten. Ferner ist der labordiagnostische Nachweis der Krankheit meldepflichtig. Die Meldung muss spätestens 24 Stunden nach erlangter Kenntnis vorliegen.

Autor:
Stand:
20.08.2019
Quelle:
  1. AWMF Leitlinie: Husten. AWMF Register-Nr. 053/013. Stand Februar 2014. Ist derzeit in Überarbeitung
  2. De Serres et al (2000): Morbidity of pertussis in adolescents and adults. J Infect Dis; 182:174-9.
  3. European Centre for Disease Prevention and Control. Guidance and protocol for the use of realtime PCR in laboratory diagnosis of human infection with Bordetella pertussis or Bordetella parapertussis. Stockholm:2012
  4. Heininger et al (1997): Clinical Findings in Bordetella pertussis Infections: Results of a Prospective Multicenter Surveillance Study. Pediatrics; 100:e10.
  5. Postels-Multani (1995): Symptoms and complications of pertussis in adults. Infection; V23:139-42.
  6. Riffelmann et al (2008): Pertussis-nicht nur eine Kinderkrankheit Dtsch Arzteblat 105:623-8. DOI: 10.3238/arztebl.2008.0623
  7. RKI Ratgeber: Keuchhusten (Pertussis)  Stand 27.11.2017
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