Telmisartan

Der Arzneistoff Telmisartan gehört zur Wirkstoffgruppe der Angiotensin II-Rezeptor Antagonisten (Sartane, AT1-Antagonisten) und wird angewendet zur Behandlung des Bluthochdrucks (Hypertonie). Das Antihypertensivum soll bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion mit Vorsicht eingesetzt werden, da es überwiegend über die Galle ausgeschieden wird.

Telmisartan

Anwendung

Telmisartan besitzt folgende Indikationen:

Anwendungsart

Telmisartan ist in Form von Tabletten auf dem deutschen Markt zugelassen. Der Arzneistoff ist als Monopräparat und als Kombinationspräparat mit Amlodipin oder Hydrochlorothiazid verfügbar.

Wirkmechanismus

Telmisartan ist ein oral wirksamer und spezifischer Angiotensin-II-Rezeptor (Typ AT1)-Antagonist (Sartan) und bindet selektiv an den AT1-Rezeptor. Die Wirkung beruht auf einer Verdrängung von Angiotensin II von seiner Bindungsstelle am AT1-Rezeptor-Subtyp. Telmisartan senkt außerdem die Plasma-Aldosteronspiegel.

RAAS

Pharmakokinetik

Resorption

  • Telmisartan wird schnell resorbiert.
  • Die mittlere absolute Bioverfügbarkeit beträgt etwa 50 Prozent.
  • Gleichzeitige Nahrungsaufnahme zur Tabletteneinnahme verringert die Fläche unter der Plasmakonzentration-Zeit-Kurve (AUC0-∞) von Telmisartan um etwa 6% (Dosis 40 mg) und um etwa 19% (Dosis 160 mg).
  • Drei Stunden nach Verabreichung sind die Plasmakonzentrationen ähnlich, unabhängig davon, ob Telmisartan nüchtern oder zusammen mit Nahrung eingenommen wurde.

Linearität/Nichtlinearität

  • Diese geringe Abnahme der AUC lässt keine Reduktion der therapeutischen Wirksamkeit erwarten.
  • Es besteht keine lineare Beziehung zwischen Dosis und Plasmaspiegel. Bei Dosierungen über 40 mg steigen Cmax und in geringerem Ausmaß AUC nicht proportional an.

Verteilung

  • Telmisartan wird stark an Plasmaproteine gebunden (> 99,5%), vor allem an Albumin und an saures α1-Glykoprotein.
  • Das scheinbare Verteilungsvolumen im Steady State (Vdss) beträgt etwa 500 l.

Biotransformation

  • Telmisartan als Ausgangssubstanz wird durch Konjugation zum Glucuronid metabolisiert.
  • Für das Konjugat ist keine pharmakologische Wirkung bekannt.

Elimination

  • Telmisartan ist durch eine biexponentielle Abbaukinetik charakterisiert, mit einer terminalen Eliminationshalbwertszeit von > 20 Stunden.
  • Die maximale Plasmakonzentration (Cmax) und, weniger ausgeprägt, die Fläche unter der Plasmakonzentration-Zeit-Kurve (AUC) steigen nicht proportional mit der Dosis an.
  • Es gibt in der empfohlenen Dosierung keinen Hinweis auf eine klinisch relevante Kumulation von Telmisartan.
  • Die Plasmakonzentrationen waren bei Frauen höher als bei Männern, ohne dass dies die Wirksamkeit relevant beeinflusste.
  • Telmisartan wird nach oraler (und intravenöser) Gabe fast ausschließlich mit den Faeces ausgeschieden, vorwiegend als unveränderte Verbindung.
  • Die kumulative Ausscheidung mit dem Harn beträgt weniger als 1% der Dosis.
  • Verglichen mit der Leberdurchblutung (etwa 1.500 ml/min) ist die Plasma-Clearance (Cltot) (etwa 1.000 ml/min) hoch.

Dosierung

Behandlung der essentiellen Hypertonie

Die übliche Dosierung beträgt 1 x täglich 40 mg.

Bei einigen Patienten kann bereits bei einer Tagesdosis von 20 mg eine ausreichende Wirkung erzielt werden.

Wenn die angestrebte Blutdrucksenkung nicht erreicht wird, kann die Dosis von Telmisartan auf maximal 1 x täglich 80 mg erhöht werden. Alternativ kann Telmisartan in Kombination mit einem Thiaziddiuretikum verabreicht werden, wie z.B. Hydrochlorothiazid, für das eine additive blutdrucksenkende Wirkung mit Telmisartan nachgewiesen ist.

Wenn eine Dosissteigerung in Betracht gezogen wird, ist zu bedenken, dass der maximale antihypertensive Effekt im Allgemeinen 4 bis 8 Wochen nach Behandlungsbeginn erreicht wird.

Kardiovaskuläre Prävention

Die empfohlene Dosis beträgt 1 x täglich 80 mg Telmisartan. Es ist nicht bekannt, ob Telmisartan in Dosierungen unter 80 mg die kardiovaskuläre Morbidität reduziert.
Bei Beginn der Behandlung wird eine engmaschige Überwachung des Blutdrucks empfohlen. Gegebenenfalls könnte eine Anpassung der Medikation zur Blutdrucksenkung erforderlich sein.

Nebenwirkungen

Insgesamt war in kontrollierten Studien mit Patienten, die wegen Bluthochdruck behandelt wurden, die Inzidenz von Nebenwirkungen durch Telmisartan im Allgemeinen vergleichbar mit Placebo. Das Auftreten von Nebenwirkungen war nicht dosisabhängig und zeigte keine Korrelation mit Geschlecht, Alter oder ethnischer Zugehörigkeit der Patienten.

Schwerwiegende Nebenwirkungen sind u.a. anaphylaktische Reaktionen und Angioödem, die selten auftreten (≥ 1/10.000 bis < 1/1.000), sowie akutes Nierenversagen.

Wechselwirkungen

Für die Anwendung von Telmisartan bestehen folgende Wechselwirkungen:

  • Digoxin: Bei gleichzeitiger Anwendung wurde eine Erhöhung der Digoxin-Plasmakonzentration beobachtet. Bei Initiierung, Anpassung und Beendigung der Telmisartan-Behandlung ist der Digoxinspiegel zu überwachen, um diesen innerhalb des therapeutischen Bereiches zu halten.
  • Arzneimittel, die zu einer Hyperkaliämie führen können (kaliumhaltige Salzersatzpräparate, kaliumsparende Diuretika, ACE-Hemmer, NSAR einschließlich selektive COX-2-Hemmer, Heparin, Immunsuppressiva wie Cyclosporin oder Tacrolimus und Trimethoprim): Wie andere Arzneimittel, die das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System beeinflussen, kann auch Telmisartan zu einer Hyperkaliämie führen.
  • Das Auftreten einer Hyperkaliämie ist abhängig vom Vorliegen begleitender Risikofaktoren. Ein erhöhtes Risiko besteht bei gleichzeitiger Behandlung mit den oben angeführten Arzneimitteln.
  • Das Risiko ist besonders hoch bei gleichzeitiger Verabreichung von kaliumsparenden Diuretika und kaliumhaltigen Salzersatzpräparaten. Die gleichzeitige Verabreichung von beispielsweise ACE-Hemmern oder nicht-steroidalen Antirheumatika weist ein geringeres Risiko auf, sofern die Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung streng beachtet werden.

Eine gleichzeitige Anwendung wird nicht empfohlen bei:

  • Kaliumsparenden Diuretika (z.B. Spironolacton, Eplerenon, Triamteren, Amilorid) oder Kaliumpräparaten: Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten wie Telmisartan verringern den durch Diuretika verursachten Kaliumverlust. Kaliumsparende Diuretika oder kaliumhaltige Salzersatzpräparate können zu einem signifikanten Anstieg des Serumkaliums führen. Wenn sich die gleichzeitige Anwendung aufgrund einer bestehenden Hypokaliämie als notwendig erweist, sollten die Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung streng beachtet werden und regelmäßige Kontrollen des Serumkaliumspiegels durchgeführt werden.
  • Lithium: Eine reversible Erhöhung der Serumlithium-Konzentration und der Toxizität wurde bei gleichzeitiger Anwendung beobachtet. Wenn sich die gleichzeitige Anwendung als notwendig erweist, so wird eine sorgfältige Kontrolle des Serumlithiumspiegels empfohlen.
  • Andere blutdrucksenkende Arzneimittel: Die blutdrucksenkende Wirkung von Telmisartan kann durch gleichzeitige Anwendung anderer blutdrucksenkender Arzneimittel verstärkt werden.
  • Gleichzeitige Anwendung von ACE-Hemmern, Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten oder Aliskiren: Daten aus klinischen Studien haben gezeigt, dass eine duale Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) im Vergleich zur Anwendung einer einzelnen Substanz, die auf das RAAS wirkt, mit einer höheren Rate an unerwünschten Ereignissen wie Hypotonie, Hyperkaliämie und einer Abnahme der Nierenfunktion (einschließlich eines akuten Nierenversagens) einhergeht.
  • Kortikosteroide (systemische Anwendung): Verringerung der blutdrucksenkenden Wirkung

Eine gleichzeitige Anwendung erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen bei:

  • Nichtsteroidalen Antirheumatika NSAR (z. B. Acetylsalicylsäure in entzündungshemmender Dosierung, COX-2-Hemmer und nichtselektive NSAR): Die blutdrucksenkende Wirkung kann verringert werden. Bei einigen Patienten mit Einschränkung der Nierenfunktion (z. B. dehydrierte Patienten oder ältere Patienten mit Einschränkung der Nierenfunktion) kann die gleichzeitige Anwendung mit Cyclooxygenase-hemmenden Arzneimitteln zu einer weiteren Verschlechterung der Nierenfunktion führen, einschließlich der Möglichkeit eines üblicherweise reversiblen akuten Nierenversagens. Die Kombination sollte daher v.a. bei älteren Patienten mit Vorsicht erfolgen. Eine ausreichende Hydrierung der Patienten sollte sichergestellt sein. Kontrollen der Nierenfunktion sind zu Beginn und in periodischen Abständen während der gleichzeitigen Anwendung sinnvoll.
  • Ramipril: In einer Studie führte die gleichzeitige Gabe zu einer bis zu 2,5fachen Erhöhung der AUC0–24 und Cmax von Ramipril und Ramiprilat. Die klinische Relevanz dieser Beobachtung ist unbekannt.
  • Diuretika (Thiazid- oder Schleifendiuretika): Eine vorbestehende Behandlung mit hohen Diuretika-Dosen wie Furosemid und Hydrochlorothiazid kann zu Therapiebeginn mit Telmisartan zu Volumenmangel und einem höheren Hypotonie-Risiko führen.

Folgenden Arzneimittel können die blutdrucksenkende Wirkung aller Antihypertensiva einschließlich Telmisartan verstärken:

Eine orthostatische Hypotonie kann weiter verschlechtert werden durch:

Kontraindikationen

Für die Anwendung von Telmisartan bestehen folgende Gegenanzeigen:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • Zweites und drittes Schwangerschaftsdrittel
  • Obstruktive Gallenfunktionsstörungen
  • Stark eingeschränkte Leberfunktion
  • Gleichzeitige Anwendung Aliskiren-haltiger Arzneimitteln bei Patienten mit Diabetes mellitus oder eingeschränkter Nierenfunktion (GFR < 60 ml/min/1,73 m2)

Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft darf keine Therapie mit Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten (also Telmisarta) begonnen werden. Angiotensin II-Rezeptor-Antagonisten sind im 2. und 3. Trimenon, insbesondere nach Schwangerschaftswoche 20, kontraindiziert. Sie sollten aber auch im 1. Trimenon möglichst nicht eingesetzt werden.

Stillzeit

Da keine Informationen hinsichtlich der Einnahme von Telmisartan während der Stillzeit vorliegen, wird Telmisartan nicht empfohlen. Alternative Behandlungen mit in der Stillzeit besser etablierten Sicherheitsprofilen sind, insbesondere während des Stillens von Neugeborenen oder Frühgeborenen, zu bevorzugen.

Verkehrstüchtigkeit

Bei einer antihypertensiven Therapie können gelegentlich Schwindelgefühl oder Müdigkeit auftreten.

Alternativen

Neben Telmisartan sind weitere Vertreter der Sartane auf dem deutschen Markt zugelassen:

Bei Hypertonie im Erwachsenenalter dürfen Ärzte alle verfügbaren Sartane verordnen. Zur Behandlung von Hypertonie im Kindes- und Jugendalter zwischen 6 und 18 Jahren sind nur Candesartan, Losartan, Olmesartan und Valsartan zugelassen. Patienten mit Herzinsuffizienz dürfen laut Zulassungsunterlagen nur Candesartan, Losartan und Valsartan erhalten.

Die einzelnen Sartane unterscheiden sich kaum hinsichtlich ihrer Wirkdauer, so dass bei allen Vertretern eine einmalige Gabe am Tag ausreichend ist.

Für sehr hohe Valsartan-Dosen gibt es kaum Alternativen. Bei äquivalenten Dosen zu Valsartan 320 mg würden Azilsartan, Eprosartan, Irbesartan, Losartan, Olmesartan und auch Telmisartan die maximal zulässigen Tageshöchstdosen übersteigen. Lediglich Candesartan ist für die äquivalent erforderliche Dosis von 32 mg zugelassen.

Hinsichtlich der Arzneistoffelimination unterscheidet sich Telmisartan als einziger Vertreter von den restlichen Sartanen, die zu etwa gleichen Anteilen über die Niere und Leber eliminiert werden. Telmisartan wird hingegen fast ausschließlich über die Leber ausgeschieden, was gegebenenfalls bei schweren Lebererkrankungen von Relevanz sein kann.

Hinweise

Vorteil gegenüber ACE-Inhibitoren

Sartane haben gegenüber ACE-Hemmern den Vorteil, dass durch Sie nicht die Bradykinin-Konzentration erhöht wird. Hierdurch kommt es unter der Therapie mit Sartanen u.a. nicht zu der Nebenwirkung trockener Reizhusten.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
514.62 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 24.0 H
Q0-Wert:
1.0
Quelle:
  1. Embryotox, Telmisartan
  2. Fachinformation, Telmisartan 1A Pharma

Abbildung

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