Trastuzumab

Trastuzumab ist ein rekombinanter humanisierter monoklonaler IgG1-Antikörper, der gegen den menschlichen epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor 2 (HER2) gerichtet ist und zur Behandlung von Brustkrebs angewendet wird.

Anwendung

Der monoklonale Antikörper Trastuzumab (Herceptin) wurde im Jahr 2020 als erste zielgerichtete Therapie bei HER2-positivem Brustkrebs und metastasiertem HER2-positivem Magenkarzinom zugelassen und wird als intravenöse Infusion angewendet.

Metastasierter Brustkrebs

Bei der Behandlung von HER2-positivem metastasiertem Brustkrebs kann Trastuzumab als Monotherapie angewendet werden, wenn die Patienten zuvor mindestens zwei Chemotherapieregime erhalten haben. Diese muss mindestens ein Anthrazyklin und ein Taxan enthalten haben, es sei denn, diese Behandlung ist für die Patienten nicht geeignet. Bei Patienten mit positivem Hormonrezeptor-Status muss ferner eine Hormonbehandlung erfolglos gewesen sein, es sei denn, diese Behandlung ist für die Patienten nicht geeignet.
 
Haben Patienten mit HER2-positivem metastasiertem Brustkrebs noch keine Chemotherapie erhalten kann Trastuzumab angewendet werden:

  • in Kombination mit Paclitaxel, wenn für sie ein Anthrazyklin ungeeignet ist oder
  • in Kombination mit Docetaxel

Zur Behandlung von postmenopausalen Patienten mit Hormonrezeptor-positivem metastasiertem Brustkrebs kann Trastuzumab in Kombination mit einem Aromatasehemmer angewendet werden

Brustkrebs im Frühstadium

Bei Brustkrebs im Frühstadium darf Trastuzumab nur dann angewendet werden, wenn die Tumore entweder eine HER2-Überexpression oder eine HER2-Genamplifikation aufweisen, die durch eine genaue und validierte Untersuchung ermittelt wurde.

Trastuzumab kann angewendet werden:

  • nach einer Operation, Chemotherapie (neoadjuvant oder adjuvant) und Strahlentherapie
  • nach adjuvanter Chemotherapie mit Doxorubicin und Cyclophosphamid, in Kombination mit Paclitaxel oder Docetaxel
  • in Kombination mit adjuvanter Chemotherapie mit Docetaxel und Carboplatin
  • in Kombination mit neoadjuvanter Chemotherapie, gefolgt von adjuvanter Therapie mit Trastuzumab, bei lokal fortgeschrittenem (einschließlich entzündlichem) Brustkrebs oder Tumoren > 2 cm im Durchmesser

Metastasiertes Magenkarzinom

Trastuzumab in Kombination mit Capecitabin oder 5-Fluorouracil und Cisplatin kann ferner auch zur Behandlung von HER2-positivem metastasiertem Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs angewendet werden, wenn die Patienten bisher keine Krebstherapie gegen ihre metastasierte Erkrankung erhalten haben.

Wirkmechanismus

Trastuzumab ist ein rekombinanter humanisierter monoklonaler IgG1-Antikörper, der gegen die extrazelluläre Domäne des HER-2-Rezeptors (ErbB-2) gerichtet ist. Der HER-2-Rezeptor besteht aus einer extrazellulären Ligandenbindungsdomäne, einer Transmembranregion und einer intrazellulären oder zytoplasmatischen Tyrosinkinasedomäne. Trastuzumab bindet an die extrazelluläre Domäne von HER-2 und verhindert so die Spaltung der extrazellulären Domäne von HER-2 und dadurch die Aktivierung des Rezeptors; Darüber hinaus blockiert der Antikörper die Dimerisierung von HER-2 und vermittelt die Aktivierung von antikörperabhängiger zellvermittelter Zytotoxizität (ADCC), was zur Lyse von Tumorzellen führt und fördert die Internalisierung von HER-2.

Trastuzumab

Pharmakokinetik

Trastuzumab wird zu Peptiden und Aminosäuren metabolisiert. Die Elimination verläuft über einen vielschichtigen Prozess, der spezifisch durch Epithelzellen vermittelt wird. Trastuzumab bindet an HER-2 und wird intrazellulär metabolisiert. Die Folge der intrazellulären Bindung erklärt eine dosisabhängige (nichtlineare) Elimination. Die Elimination von Antikörpern aus dem Plasma ist komplex und hängt von Faktoren wie der Genetik und dem klinischen Zustand des Patienten ab. Die Halbwertszeit von Trastuzumab beträgt etwa 28 Tage. Die Auswaschphase beträgt bis zu 24 Wochen nach Beendigung der Trastuzumab-Behandlung. Die renale Ausscheidung von Trastuzumab ist sehr gering.

Dosierung

Trastuzumab kann bei der Behandlung von Brustkrebs als dreiwöchentliche oder als wöchentliche Anwendung verabreicht werden. Beim metastasierten Magenkarzinom kommt nur die dreiwöchentliche Gabe zum Einsatz.

Bei metastasiertem Brustkrebs und Brustkrebs im Frühstadium beträgt die empfohlene Initialdosis bei der dreiwöchentlichen Anwendung 8 mg/kg Körpergewicht und geht dann drei Wochen nach der Initialdosis in eine Erhaltungsdosis von 6 mg/kg Körpergewicht über. Bei wöchentlicher Anwendung beläuft sich die Initialdosis auf 4 mg/kg Körpergewicht und geht dann eine Woche nach der Initialdosis in die wöchentliche Erhaltungsdosis von 2 mg/kg Körpergewicht über.

Die Therapie des metastasierten Magenkarzinoms wird mit einer Initialdosis von 8 mg/kg Körpergewicht Trastuzumab eingeleitet und geht dann drei Wochen nach der Initialdosis in eine Erhaltungsdosis mit dreiwöchentlichen Intervallen von 6 mg/kg Körpergewicht über.

Versäumte Dosis

Wird eine Dosis um eine Woche oder weniger versäumt hat, sollte die übliche Erhaltungsdosis (wöchentliche Anwendung: 2 mg/kg; dreiwöchentliche Anwendung: 6 mg/kg) sobald wie möglich nachgeholt werden. Die nachfolgenden Erhaltungsdosen werden dann entweder 7 Tage oder 21 Tage später verabreicht.
 
Wird eine Dosis um mehr als eine Woche versäumt, sollte sobald wie möglich eine weitere Initialdosis über ungefähr 90 Minuten verabreicht werden (wöchentliche Anwendung: 4 mg/kg; dreiwöchentliche Anwendung: 8 mg/kg). Die nachfolgenden Erhaltungsdosen werden dann entweder 7 Tage oder 21 Tage später verabreicht.

Nebenwirkungen

Sehr häufige Nebenwirkungen sind:

  • kardiale Dysfunktion
  • Infusionsreaktionen
  • Hämatotoxizität (insbesondere Neutropenie)
  • Infektionen
  • Nasopharyngitis
  • Gewichtsverlust
  • Diarrhö, Erbrechen, Übelkeit
  • Husten, Epistaxis,  Rhinorrhoe
  • Erkrankungen der Haut wie Erythem
  • Arthralgie, Myalgie
  • Asthenie, Schmerzen im Brustkorb, Schüttelfrost, grippeähnliche Symptome
  • peripheres Ödem

Wechselwirkungen

Es wurden keine klinisch signifikanten Wechselwirkungen zwischen Trastuzumab und den in klinischen Studien gleichzeitig angewendeten Arzneimitteln beobachtet.

Kontraindikationen

Trastuzumab darf nicht angewendet werden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Antikörper oder Mausproteine sowie bei schwerer Ruhedyspnoe.

Schwangerschaft

Die Datenlage zum Einfluss einer Trastuzumab-Behandlung auf die Entwicklung des menschlichen Fötus ist begrenzt. Bei schwangeren Frauen, die mit Trastuzumab behandelt wurden, gibt es Berichte einiger Fälle von Oligohydramnion während des zweiten und dritten Trimesters und reversiblem tödlichem Nierenversagen [3]. Eine Behandlung mit Trastuzumab ist nur dann angezeigt, wenn der potenzielle Nutzen für die Mutter das potenzielle Risiko für den Fötus überwiegt, der Fötus muss jedoch streng überwacht werden.

Stillzeit

Während der Behandlung mit Trastuzumab und für sechs Monate nach der letzten Anwendung von Trastuzumab sollte das Stillen vermieden werden.

Verkehrstüchtigkeit

Da es während der Behandlung mit Trastuzumab zu Schwindelgefühl und Somnolenz kommen kann, hat die Behandlung Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Patienten mit diesen Symptomen sollten angewiesen werden, nicht aktiv am Straßenverkehr teilzunehmen oder Maschinen zu bedienen, bis die Symptome abgeklungen sind.

Wirkstoff-Informationen

Mittlere Halbwertszeit:
ca. 19.0 D
Q0-Wert:
0.0
Quelle:
  1. EMA: Fachinformation Herceptin
  2. Boekhout AH, Beijnen JH, Schellens JH. Trastuzumab. Oncologist. 2011;16(6):800-810. doi:10.1634/theoncologist.2010-0035
  3. Bader AA, Schlembach D, Tamussino KF, Pristauz G, Petru E. Anhydramnios associated with administration of trastuzumab and paclitaxel for metastatic breast cancer during pregnancy. Lancet Oncol. 2007 Jan; 8(1):79-81. doi: 10.1016/S1470-2045(06)71014-2

Abbildung

Adapted from „4 Mechanisms of Action of Trastuzumab”, by BioRender.com

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