Venlafaxin

Venlafaxin ist ein Antidepressivum und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer. Venlafaxin wird zur Therapie von Depressionen, Angst- und Panikstörungen bei Erwachsenen angewendet.

Venlafaxin

Anwendung

Tabletten oder Retardkapseln mit dem Wirkstoff Venlafaxin werden bei erwachsenen Patienten zur medikamentösen Behandlung oder Rezidivprophylaxe einer Depression, bei einer generalisierten Angststörung, sozialer Phobie und Panikstörungen mit oder ohne Agoraphobie eingesetzt.

Wirkmechanismus

Der Wirkstoff gehört zur Gruppe der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SNRI). Die Wirkung von Venlafaxin beruht auf der selektiven Hemmung der Wiederaufnahme der Botenstoffe Noradrenalin und Serotonin in das präsynaptische Neuron. Die Wiederaufnahme des Botenstoffs Dopamin wird durch Venlafaxin nur leicht gehemmt. Die Hemmung bedeutet eine Erhöhung der Neurotransmitteraktivität im Zentralen Nervensystem.

SNRI

Pharmakokinetik

Mindestens 92% des Venlafaxins werden nach oraler Einnahme vom Körper resorbiert. Die absolute Bioverfügbarkeit liegt bei 40 bis 45%, da der Wirkstoff primär zum aktiven Metaboliten O-Desmethyl-Venlafaxin umgewandelt wird. Plasmaspitzenwerte sind etwa zwei bis drei Stunden nach der Einnahme erreicht. Stammt der Wirkstoff aus Retardkapseln, vergehen bis zu neun Stunden, bis Spitzenwerte im Plasma zu messen sind. Binnen drei Tagen mit oraler Mehrfachgabe wird die Steady-State-Konzentration erreicht. Venlafaxin wird in der Leber metabolisiert und hauptsächlich renal ausgeschieden. Zwei Tage nach der Einnahme sind etwa 87% des Wirkstoffs ausgeschieden.

Dosierung

Venlafaxin wird einmal täglich möglichst zur selben Zeit zu einer Mahlzeit eingenommen. Je nach Indikation werden unterschiedliche Dosierungen empfohlen.

Episoden einer Major-Depression

Die Anfangsdosis von 75 mg/Tag, verteilt auf zwei bis drei Einzeldosen, kann alle zwei Wochen gesteigert werden. Die maximal empfohlene Tagesdosis beträgt 375 mg.

Generalisierte Angststörung

Die Anfangsdosis von 75 mg/Tag einmal täglich kann alle zwei Wochen gesteigert werden. Die maximal empfohlene Tagesdosis beträgt 225 mg.

Soziale Angststörungen

Die Anfangsdosis von 75 mg/Tag einmal täglich sollte nicht gesteigert werden, da es keine Belege dafür gibt, dass höhere Dosen bei einer sozialen Angststörung von zusätzlichem Nutzen für den Patienten sind. Lediglich Patienten, die auf die Initialdosis nicht ansprechen, dürfen diese auf bis zu 225 mg pro Tag erhöhen. Die Dosissteigerung sollte dabei in Zwei-Wochen-Schritten erfolgen.

Panikstörungen

Sieben Tage lang sollten Patienten täglich 37,5 mg retardiertes Venlafaxin einnehmen. Sprechen sie darauf nicht an, kann die Dosis auf bis zu 225 mg am Tag erhöht werden, jedoch schrittweise mindestens alle zwei Wochen.

Eine Therapie mit Antidepressiva sollte über mindestens sechs Monate erfolgen, auch wenn die Remission bereits eingesetzt hat. Die Behandlung sollte regelmäßig neu überprüft werden.

Nebenwirkungen

Wie bei allen Arzneimitteln kann es auch nach Einnahme von Venlafaxin zu unerwünschten Wirkungen kommen, auch wenn der Wirkstoff verglichen mit älteren Antidepressiva besser verträglich ist. Die häufigsten Nebenwirkungen von Venlafaxin sind Übelkeit, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Schlaflosigkeit, Schwitzen und Mundtrockenheit. Im Folgenden sind die Nebenwirkungen nach ihrer Häufigkeit aufgelistet.

Sehr häufig:

  • Schlaflosigkeit
  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Sedierung
  • Übelkeit
  • Mundtrockenheit
  • Verstopfung
  • Hyperhidrose

Häufig:

  • Verwirrtheit, Depersonalisation, ungewöhnliche Trauminhalte
  • Nervosität, Agitiertheit
  • Libidoabnahme, Anorgasmie
  • Akathisie, Zittern, Parästhesien
  • Dysgeusie
  • Sehstörungen, Akkomodationsstörungen
  • Tinnitus
  • Tachykardie, Palpitationen, Blutdruckanstieg
  • Hitzewallungen
  • Dyspnoe
  • Gähnen
  • Diarrhoe, Erbrechen
  • Hautausschlag, Juckreiz
  • Muskelhypertonie
  • Harnverhalt
  • Pollakisurie
  • Menorrhagie, Metrorrhagie
  • erektile Dysfunktion, Ejakulationsstörungen
  • Fatigue
  • Asthenie
  • Schüttelfrost
  • Gewichtsabnahme, verminderter Appetit
  • Gewichtszunahme
  • erhöhte Cholesterinwerte

Wechselwirkungen

Da Venlafaxin von CYP2D6 verstoffwechselt wird, ist sein Potenzial für Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln vergleichsweise hoch. Bekannt sind Wechselwirkungen mit:

Bei gleichzeitiger Einnahme von Venlafaxin sollte jeglicher Alkoholgenuss vermieden werden.

Es gibt keine eindeutigen Nachweise dafür, dass Venlafaxin die Wirkung oraler Kontrazeptiva schwächt, jedoch wurde über ungewollte Schwangerschaften berichtet, die während der Therapie mit Venlafaxin zustande kamen.

Kontraindikation

Medikamente mit Venlafaxin dürfen nicht eingenommen werden, bei:

  • Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einen der Arzneibestandteile
  • der gleichzeitigen Einnahme von MAO-Hemmern
  • Kindern unter 18 Jahren

Schwangerschaft

Im Tierversuch reduzierte Venlafaxin die Fruchtbarkeit, jedoch ist die Bedeutung dieses Studienergebnisses für den Menschen nicht bekannt. Zur Anwendung von Venlafaxin bei Schwangeren liegen keine hinreichenden Daten vor. Der Wirkstoff darf bei ihnen nur zum Einsatz kommen, wenn der zu erwartende Nutzen die möglichen Risiken überwiegt. Bei Neugeborenen können Absetzerscheinungen auftreten, wenn der Wirkstoff bis kurz vor der Geburt eingenommen wird.

Stillzeit

Da Venlafaxin in die Muttermilch übergeht und ein Risiko für das gestillte Kind nicht ausgeschlossen werden kann, sollte die Entscheidung, Venlafaxin während der Stillzeit einzunehmen, gründlich abgewogen werden.

Verkehrstüchtigkeit

Venlafaxin kann das Urteilsvermögen, das Denkvermögen und die motorischen Fähigkeiten beeinträchtigen. Die Fähigkeit, ein Fahrzeug zu führen oder gefährliche Maschinen zu bedienen, kann während der Therapie eingeschränkt sein.

Alternativen

Weitere SNRI sind neben Venlafaxin:

Milnacipran inhibiert im Vergleich zu den anderen Vertretern dieser Gruppe die Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme ungefähr gleich stark. Duloxetin besitzt eine 10-fach höhere und Venlafaxin eine 30-fach höhere Selektivität für Serotonin.

Ein Vorteil von Milnacipran ist, dass der Wirkstoff nicht über Cytochrom-P450-Enzyme metabolisiert wird und somit ein geringeres Interaktionspotenzial aufweist.

Hinweise

Bei der Anwendung von SNRI besteht vor allem in Kombination mit anderen Arzneistoffen die Gefahr eines Serotonin-Syndroms, das durch Symptome wie Agitation, Tremor und Hyperthermie gekennzeichnet ist.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
277.4 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 5.0 H
Q0-Wert:
0.45
Kindstoff(e):
Autor:
Stand:
29.01.2019
Quelle:
  1. „Taschenatlas Pharmakologie“, Thieme Verlag, 7. Auflage 2014
  2. „Checkliste Arzneimittel A–Z“, Thieme Verlag, 7. Auflage 2017
  3. Fachinformation Pfizer Trevilor retard 37,5/75/150 mg Hartkapseln, retardiert
  4. Fachinformation Venlafaxin Sandoz® 37,5 mg Tabletten
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