
Bekanntlich müssen sich Diabetiker – und ihre behandelnden Dermatologen – mit vielen belastenden Hautproblemen herumschlagen. Bis zu 70% der Zuckerkranken leiden an Dermatosen. Und das Spektrum der Hauterkrankungen ist weit. Therapeutisch stehen die schweren kutanen Infektionen und die Hautveränderungen durch die Erkrankung selbst sowie durch die Behandlungen im Fokus der Hautärzte.
Insulin steigert Keratinozyten-Proliferation
Doch auch den eher unspektakulären Veränderungen sollte Aufmerksamkeit gezollt werden: sie könne Frühsymptome des Diabetes sein. Dazu gehören Fibromata pendulantes und Acanthosis nigricans, die beide auch bei Adipositas häufig auftreten. Wie Professor Dr. Rolf-Markus Szeimies (Recklinghausen) berichtete, liegt der Pathogenese dieser mit Diabetes eng assoziierte Hautsymptome ein erhöhter Insulinspiegel und ein Defekt bzw. Fehlen der Insulinrezeptoren zugrunde. Die hohen Insulinkonzentrationen bewirken eine Bindung an den Insulin-like-growth-factor (IGF)-Rezeptor auf den Fibroblasten und Keratinozyten. Dadurch wird die Glukoseaufnahme und so das Wachstum dieser Zellen gesteigert.
Akanthose vorzugsweise in den Achseln
Wie Szeimies weiter erläuterte, kommt die Akanthose, auch „schmutzige Haut“ genannt, in der Gesamtbevölkerung bei etwa 5% vor. Unter den Adipösen weisen aber bis zu 70% – davon sind viele Diabetiker – diese Hautveränderung auf. Es finden sich unscharf begrenzte, flächige, schmutzig grau bis bräunliche, flache Keratosen in symmetrischer Verteilung vor allem im Bereich der Achselhöhlen sowie Hals- und Nackenpartien.
In seltenen Fällen ist die Acanthosis nigricans mit Neoplasien (vor allem Adenokarzinome im Gastrointestinaltrakt) assoziiert, so dass beim Vorliegen der Erkrankung immer ein Malignom-Ausschluss erfolgen sollte.
Als eine akrale Variante der Acanthosis nigricans werden die „finger pebbles“ angesehen: eine Aussaat von winzigen flachen Papeln an den Streckseiten von Fingern und Zehen. Die Ausprägung kann in Abhängigkeit vom Blutzuckerspiegel zu- oder abnehmen.
Nicht-enzymatische Glykierung
Bei den Finger Pebbels kommt pathophysiologisch außer dem IGF-Weg gibt es noch einen anderen Reaktionsweg, der auch für weitere mit dem Typ-2-Diabetes assoziierte Hauterscheinungen eine Rolle spielt: die hyperglykämieinduzierte, nichtenzymatische Glykierung (non-enzmatic glycation=NEG) von Zellstrukturen. Durch die Anhäufung glykierter Proteine und Aminosäuren kommt es zu einer Störung der intrazellulären Signalkaskaden, woraus sich wiederum eine Funktionsstörung von Keratinozyten und Fibroblasten hinsichtlich Proliferation, Differenzierung und Migration entwickelt. Dies führt unter anderem zu einer gestörten Barrierefunktion und einer verzögerten Wundheilung.
Hautveränderungen bei Diabetes, die als NEG- bedingt bzw. mitbedingt gelten, sind
- Gelbfärbung von Haut und Nägeln
- Necrobiosis lipoidica
- Bullosis diabeticorum
- Diabetische Dermopathie (mit Mikroangiopathie)
- Reaktiv perforierende Kollagenose (mit Mikroangiopathie)
- Diabetisches Skleroderm
- Diabetische Cheiropathie
Bei Zuckerkranken findet sich überzufällig häufig eine Vitiligo, die ebenfalls als Frühsymptom zu werten ist. Hier ist die Ätiologie aber noch nicht abschließend geklärt, so Szeimies. Vermutet wird eine Antikörperbildung, die möglicherweise durch die den gestörten Glukosestoffwechsel ausgelöst wird.