
Was ist Baqsimi und wofür wird es angewendet?
Baqsimi mit dem Wirkstoff Glucagon ist ein Arzneimittel, das zur Behandlung von schwerer Hypoglykämie bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab 4 Jahren mit Diabetes mellitus angewendet wird. Das Nasenspray der Firma Lilly wird zum 01.März 2020 auf dem deutschen Markt verfügbar sein.
Wie wird Baqsimi angewendet?
Baqsimi ist zur nasalen Anwendung bestimmt. Die Applikation von Baqsimi erfolgt in eines der Nasenlöcher in Form eines Nasenpulvers, das sich in einem gebrauchsfertigen Einzeldosisbehältnis befindet. Dabei wird das Glucagon durch die nasale Mucosa passiv resorbiert. Eine tiefe Inhalation oder ein vertieftes Einatmen nach der Dosisabgabe sind nicht erforderlich.
Nach Ansprechen sollten zur Vermeidung einer erneuten Hypoglykämie Kohlenhydrate oral verabreicht werden, um die hepatischen Glykogen-Speicher wieder aufzufüllen
Baqsimi muss anders als injizierbares Glucagon nicht im Kühlschrank gelagert werden.
Dosierung
Die empfohlene Dosis beträgt 3 mg Glucagon in ein Nasenloch. Eine altersbedingte Dosisanpassung ist nicht nötig.
Wie wirkt Baqsimi?
Glucagon führt zu einer Erhöhung der Blutglucose-Konzentration durch Aktivierung der Glucagon-Rezeptoren in der Leber. Die Rezeptor-Aktivierung bedingt wiederum den Glykogen-Abbau und die Glucose-Freisetzung.
Glucagon ist dementsprechend nur dann bei der Behandlung einer Hypoglykämie wirksam, wenn genügend Leber-Glykogen vorhanden ist. Da Glucagon im Falle von Hunger, Nebenniereninsuffizienz, chronischem Alkoholmissbrauch oder chronischer Hypoglykämie wenig bis gar nicht wirkt, sollte in solchen Fällen mit Glucose behandelt werden.
Gegenanzeigen
Baqsimi darf nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile
- Phäochromozytom
Nebenwirkungen
Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen in klinischen Studien sind:
- erhöhter Tränenfluss (36%)
- Reizung der oberen Atemwege (34%)
- Nausea (27%)
- Kopfschmerz (21%)
- Erbrechen (16%)
Das Nebenwirkungsprofil des nasal angewendeten Glucagons ähnelt somit dem der injizierbaren Präparate. Bei der nasalen Applikation kommen lediglich nasale und augenbezogene Symptome dazu, wie bspw. erhöhter Tränenfluss und eine Reizung der oberen Atemwege.
Wechselwirkungen
Folgende Wechselwirkungen sind bei der Anwendung von Baqsimi zu beachten:
- Insulin wirkt antagonistisch zu Glucagon
- Bei gleichzeitiger Anwendung mit Indometacin kann Glucagon seine Fähigkeit, den Blutglucosespiegel zu erhöhen, verlieren oder sogar eine Hypoglykämie auslösen.
- Unter gleichzeitiger Therapie mit Beta-Blockern, könnte ein stärkerer Anstieg von Puls und Blutdruck auftreten, der aufgrund der kurzen Halbwertszeit von Glucagon jedoch vorübergehend ist. Eine Behandlung mit Glucagon resultiert in einer Katecholamin-Ausschüttung der Nebennieren, weshalb eine gleichzeitige Anwendung von Beta-Blockern zu einer ungehinderten alpha-adrenergen Stimulation und somit zu einem stärkeren Anstieg des Blutdrucks führen könnte.
- Glucagon kann die gerinnungshemmende Wirkung von Warfarin verstärken.
Studienlage
Die Wirksamkeit von Baqsimi wurde in drei Hauptstudien nachgewiesen.
Die Zulassungsstudie war eine randomisierte, multizentrische, offene, 2-phasige Crossover-Studie an 83 erwachsenen Patienten im Alter von 18 bis 65 Jahren mit Typ 1 (n=77) oder Typ 2 (n=6) Diabetes. Verglichen wurde die Wirksamkeit einer 3 mg Einzeldosis von Glucagon-Nasenpulver gegenüber einer 1 mg Dosis von intramuskulär verabreichtem Glucagon.
Der Behandlungserfolg wurde definiert als Anstieg der Blutglucose auf ≥ 3,9 mmol/l (≥ 70 mg/dl) oder als Anstieg um ≥ 1,1 mmol/l (≥ 20 mg/dl) vom Glucosetiefstwert innerhalb von 30 Minuten nach Erhalt des Glucagons. Der Glucosetiefstwert wurde definiert als der niedrigste Glucosemesswert bei oder innerhalb von 10 Minuten nach der Glucagongabe.
Bei Patienten mit Typ 1 Diabetes betrug der mittlere Blutglucosetiefstwert 2,5 mmol/l (44,2 mg/dl) für Glucagon-Nasenpulver und 2,7 mmol/l (48,9 mg/dl) für i.m. Glucagon. Somit konnte eine Nichtunterlegenheit des Glucagon-Nasenpulvers gegenüber i.m. Glucagon bei der Umkehr einer Insulin-induzierten Hypoglykämie festgestellt werden.
Bei 98,7% der mit Glucagon-Nasenpulver behandelten Patienten und bei 100% der mit i.m. Glucagon behandelten Patienten wurde ein Behandlungserfolg innerhalb von 30 Minuten erzielt.
In einer Studie an 48 pädiatrischen Typ-1-Diabetiker-Patienten (älter als vier Jahre) wurden ähnliche Ergebnisse erreicht.
Eine Simulationsstudie konnte weiterhin die Überlegenheit von Baqsimi bezogen auf die Anwendung belegen. Hier mussten medizinische Laien einer Puppe das Glucagon entweder nasal oder i. m. verabreichen. Das nasale Glucagon wurde zu über 90% der Fälle vollständig verabreicht, das i. m. Glucagon nur zu 13% und auch nur dann, wenn die Teilnehmer zuvor angeleitet wurden. Ohne Instruktion gelang keinem der Teilnehmer die vollständige i. m. Applikation.