Betablocker bzw. Beta-Rezeptoren-Blocker werden vor allem bei der Behandlung von Herzerkrankungen, aber auch bei Hyperthyreose, Phäochromozytom, Glaukom und als Migräneprophylaxe angewendet. Strukturell ähneln Betablocker den Catecholaminen.
Die pharmakologische Klassifizierung der Betablocker basiert auf ihrer Rezeptoraffinität, β1-Selektivität, partiellen agonistischen Eigenschaften, Wirkungen auf andere adrenerge Rezeptoren und physikalisch-chemischen Eigenschaften.
Wirkmechanismus
Betablocker verdrängen Katecholamine von den β-Adrenozeptoren indem sie vornehmlich β1-Rezeptoren blockieren, die sich bevorzugt in den Herzkranzgefäßen befinden. Eine Blockade der β1-Rezeptoren, die normalerweise durch Noradrenalin und Adrenalin erregt werden, wirkt negativ chronotrop (Herzfrequenz ↓), negativ dromotrop (Leitungsgeschwindigkeit ↓), negativ inotrop (Kontraktilität ↓) und negativ bathmotrop (Erregbarkeit des Herzenz ↓).
Der β1-Adrenozeptor ist ein G-Protein-gekoppelter Rezeptor. Der Agonismus des β1-Adrenozeptors ermöglicht es der Gs-Untereinheit, die Adenylylcyclase hochzuregulieren und ATP in zyklisches AMP (cAMP) umzuwandeln. Erhöhte cAMP-Konzentrationen aktivieren die cAMP-abhängige Kinase A, phosphorylieren Calciumkanäle, erhöhen intrazelluläres Calcium und den Calciumaustausch durch das sarkoplasmatische Retikulum und erhöhen so die Herzinotropie. Die cAMP-abhängige Kinase A phosphoryliert die Myosin-Leichtketten und steigert so die Kontraktilität der glatten Muskulatur. Die gesteigerte Kontraktilität der glatten Muskulatur in der Niere setzt wiederum Renin frei, welches inaktives Angiotensinogen aus der Leber in Angiotensin I umwandelt, das wiederum von dem vor allem in der Lunge gebildeten Angiotensin Converting Enzyme (ACE) in Angiotensin II umgewandelt wird.
Durch die Blockade des Rezeptors kommt es also in der Folge der verminderten Reninfreisetzung also auch zu einer Reduktion der Ausschüttung von Angiotensin II und Aldosteron. Reduziertes Angiotensin II führt zu einer Hemmung der Vasokonstriktion und die Reduktion von Aldosteron führt zu einer Hemmung der Wasserretention.
Beta-Blocker vermindern:
die Herzfrequenz
die Kontraktilität
das Herzschlagvolumen
die Noradrenalinfreisetzung
den peripheren Gefäßwiderstand
die Reaktion auf Katecholamine unter Belastung
den venösen Rückfluss
Pharmakokinetik
Insgesamt besitzen Betablocker zwar ähnliche therapeutische Wirkungen; ihre pharmakokinetischen Eigenschaften unterscheiden sich jedoch. Dies wird der unterschiedlichen aromatischen Ringstruktur dieser Verbindungen zugeschrieben, was zu Unterschieden bei der Absorption, dem Metabolismus, dem hepatischen First-Pass-Metabolismus, der Lipidlöslichkeit, der Proteinbindung und der renalen Clearance zwischen den Arzneimitteln führt.
Im Allgemeinen besitzen Betablocker eine lange Halbwertszeit und weisen meist eine geringe orale Bioverfügbarkeit auf. Dies liegt daran, dass polare Vertreter der Gruppe schlecht aus dem GI-Trakt aufgenommen werden, wohingegen lipophile Wirkstoffe einem starken First-Pass-Metabolismus der Leber unterliegen.
Betablocker können auch an β2-Rezeptoren der Lunge binden und so zu einer Bronchokonstriktion führen. Dementsprechend ist eine hohe β1-Selektivität von Vorteil. Der β1-selektivste Wirkstoff ist Bisoprolol. Weiterhin kann es zu einer verminderten Hautdurchblutung, Müdigkeit, Bradykardie, Kopfschmerzen und Belastungsdyspnoe kommen. Es ist außerdem zu beachten, dass Betablocker die Symptome einer Hypoglykämie verschleiern, da diese auf einer Adrenalinausschüttung beruhen.
Wechselwirkungen
Bei der Anwendung von Betablockern sind folgende Wechselwirkungen zu beachten:
Anwendung anderer Antihypertonika oder Arzneimittel, die eine Hypotonie oder Bradykardie auslösen können: Wirkungen addieren sich und eine Hypotonie oder Bradykardie kann verstärkt werden.
Calciumkanalantagonisten wie Verapamil und – in geringerem Ausmaß – Diltiazem wirken sich negativ auf die Kontraktilität und AV-Überleitung aus. Diese Kombination nicht bei Patienten mit Reizleitungsstörungen anwenden.
Calciumkanalantagonisten wie Nifedipin können zu einem erhöhten Hypotonie-Risiko führen. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz, die mit Calciumkanalantagonisten behandelt werden, kann eine Behandlung mit Betablockern zu Herzversagen führen.
Antiarrhythmika der Klasse I (z. B. Disopyramid, Chinidin) und Amiodaron können die Wirkung auf die atriale Überleitungszeit verstärken und negativ inotrope Wirkungen hervorrufen.
Insulin oder orale Antidiabetika: Blutzuckersenkende Wirkung kann verstärkt werden (vor allem bei nicht-selektiven Betablockern).
Anästhetika: Abschwächung der Reflextachykardie und erhöhtes Hypotonie-Risiko möglich. Eine Fortsetzung der Beta-Blockade reduziert das Risiko von Herzrhythmusstörungen während der Narkoseeinleitung und Intubation.
Ganglienblocker können die blutdrucksenkende Wirkung verstärken.
NSAIDs können die blutdrucksenkenden Wirkungen von Betablockern verringern.
Patienten, die Betablocker anwenden, reagieren möglicherweise nicht auf die Dosen Epinephrin, die üblicherweise zur Behandlung anaphylaktischer Reaktionen eingesetzt werden.
Bei gleichzeitiger Verabreichung von Beta-Sympathomimetika muss mit antagonistischen Effekten gerechnet werden.
Katecholamin-depletierende Arzneimittel wie z. B. Reserpin können eine additive Wirkung haben.
Moxonidin oder α2-Antagonisten (wie z. B. Clonidin) erhöhen das Risiko einer Rebound-Hypertonie nach Absetzen des Arzneimittels.
Ergot-Derivate können zu schwerer peripherer Vasokonstriktion und Hypertonie führen.
Bei gleichzeitiger intravenöser Anwendung von Digoxin können die Digoxin-Blutspiegel ansteigen.
Digitalisglykoside können bei gleichzeitiger Anwendung zudem die AV-Überleitungszeit verlängern.
Wirkstoffspezifische Wechselwirkungen müssen der jeweiligen Fachinformation entnommen werden.
Kontraindikationen
Betablocker besitzen folgende Kontraindikationen:
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder andere Betablocker
Da bei Einnahme von unselektiven Betablockern auch β2-Rezeptoren der Leber blockiert werden, kommt es zu einer Hemmung der Glykogenolyse, was mit einem erhöhten Risiko für Hypoglykämie assoziiert sein kann. Darüber hinaus werden durch β1-Blockade Warnsymptome einer Hypoglykämie (Tachykardie, Tremor, Unruhe) maskiert. Diabetiker sollten deshalb bei Therapie mit Betablockern angewiesen werden auf das Hypoglykämie-Warnsymptom Schwitzen zu achten, da dieses Acetylcholin-vermittelt ist und nicht durch Betablocker beeinträchtigt wird. Generell sollte bei Diabetikern allerdings darauf geachtet werden, dass β1-selektive Betablocker angewendet werden, um die Auswirkungen auf die Gegenregulation möglichst gering zu halten.
Wirkstoffe
Unterscheidung der einzelnen Vertreter
Vertreter dieser Gruppe lassen sich u.a. aufgrund ihrer Selektivität zu den einzelnen β-Rezeptoren, ihrer Lipophilie, ihren membranstabilisierenden Eigenschaften und ihrer intrinsisch sympathomimetischen Aktivität unterschieden werden.Propranolol ist aufgrund seiner hohen Lipophilie ZNS-gängig und wird deshalb auch zur Behandlung von Angst eingesetzt werden. Carvedilol bewirkt neben seiner Betarezeptor-blockierenden Wirkung auch eine Blockade des α1-Adrenozeptors.