Ceramide als mögliche Biomarker für T2DM-Früherkennung

Rotes Fleisch wirkt sich ungünstig auf das Diabetesrisiko aus. Nun scheint eine Erklärung gefunden worden zu sein, was im Blut dahinterstecken könnte - bestimmte Ceramidprofile. Gleichzeitig könnten diese Ceramide mögliche Biomarker für die Prävention und Früherkennung darstellen.

Biomarker

Der Mensch neigt dazu, sich ungesund zu ernähren. Das kann Herzinfarkte, Schlaganfälle, Diabetes mellitus Typ 2 (T2DM) und vieles mehr befördern.

Im Körper kommt es zu metabolischen Veränderungen, die wiederum kardiometabolische Erkrankungen auslösen. Das gilt vor allem für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und T2DM. Gelänge es, Biomarker zu identifizieren, die frühzeitig anzeigen, dass metabolisch etwas im Körper schiefläuft, könnten Menschen mit erhöhtem Risiko für kardiometabolische Erkrankungen frühzeitig identifiziert werden. Mögliche Kandidaten dafür werden bereits seit vielen Jahren diskutiert. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Lipiden im Blut, denn veränderte Lipidzusammensetzungen gelten bereits seit Jahren als Determinanten für T2DM und kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD).

Ceramide und metabolische Erkrankungen

Lipide sind jedoch nicht die einzigen interessanten Stoffwechselbestandteile. Ceramide und Dihydroceramide, bestimmte Fettmoleküle des Körpers, gelten als wichtige sekundäre Messenger in systemischen Signalkaskaden, die mit kardiometabolischen Erkrankungen zusammenhängen. In Nagern beispielsweise regulieren Ceramidmetabolite das inflammatorische Signaling, die Insulinresistenz und zelluläre Stressantworten mit. Wurden die Enzyme, die Ceramide abbauen, genetisch verändert, wirkte sich das in Studien mit Nagern entweder protektiv oder prädisponierend für schwere metabolische Beeinträchtigungen aus.

Für Ceramide und Dihydroceramide konnte in epidemiologischen Studien bereits gezeigt werden, dass sie mit CVD und T2DM assoziiert sind. Ihre Plasmakonzentration lässt sich durch die Ernährung und den Lebensstil beeinflussen. Wird beispielsweise nur die Zusammensetzung von Fettsäuren im Essen verändert, steigen das Leberfett und die Plasmalevel der Ceramide. Rotes Fleisch beispielsweise kann so etwas auslösen.

Bisher war die Studienlage im Hinblick auf CVD und T2DM jedoch ausbaufähig. Deshalb hat ein internationales Team um Clemens Wittenbecher vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD), dem Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) und weiteren Instituten sich nun umfassend mit Ceramiden und Erkrankungsrisiken befasst. Die Ergebnisse wurden im Journal »Nature Communications« veröffentlicht.

Zielsetzung

Ziel der Studie war es, den Einfluss der Ernährung auf die Ceramide im Blut zu untersuchen und herauszufinden, wie sich das möglicherweise auf die Entstehung von kardiometabolischen Erkrankungen auswirkt.

Methodik

Für die Studie wurden Daten der EPIC-Potsdam Studie verwendet und Nested Case-Kohorten geformt. In der EPIC-Potsdam Studie sind 27.548 Teilnehmende (16.644 Frauen und 10.904 Männer) zwischen dem 35. und 65. Lebensjahr eingeschlossen. Rekrutiert wurde zwischen 1994 und 1998 und alle zwei bis drei Jahre entweder mittels Fragebögen oder Telefonanrufen der Gesundheitszustand nachverfolgt.

In die Studie zu Ceramiden wurden Teilnehmende eingeschlossen, bei denen zu Beginn der Studie Blutproben genommen wurden. Davon konnten 1.671 Teilnehmende mit erhöhtem Risiko in eine CVD-Kohorte, 1.886 Teilnehmende in eine T2DM-Kohorte und 1.137 in eine zufällige Subkohorte eingeschlossen werden. Alle Fälle von CVD und T2DM wurden registriert. Für T2DM war das Enddatum der 31. August 2005 und für CVD der 30. November 2006.

Für die betroffenen Blutproben wurden Lipidprofile und genetische Analysen erstellt. Die Auswertung erfolgte mittels NetCoupler-Algorithmus, Lipidomics als neuartige analytische Plattform, genomweiter Assoziationsstudie, Pathway Enrichment Analyse, Mendelscher Randomisierung und Mediationsanalyse. Mögliche Störvariablen wurden berücksichtigt und herausgerechnet.

Ergebnisse

Von den 1.671 in der CVD-Gruppe eingeschlossenen Teilnehmenden entwickelten 551 Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In der T2DM-Kohorte waren es 775, die einen Typ 2 Diabetes mellitus bekamen.

Von Interesse waren die Ceramide und die Dihydroceramide der Betroffenen. Die Ceramide C18:0 und C22:0 sowie die Dihydroceramide C20:0 und C22:2 waren mit einem statistisch signifikant höheren T2DM-Risiko verbunden (p<0,05). Die Blutfette Ceramid C20:0 und Dihydroceramid C26:1 hingegen waren mit statistisch signifikant niedrigerem Risiko verbunden.

Auch für das CVD-Risiko konnten einzelne Blutfette herausgefiltert werden: Ceramid C16:0 und Dihydroceramid C22:2 gingen mit einem signifikant höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einher (p<0,05).

Für die Forschenden war auch von Interesse, wie sich bestimmte Lebensmittel und Essgewohnheiten auf das jeweilige Risiko auswirken. Hier wurden sie ebenfalls fündig: Der Konsum von rotem Fleisch war assoziiert mit höheren Konzentrationen von dem Dihydroceramid C20:0 und dem Ceramid 18:0 und niedrigeren Werten von Ceramid C20:0 und Dihydroceramid 26:1 (Hazard Ratio [HR] pro 2 Standardabweichungen höherem Konsum 1,31, 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,01-1,71). Diese Konstellation war assoziiert mit einem erhöhten Risiko für Typ 2 Diabetes mellitus.

Kaffeekonsum hingegen war mit einer niedrigen Konzentration des Hochrisiko-Dihydroceramid C22:2 assoziiert (inverse Assoziation: HR pro 2 Tassen = 0,87; 95%-KI 0,78-0,98) und damit einem niedrigeren Risiko für T2DM.

Fazit

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bestimmte Fettmoleküle, die im Stoffwechsel gebildet werden, daran beteiligt sind, wenn Typ 2 Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen entstehen. Auch ein Zusammenhang zwischen einer Ernährung reich an rotem Fleisch und nachteiligen Ceramidwerten im Blut wiesen die Forschenden nach. Dabei gab es Ceramide, die einen positiven Effekt auf das Risiko für T2DM zu haben schienen und solche, die das Risiko deutlich erhöhten.

Ceramide könnten sich deshalb als Biomarker in der Prävention von kardiometabolischen Erkrankungen eignen. Sie könnten auch helfen, präzisere Ernährungsansätze für Risikopatientinnen und -patienten zu erarbeiten.

Autor:
Stand:
16.03.2022
Quelle:

Wittenbecher, C. Schulze, M. et al.: Dihydroceramide- and ceramide-profiling provides insights into human cardiometabolic disease etiology. Nature Communications 2022, 13:936 DOI: 10.1038/s41467-022-28496-1

  • Teilen
  • Teilen
  • Teilen
  • Drucken
  • Senden

Anzeige