Individuelle Ernährungsberatung für Diabetiker

Eine individuelle Ernährungsberatung ist ein wichtiger Bestandteil der Diabetestherapie. Eine Initiative von 18 Diabetesorganisationen und Fachverlagen fordert daher die vollständige Kostenübernahme dieser Leistung durch die Krankenkassen.

Diabetes und Ernaehrung

Die Ernährungstherapie ist ein wichtiger Bestandteil der Basisbehandlung bei Diabetes mellitus Typ 2. In Kombination mit weiteren Änderungen des Lebensstils wie körperlicher Bewegung und Raucherentwöhnung begünstigt eine Ernährungstherapie eine möglicherweise nötige Gewichtsreduktion, eine bessere metabolische Kontrolle und ein erhöhtes Wohlbefinden. Aus diesem Grund empfehlen internationale wie nationale Diabetes-Leitlinien eine individualisierte Ernährungstherapie für jeden Patienten. Die Kosten hierfür werden allerdings nicht vollständig von den Krankenkassen übernommen, sodass nicht alle Betroffenen eine individuelle Beratung in Anspruch nehmen können.

Diabetes-Initiative fordert vollständige Kostenübernahme

Die digitale Bürgerbeteiligungsplattform www.diabetes-stimme.de fordert daher eine Kostenübernahme dieser Leistung von 100%. Die Plattform ist eine Initiative der „Digitalen Allianz Typ 2“, einem Zusammenschluss von 18 Diabetesorganisationen und Fachverlagen. „Eine individualisierte Ernährung beugt Blutzuckerentgleisungen am besten vor. Dort möchten wir ansetzen und Menschen mit Diabetes (Typ 1 oder Typ 2) die vollständige Erstattung einer individualisierten Ernährungsberatung ermöglichen“, erklärt Nicole Mattig-Fabian, Geschäftsführerin von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, der Initiatorin der Diabetes-Stimme. Die Krankenkassen übernehmen derzeit einen Betrag von 60% bis 80% der Kosten, die bis zu 400 Euro betragen können. Dies stelle für Betroffene oft eine unüberwindbare Barriere dar, so Mattig-Fabian weiter. Diese Patienten erhalten daher meist nur allgemeine Ernährungsempfehlungen, die weniger effektiv sind.  

Individuelle Ernährungstherapie auch in DMP Adipositas einführen

Daneben fordert der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands niedergelassener Diabetologen (BVND), Dr. med. Nikolaus Scheper, dass auch in dem geplanten „Disease-Management-Programm (DMP) Adipositas“ eine individualisierte Ernährungsberatung expliziter Bestandteil sein solle, um einem Diabetes mellitus Typ 2 schon in diesem Stadium vorzubeugen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gab kürzlich bekannt mit der Entwicklung des DMP Adipositas begonnen zu haben. Geplant ist dem G-BA zufolge auch, qualitätsgesicherte Schulungsangebote im DMP zu verankern. Über die Erkrankung und die relevanten Einflussfaktoren, wie unter anderem auch Ernährung, Bescheid zu wissen sei wesentlich für den Therapieerfolg. Zunächst wird das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) die Leitlinien zur Adipositasdiagnostik und -therapie bewerten. Der G-BA wird den DMP bis 31. Juli 2021 beschließen.

Einfluss von Alltagsumgebung und Lebensmittelangebot

Die Entwicklung des DMP Adipositas ist Teil der Nationalen Diabetesstrategie, die der Bundestag im Juni 2020 verabschiedete. Ziel der Strategie ist die Prävention und verbessere Therapie von Adipositas und Diabetes mellitus. Der Plan stieß auf viel Kritik, die Deutsche Diabetes Gesellschaft bezeichnete ihn als „Light“ Strategie. Ein Bestandteil ist beispielsweise eine freiwillige Zuckerreduktion von 15% in Softdrinks bis Ende 2025. Die Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Barbara Bitzer erklärte hierzu, dieses Ziel sei viel zu gering, um neue Diabetesfälle zu verhindern. Die Lebensmittelindustrie müsse hier mehr in die Verantwortung genommen werden, da ihre Produkte ganz wesentlich zu gesundem oder ungesundem Essverhalten beitrügen. Positive Effekte einer verbindlichen Zuckerreduktion in anderen Ländern seien bereits wissenschaftlich belegt.  

Diabetesprävention und -therapie ausbaufähig

Die Prävention und Therapie von Diabetes mellitus in Deutschland sind laut der Fachgesellschaften folglich noch ausbaufähig. Insbesondere beim Thema Ernährung besteht Handlungsbedarf. Die Initiative der Diabetes-Stimme richtet sich daher direkt an Gesundheitsminister Jens Spahn, Professor Josef Hecken, den unparteiischen Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sowie Dr. Doris Pfeiffer, die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes.

Autor:
Stand:
02.09.2021
Quelle:
  1. Deutsche Diabetes Hilfe: Pressemitteilung - Menschen mit Diabetes brauchen eine individualisierte Ernährungsberatung (23.08.2021)
  2. Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Individuelle Ernährungstherapie beeinflusst Diabetes mellitus Typ 2 positiv. DGEInfo (7/2018) 106-108
  3. Deutscher Bundestag: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD Start einer Nationalen Diabetes-Strategie – Gesundheitsförderung und Prävention in Deutschland und Versorgung des Diabetes mellitus zielgerichtet weiterentwickeln (01.07.202)
  4. Deutsche Diabetes Gesellschaft: Pressemitteilung – Nationale Diabetesstrategie „Light“ – eine verpasste Chance für Deutschland? Die Deutsche Diabetes Gesellschaft fordert mehr konkrete und verbindliche Maßnahmen der Politik (03.07.2021)
  5. G-BA: Pressemitteilung – G-BA beginnt mit Entwicklung eines DMP Adipositas
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