Telemedizin bei Typ-2-Diabetes

Diabetesbetroffene, die telemedizinisch betreut werden, hatten im Vergleich zur klassischen Betreuung bessere HbA1c-Werte, wie eine Meta-Analyse herausfand. Am besten schnitten die Patienten ab, deren telemedizinischer Aufwand für die Datenübertragung moderat war.

Telemedizin

Diabetes mellitus zählt zu den zehn häufigsten Todesursachen bei Erwachsenen weltweit. Typ 2 Diabetes mellitus (T2DM) ist dabei der dominierende Typ, mit 90% bis 95% aller Diabetesfälle. Das stellt das Gesundheitswesen weltweit vor Herausforderungen, denn die Versorgung von Menschen mit Diabetes ist teuer. Etwa 10% der gesamten globalen Gesundheitskosten entfallen auf die Erkrankung.

Gerade in den letzten zwei Jahren der COVID-19-Pandemie fehlte es auch in der Versorgung von Diabetikerinnen und Diabetikern an Ressourcen. Gleichzeitig sind besonders Diabetespatienten gefährdet, schwer an COVID-19 zu erkranken.

Grundlagen der Telemedizin

Eine Lösung für das Dilemma könnte zukünftig die Telemedizin bieten. Durch die Nutzung telekommunikativer Möglichkeiten und virtueller Technologien können Patientinnen und Patienten betreut, versorgt und geschult werden.

Im Englischen wird dafür differenziert: Die Telemedizin (telemedicine) steht dort für direkte klinische Dienste und Betreuung; die Telegesundheit (telehealth) - im Deutschen in der Telemedizin zusammen gefasst - hingegen umfass auch gesundheitsverwandte Dienste wie die Patientenversorgung und -schulung sowie Fernmonitoring von Vitalparametern und Co. Das Gesundheitstelemonitoring, ein dritter Aspekt des Komplexes aus Telemedizin und Telegesundheit, ist wiederum der automatisierte Prozess, bei dem Daten zum Gesundheitszustand von Patientinnen und Patienten entweder voll automatisiert oder teilautomatisiert via Computer, Tablet, Smartphone oder anderer Endgeräte über das Internet an das betreuende medizinische Personal weitergeleitet werden. Auch sie wird in Deutschland häufig unter dem Begriff „Telemedizin“ mitgemeint.

Einsatz bei Diabetesbehandlung

Ursprünglich war die Telemedizin vor allem für Menschen gedacht, die aufgrund der räumlichen oder gesundheitlichen Gegebenheiten keinen oder nur wenig Zugang zum Gesundheitswesen haben. Während der Pandemie hat sich aber gezeigt, dass die Telemedizin auch für andere Menschen einen Zugewinn bedeuten kann. So könnte sich durch das Gesundheitstelemonitoring (HTM) beispielsweise die Betreuung von Diabetikerinnen und Diabetikern mit Typ-2-Diabetes deutlich verbessern. Dadurch können sich gänzlich neue Möglichkeiten eröffnen, Menschen beim Krankheitsmanagement zu unterstützen.

Eine Meta-Analyse eines amerikanischen Forschungsteams hat sich mit diesem Thema näher befasst. Die Ergebnisse wurden im Journal »Diabetes Spectrum« veröffentlicht.

Zielsetzung

Ziel der Analyse war es, zu überprüfen, wie effektiv Telemonitoring darin ist, Patientinnen und Patienten mit Typ 2 Diabetes mellitus im Krankheitsmanagement zu unterstützen. Der Fokus lag dabei darauf, zu untersuchen, ob es gelingt, den Langzeitblutzucker HbA1c, den Blutdruck und den Body-Mass-Index (BMI) über eine Dauer von durchschnittlich 180 Tagen zu senken.

Methodik

Die publizierte Arbeit ist als systematisches Review und Meta-Analyse von 20 randomisiert-kontrollierten Studien angelegt. Eingeschlossen wurden Arbeiten, die zwischen 2015 und 2019 publiziert wurden und eine klassische ambulante Versorgung von Erwachsenen mit T2DM mit dem Einfluss von HTM verglichen. Als weitere Einschlusskriterien galten Englischsprachigkeit, Veröffentlichung in einem Peer-Review Journal sowie eine Zielbevölkerung im Alter von mindestens 18 Jahren und mit primärer T2DM-Diagnose. Interessante Zielwerte waren der HbA1c, der Blutzuckerwert, der Blutdruck und der BMI.

Durchgeführt wurden das Review und die Meta-Analyse gemäß den Cochrane Collaboration’s Methodological Guidelines. Die Untersuchung wurde bei PROSPERO registriert.

Ergebnisse

Mit den insgesamt 20 eingeschlossenen randomisiert-kontrollierten Studien lagen Datensätze zu 4.739 Menschen vor. Das Durchschnittsalter lag bei 58,3 Jahren. Von den eingeschlossenen Teilnehmenden erhielten 2.358 eine telemedizinische Versorgung und 2.381 eine klassischen ambulante Versorgung.

Die Teilnehmenden mit telemedizinischer Versorgung fielen in drei Untergruppen gemäß der Art, wie ihre Daten weitergegeben wurden.

  1. Datenweitergabe mit moderater Patienteninteraktion
  2. Automatisierte Datenweitergabe
  3. Manuelle Datenweitergabe durch die Patientinnen und Patienten

In neun Studien wurden die Vitalparameter automatisch weitergeben. Drei entfielen auf die Untergruppe 2 und fünf auf die Untergruppe 3. Drei Studien hatten keine Angaben zur Art der Datenweitergabe. Durchschnittlich dauerten die Interventionen etwa sechs Monate; eine Studie hatte eine Follow-Up-Dauer von fünf Jahren.

Einfluss auf Vitalparameter

Die telemedizinische Versorgung war mit einer signifikanten Reduktion des HbA1c assoziiert. In den betroffenen Gruppen sank der Wert um durchschnittlich 0,42% (95%-Konfidenzintervall [KI] -0.59 bis -0,26). Die Dauer der Studien hatte keinen statistisch signifikanten Einfluss auf den HbA1c.

Auch der Blutdruck sank statistisch signifikant. Mit einem systolischen Blutdruckabfall von -0,10 mmHg (p=0,0041) und einem diastolischen Abfall von -0,07 mmHg (p=0,044) sind diese Werte jedoch klinisch nicht relevant. Beim BMI konnte keine signifikante Verbesserung in der telemedizinischen Gruppe im Vergleich zur klassischen Betreuung festgestellt werden (p=0,54).

Im Vergleich der Subgruppen zeigte sich eine deutliche Tendenz: Die größten Verbesserungen erzielten die Teilnehmenden, die in der Gruppe mit dem moderaten Aufwand waren (Gruppe 1). Sie hatten die signifikant höchste Reduktion des HbA1c.

Fazit

Die Telemedizin bringt einige Vorteile mit sich. Sie ermöglicht nicht nur, Patientinnen und Patienten zu erreichen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in Ambulanzen und zu ambulanten Praxen kommen können. Sie kann auch helfen, das betreuende medizinische Personal zeitnah über Vitalparameter zu informieren und beispielsweise bezüglich des HbA1c bei Diabetikerinnen und Diabetikern auf dem aktuellen Stand zu halten. Andersherum bietet sie Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, direkt mit ihren medizinischen Akteuren in Kontakt zu treten. Das kann vor allem für Patientinnen und Patienten mit schwer kontrollierbarem Diabetes eine positive Veränderung bringen.

Autor:
Stand:
03.03.2022
Quelle:

Zhu X., Williams M.S., Patel V., Danay Sinvani L. Home telemonitoring of patients with type 2 diabetes: a meta-analysis and systematic review. Diabetes Spectrum 2022, 35(1):118-128. DOI: 10.2337/ds21-0023

  • Teilen
  • Teilen
  • Teilen
  • Drucken
  • Senden

Anzeige