Erfolge beim Fasten dank Glucocorticoid-Rezeptor auf Immunzellen

Leberzellen spielen eine zentrale Rolle beim Fasten. Sie sind jedoch nicht die einzigen. Auch Makrophagen in der Leber sind an den positiven Effekten des Fastens elementar beteiligt. Ihr Glucocorticoid-Rezeptor sorgt für die Kommunikation zwischen den verschiedenen Leberzellen.

Fasten

Periodisches Fasten ist in den letzten Jahren zu einem Hype in den sozialen Medien geworden. Vor allem Intervallfasten wird vielseitig promotet, da es gesundheitsfördernd sein soll. Studien aus den letzten Jahren scheinen das zu belegen. Kontrollierte Hungerperioden können Diabetes, Adipositas, Krebs und vielem mehr vorbeugen. Das Immunsystem scheint dabei der Schlüssel zu sein, denn durch das Fasten wird es positiv beeinflusst und chronische Entzündungszustände verbessern sich.

Fasten beeinflusst Immunsystem

Sind wir krank, sorgen Immunzellen dafür, dass wir unser Verhalten anpassen und der Körper sich metabolisch umstellt. Ähnliches passiert, wenn wir fasten oder die Kalorienzufuhr kontrolliert einschränken: Viele inflammatorische und autoimmun-bedingte Erkrankungen werden dadurch positiv beeinflusst. Bei der Krankheit Anorexia beispielsweise treten weniger bakterielle Infektionen auf, da weniger Glukose genutzt wird und mehr Ketonkörper im Blut zirkulieren. Diese limitieren gleichzeitig reaktive Sauerstoffspezies, die durch die antibakterielle Inflammation verursacht werden.

Prozesse in der Leber

Die Leber spielt während des Fastens eine zentrale Rolle. Sie sorgt dafür, dass die Glykogenolyse und die Gluconeogenese hochgefahren werden. Fettsäureoxidation und Ketogenese-verwandte Genprogramme werden eingeschaltet, um das Gehirn, die Muskeln und andere periphere Organe mit Energiesubstraten zu versorgen. Dabei spielen verschiedene Transkriptionsfaktoren eine wichtige Rolle. Durch das Fasten werden unter anderem cAMP-response-element-binding Proteine (CREB), peroxisome-proliferator-activated Rezeptor alpha (PPARα) und Glucocorticoid-Rezeptoren (GR/NR3C1) aktiviert.

Was jedoch genau in der Leber und den dortigen Immunzellen während einer Fastenperiode passiert, ist nur wenig bekannt. Deshalb hat sich nun eine Studie von Helmholtz Munich, der Universität Ulm, der Technischen Universität München (TUM), des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), des Universitätsklinikums Heidelberg und der University of Southern Denmark mit dem Thema befasst. Die Daten wurden im Journal »Cell Metabolism« veröffentlicht.

Zielsetzung

Ziel der Studie war es, zu verstehen, wie Leberzellen und Immunzellen, wie Makrophagen, in der Leber während Fastenperioden miteinander kommunizieren, um herauszufinden, welche Rolle Immunreaktionen für einen gesunden Stoffwechsel spielen.

Methodik

Für die Studie nutzte das deutsche Team verschiedene Mausmodelle. Die Tiere mussten für 3, 8, 16 und 24 Stunden fasten, bevor ihnen die Leber entnommen wurde und die DNA der Hepatozyten und Immunzellen mittels INTACT (Isolation of Nuclei Tagged in specific Cell Types), RNA- und ATAC (Assay for Transposase-Accessible Chromatin)-Sequenzierung analysiert wurde. Die Ergebnisse wurden mit denen von ad libitum gefütterten Tieren verglichen. Untersucht wurden unter anderem die transkriptionellen Fastenantworten der Hepatozyten und die geclusterten, fastenregulierten, hepatozytenselektiven Gene.

Um zu testen, welchen Effekt der Glucocorticoid-Rezeptor auf die interzelluläre Kommunikation und die Fasteneffekte wie die Ketogenese hat, wurde zusätzlich mittels Adeno-assoziiertem Virusvektor der Glucocorticoid-Rezeptor in den Makrophagen ausgeschaltet.

Ergebnisse

Die Studie aus der Grundlagenforschung an Mausmodellen brachte neue Erkenntnisse zum Glucocorticoid-Rezeptor auf Leberzellen und hepatischen Makrophagen. Zunächst untersuchte das Forscherteam die hepatische Antwort auf das Fasten in verschiedenen Maustypen. In beiden getesteten Typen zeigte sich ein ähnliches Bild von Gewichtsverlust, Genexpressionsmustern für hepatische Schlüsselgene beim Fasten und ein ähnliches Gesamtbild an Blutmetaboliten und -Hormonen.

Bereits drei Stunden nach Fastenbeginn konnte ein Anreicherung in Signalwegen der Gluconeogenese und der Fettsäureoxidation sowie des PPAR-Signalwegs in den Makrophagen festgestellt werden. Das zeigte sich auch in der transkriptionellen Fastenantwort und den durch das Fasten induzierten Genen. Dazu zählten die Forkhead Box Proteine O1 (FOXO1) und FOXO3 zusammen mit dem Glucocorticoid-Rezeptor (GR). Etwa 16 Stunden nach Fastenbeginn fiel diese Antwort jedoch wieder ab.

Auch andere Gene, die für Signalmoleküle kodieren, waren davon betroffen. Diese Signalmoleküle sind unter anderem für die Kommunikation mit anderen Zellarten in der Leber wichtig. Der Glucocorticoid-Rezeptor war hierfür der Schlüsselregulator für Gene, die früh beim Fasten angeregt werden.

Die wichtige Rolle des Glucocorticoid-Rezeptors bestätigte sich auch in weiteren Experimenten: Wurde der Glucocorticoid-Rezeptor nur in den Makrophagen ausgeschaltet, wurde die Induktion von beta-Hydroxbutyrat im Blut signifikant gestört. Auch mehrere Gene, die mit der Fettsäureoxidation und der Ketogenese zusammenhängen, sanken in ihrer Expression. Der Verlust des makrophagischen GRs führte zu einer Störung des Genprogrammes. Gleichzeitig stieg die Expression des Tumornekrosefaktors (TNF). Umgekehrt unterdrückte in Makrophagen mit funktionsfähigem GR der Rezeptor die TNF-Expression und ermöglichte so die nukleäre Translokation von hepatozytärem GR.

Gleichzeitig regulierte der Makrophagen-GR die Ketogenese nicht nur während des Fastens, sondern auch in Endotoxämie-Versuchen. Kurz: der Glucocorticoid-Rezeptor unterdrückte Zytokine und förderte ein durch Fasten-induziertes Umprogrammieren vom Makrophagensekretom. Ohne den Glucocorticoid-Rezeptor auf den Makrophagen konnte die Ketogenese während des Fastens nicht gestartet werden.

Fazit

Die Grundlagenstudie konnte zeigen, dass der Effekt von Fasten nicht nur durch die Leberzellen selbst entsteht. Eine Schlüsselrolle spielen vermutlich auch die Immunzellen in der Leber, insbesondere die Makrophagen und ihr intrazellulär gelegener Glucocorticoid-Rezeptor. Er beeinflusst die Ketogenese in den Leberzellen. Das könnte eine mögliche Erklärung dafür sein, wie das Immunsystem bei inflammatorischen Erkrankungen und Infektionen metabolisch Einfluss nimmt. Der Studienleiter aus dem Helmholtz Munich, Stephan Herzig, fasste zusammen:

„Freiwilliges Fasten wirkt sich nachweislich positiv auf unsere Gesundheit aus. Es kann einer Reihe menschlicher Stoffwechselkrankheiten vorbeugen, darunter Typ-2-Diabetes und Adipositas. Die Zahl der Menschen, die an diesen Stoffwechselkrankheiten leiden, nimmt in erschreckendem Maße zu. Eine Verlangsamung dieses Trends ist nicht in Sicht. Unsere Erkenntnisse dienen dem Verständnis der molekularen Mechanismen, die diesen Krankheiten zugrunde liegen. Sie werden maßgeblich dazu beitragen, wirksame Therapien auf der Basis von Fasten zu entwickeln – mit dem Ziel, dass diese so schnell wie möglich bei den Patientinnen und Patienten ankommen.“

Autor:
Stand:
15.04.2022
Quelle:
  1. Loft A. Et al. A macrophage-hepatocyte glucocorticoid receptor coordinates fasting ketogenesis. Cell Metabolism 2022; 34(3):473-486. DOI: 10.1016/j.cmet.2022.01.004
  2. Helmholtz Munich: Pressemitteilung – Großer Schritt auf dem Weg zu Fasten-Therapien (08.02.2022)
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