
Was ist Livmarli und wofür wird es angewendet?
Die Europäische Kommission ist der Empfehlung des Pharmakovigilanz-Ausschuss (Committee for Medicinal Products for Human Use [CHMP]) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA]) gefolgt und hat Livmarli (Maralixibat) für die Behandlung von cholestatischem Pruritus beim Alagille-Syndrom (ALGS) zugelassen. Das Arzneimittel der Firma Mirum Pharmaceuticals darf für Patienten ab zwei Monaten verwendet werden.
Das Alagille-Syndrom ist eine sehr seltene genetische Erkrankung, die zu Gallenstauung und cholestatischem Juckreiz führt. Livmarli wurde am 18. Dezember 2013 als Arzneimittel für seltene Leiden (Orphan-Drug) ausgewiesen.
Wie wird Livmarli angewendet?
Livmarli (Maralixibat) wird als Lösung zum Einnehmen angeboten und einmal täglich verabreicht. Die Dosis richtet sich nach dem Körpergewicht des Patienten. Die Behandlung wird mit einer niedrigen Dosis begonnen, die nach einer Woche erhöht wird. Im Fall von Nebenwirkungen muss die Dosis ggf. reduziert oder die Behandlung unterbrochen werden. Bessern sich die Beschwerden nach drei Monaten nicht, sollte der Arzt/die Ärztin eine alternative Behandlung in Erwägung ziehen.
Hinweis: Die Behandlung mit Livmarli muss von einem Arzt eingeleitet und überwacht werden, der Erfahrung in der Behandlung von cholestatischen Lebererkrankungen wie dem ALGS hat.
Dosierung
Die empfohlene Zieldosis liegt bei einmal täglich 380 μg Maralixibat pro Kilogramm Körpergewicht. Als Anfangsdosis werden 190 μg/kg einmal täglich oral mit einer Applikationsspritze verabreicht. Nach einer Woche wird diese auf 380 μg/kg einmal täglich erhöht.
Bei schlechter Verträglichkeit kann eine Dosisreduktion auf 190 μg/kg pro Tag oder eine Behandlungsunterbrechung erforderlich sein. Eine erneuter Dosiseskalationsversuch ist möglich. Die empfohlene maximale Tagesdosis für Patienten über 70 kg beträgt 3 ml (28,5 mg).
Wie wirkt Livmarli
Maralixibatchlorid, der Wirkstoff in Livmarli, ist ein minimal resorbierter, reversibler, stark wirksamer selektiver Inhibitor des apikalen natriumabhängigen Gallensäuretransporters (Apical Sodium Dependent Bile Acid Transporter [ASBT]), der auch als idealer Gallensäuretransporter (Ileal Bile Acid Transporter [IBAT]) bezeichnet wird. Livmarli wirkt lokal im distalen Ileum. Es senkt die Gallensäurekonzentration im Serum, indem es die Wiederaufnahme von Gallensäuren verringert und deren Clearance über das Kolon verstärkt. Infolge wird die Ansammlung von Gallensäure reduziert und cholestatischer Juckreiz gelindert.
Gegenanzeigen
Livmarli darf nicht bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen enthaltenen Bestandteile eingenommen werden.
Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen bei der Behandlung mit Livmarli waren Diarrhoe und Abdominalschmerzen.
Wechselwirkungen
In-vitro-Studien zeigen, dass Maralixibat ein OATP2B1-Inhibitor ist. Damit kann eine Abnahme der oralen Resorption von OATP2B1-Substraten wie Fluvastatin oder Rosuvastatin aufgrund der OATP2B1-Hemmung im Gastrointestinaltrakt nicht ausgeschlossen werden. Zudem ist Maralixibat ein CYP3A4-Inhibitor. Dies kann gesteigerte Plasmakonzentration von CYP3A4-Substraten wie Midazolam und Simvastatin zur Folge haben.
Studienlage
Der Nutzen von Livmarli wurde in zwei Hauptstudien untersucht.
Studie 1
Die erste Studie umfasste 31 Kinder mit Alagille-Syndrom zwischen 1–18 Jahren, die 18 Wochen lang mit Livmarli behandelt wurden. Bei 29 Patienten sank die Gallensäurekonzentration im Serum nach der ersten 18-wöchigen Behandlung um mindestens 50%. Diese erhielten anschließend entweder Placebo oder Livmarli über einen Zeitraum von vier Wochen.
Nach den vier Wochen zeigte die Livmarli-Gruppe weiterhin niedrige Gallensäurespiegel, während im Placebo-Arm ein signifikanter Anstieg zu verzeichnen war. Nach dieser vierwöchigen Phase bekamen alle Patienten erneut Livmarli.
Bei den Probanden, die zuvor Placebo erhalten hatten, sank die Gallensäurekonzentration im Serum auf die zuvor unter Livmarli beobachteten Spiegel. Zusätzlich wurde unter der Behandlung mit Livmarli der cholestatische Juckreiz verbessert.
Studie 2
In der zweiten Studie nahmen acht Kinder im Alter von 2–12 Monaten teil. Nach einer 13-wöchigen Behandlung mit Livmarli nahmen die Gallensäurespiegel ab und der mit der Erkrankung verbundene Pruritus verringerte sich.
Hintergrund der Zulassung
Das Alagille-Syndrom ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, für die zum Zeitpunkt der Zulassung von Livmarli keine andere zugelassene Therapieform existierte. Da die Krankheit sehr selten ist, fiel der Studienumfang klein aus und war mit Einschränkungen verbunden. Livmarli konnte dennoch überzeugen, sowohl bei der Reduzierung der Gallensäurekonzentration im Serum als auch bei der Verbesserung der damit verbundenen Symptome wie zum Beispiel intensivem Juckreiz.
Die Zulassung von Livmarli erfolgte unter „außergewöhnlichen Umständen“.