Corona-Impfung in der Schwangerschaft: Ja, nein, vielleicht?

Die Ständige Impfkommission (STIKO) spricht sich in ihrem neuen Beschlussentwurf für die COVID-19-Impfung von Schwangeren ab dem 2. Schwangerschaftsdrittel sowie von Stillenden mit zwei Dosen eines mRNA-Impfstoffs aus.

Impfung-Schwangere

Zuvor empfahl die STIKO die Corona-Impfung nur für Schwangere mit bestimmten Vorerkrankungen oder mit höherem Expositionsrisiko nach ärztlicher Aufklärung. Ausgenommen von der Empfehlung sind Schwangere im 1. Trimenon, da es für die frühe Schwangerschaft zu wenig Daten gebe und das Immunsystem im 1. Trimenon durch die Entwicklung der Plazenta sehr aktiv sei, so dass man in dieser Phase immunologische Veränderungen, etwa durch eine typische Impfreaktion wie Fieber, möglichst vermeiden wolle.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigte sich erfreut über die Stellungnahme: „Auch schwangere und stillende Frauen haben nun eine klare Empfehlung zur Impfung. Das bedeutet nach vielen Monaten mit vielen offenen Fragen nun endlich wissenschaftlich begründete Gewissheit.“

Darüber hinaus empfiehlt die STIKO auch ausdrücklich allen noch nicht oder unvollständig Geimpften im gebärfähigen Alter sich gegen SARS-CoV-2 impfen zu lassen, damit bereits vor Eintritt einer Schwangerschaft ein sehr guter Schutz vor dieser Erkrankung bestehe.

Studiendaten positiv

Die Empfehlung basiert auf einer systematischen Aufarbeitung der in den letzten Wochen verfügbar gewordenen Daten zum Risiko von schweren COVID-19 Verläufen in der Schwangerschaft sowie zur Effektivität und Sicherheit einer COVID-19-Impfung bei Schwangeren und Stillenden.

Eine israelische Studie mit knapp 11000 geimpften Schwangeren, die in Nature Medicine am 7. September 2021 veröffentlicht wurde, zeigte, dass der mRNA-Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer bei schwangeren Frauen gegenüber der zum Zeitpunkt der Studie in Israel zirkulierenden Varianten hochwirksam war, wobei die Impfstoffwirksamkeit mit der in der Allgemeinbevölkerung geschätzten Impfstoffwirksamkeit vergleichbar war. Darüber hinaus wurde kein Risikosignal zu schweren unerwünschten Wirkungen registriert.

Der eine so, der andere so

Im Gegensatz zur STIKO sprach sich die Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) der BVF und der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) sowie neun weitere ärztliche Fachinstitutionen in Deutschland seit Mai 2021 bereits für die Corona-Impfung von Schwangeren und Stillenden aus:

„In informierter partizipativer Entscheidungsfindung und nach Ausschluss allgemeiner Kontraindikationen wird empfohlen, Schwangere priorisiert mit mRNA-basiertem Impfstoff gegenCOVID-19 zu impfen. Um Schwangere auch indirekt zu schützen, wird weiterhin die priorisierte Impfung von engen Kontaktpersonen von Schwangeren, insbesondere deren Partner/-innen, sowie Hebammen und Ärzte/-innen empfohlen. Es wird empfohlen, stillenden Frauen eine mRNA-basierte Impfung gegen COVID-19 anzubieten und zu ermöglichen.“

In den USA wurde durch die Gesundheitsbehörde CDC schon im August die Corona-Impfung für Schwangere und Stillende empfohlen; In Großbritannien sprach sich das STIKO-Pendant Joint Commission on Vaccination and Immunization (JCVI) bereits im Juli für Selbige aus.

Schwangerschaft als Risikofaktor

Eine Schwangerschaft galt innerhalb der Pandemie schon recht früh als Risikofaktor für schwerere COVID-19-Verläufe. So zeigte eine Studie, welche bereits im Juni 2020 veröffentlicht wurde, dass Schwangere mit COVID-19 im Vergleich zu Nicht-Schwangeren unter Betrachtung weiterer Risikofaktoren ein 1,5-fach höheres Risiko für eine Aufnahme auf die Intensivstation und ein 1,7-fach höheres Risiko (CI: 1,2-2,4) für eine maschinelle Beatmung hatten [1].

Darüber hinaus zeigte eine Meta-Analyse von 42 Beobachtungsstudien (retrospektive und prospektive Kohortenstudien und Fall-Kontroll-Studien) einige Effekte von COVID-19 auf Schwangere im Vergleich zu Nicht-infizierten Schwangeren [2,4]:

  • Höheres Risiko für eine Präeklampsie: Bei Schwangeren mit COVID-19 war dabei das Verhältnis zwischen an Präeklampsie erkrankten Schwangeren und nicht-erkrankten Schwangeren 33 Prozent höher als bei Schwangeren ohne COVID-19 (Odds Ratio 1,33, CI: 1,03-1,73).
  • Höhere Rate an Frühgeburten und Todgeburten (OR 1,82; CI: 1,38-2,39 und OR 2,11; CI: 1,14-3,90). Schwangere mussten eher auf die Intensivstation aufgenommen werden als Nicht-Schwangere (OR 4,78; CI: 2,03-11,25).

Laufende Registerstudien bündeln Daten zu Schwangeren und untersuchen weiter den Einfluss einer COVID-19-Erkrankung [4], beispielsweise:

  • CRONOS, eine Registerstudie der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGMP) und
  • PAN-COVID, eine Registerstudie des Imperial College London und der Cardiff University, die voraussichtlich noch bis September 2021 läuft.

Laufende Studien

Im Studien-Register ClinicalTrials.gov sind zurzeit elf Studien zu dem Einfluss von COVID-19-Impfungen auf Schwangere registriert, darunter:

  • eine Registerstudie von Moderna (NCT04958304) mit 1000 schwangeren Probandinnen, die den mRNA-Impfstoff mRNA-1273 erhalten; läuft noch bis voraussichtlich Dezember 2023
  • eine randomisierte kontrollierte Studie von Biontech (NCT04754594), mit 700 schwangeren Probandinnen, die den mRNA-Impfstoff Comirnaty erhalten; läuft noch bis voraussichtlich Oktober 2022

Aussicht

Der Beschlussentwurf der STIKO mit dazugehöriger ausführlicher wissenschaftlicher Begründung ist in das vorgeschriebene Stellungnahmeverfahren mit den Bundesländern und den beteiligten Fachkreisen gegangen. Die endgültige Empfehlung erscheint nach Abschluss des Stellungnahmeverfahrens und nachfolgender erneuter Beratung der STIKO zeitnah im Epidemiologischen Bulletin.

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