Desinfektionsmittel in der Schwangerschaft erhöhen das Asthma-Risiko

Das Risiko, dass Kinder bis zum dritten Lebensjahr Allergien entwickeln, steigt mit zunehmender Desinfektionsmittelexposition der Mutter während der Schwangerschaft. Täglicher Kontakt ist mit einem 26 Prozent höheren Asthma- und 29 Prozent höheren Ekzem-Risiko verbunden.

Desinfektionsmittel

Der Gebrauch von Desinfektionsmitteln ist in Zeiten der Corona-Pandemie erheblich gestiegen, sowohl durch medizinisches Fachpersonal als auch durch die allgemeine Bevölkerung. Dies könnte sich auf die allergische Disposition neugeborener Kinder auswirken. Ein erhöhtes Asthma- und Dermatitis-Risiko durch Exposition gegenüber Desinfektionsmitteln am Arbeitsplatz wurde bereits durch frühere Studien belegt. Jetzt untersuchte ein Forscherteam um Dr. Reiji Kojima der University of Yamanashi in Japan, ob dies auch auf Kinder exponierter Schwangerer zutrifft. Die Ergebnisse der prospektiven Kohortenstudie wurden im Fachjournal Occupational & Environmental Medicine publiziert.

Zielsetzung

Die Wissenschaftler untersuchten, ob die berufliche Verwendung von Desinfektionsmitteln während der Schwangerschaft mit der Entwicklung einer allergischen Erkrankung (speziell Asthma, Ekzeme und Nahrungsmittelallergien) bei den Nachkommen assoziiert ist.

Methodik

In die aktuelle Studie flossen Datensätze von 78.915 Mutter-Kind-Paaren ein, die bereits an der vom japanischen Umweltministerium finanzierten landesweiten Geburtskohortenstudie „Japan Environment and Children's Study2“ (JECS) zwischen Januar 2011 und März 2014 teilnahmen. Die Teilnehmerinnen wurden per selbstausgefüllten Fragebogen über die Nutzung von Desinfektionsmitteln am Arbeitsplatz im zweiten/dritten Trimester (22–28 Schwangerschaftswochen) befragt. Die Antwortmöglichkeiten waren „nie“, „1–3 Mal pro Monat“, „1–6 Mal pro Woche“ und „jeden Tag“. Zudem gaben die Mütter Auskunft darüber, ob bei ihren Kindern bis zum 3. Lebensjahr eine allergische Erkrankung (Asthma, Ekzeme und Nahrungsmittelallergien) ärztlich diagnostiziert wurde.

Ergebnisse

Das Risiko der Kinder, bis zum dritten Lebensjahr allergische Erkrankungen zu entwickeln, stieg mit zunehmender pränataler Desinfektionsmittelexposition an. Im Vergleich zu Müttern, die nie Desinfektionsmittel nutzten, hatten Kinder, deren Mütter täglich Desinfektionsmittel verwendeten, ein 26 Prozent höheres Asthma- und ein 29 Prozent höheres Ekzem-Risiko. Statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen Desinfektionsmitteln und Lebensmittelallergien waren nicht feststellbar.

Fazit

Die Verwendung von Desinfektionsmitteln während der Schwangerschaft scheint tatsächlich ein Risikofaktor für Allergien bei den Nachkommen zu sein. Die Studienautoren sehen einen signifikanten Zusammenhang zwischen Desinfektionsmittelexposition und dem Auftreten von Asthma und Ekzemen. Dafür nennen sie drei mögliche Gründe:

  • Ein häufiger Gebrauch von Desinfektionsmitteln könnte die Hautflora der Schwangeren verändern. Die Darmmikrobiota eines Neugeborenen wird wiederum von der mütterlichen Flora (Darm, Vagina und Haut) beeinflusst. Zudem gibt es Hinweise, dass die kindliche Darmmikroflora mit der Entwicklung allergischer Erkrankungen im späteren Leben assoziiert ist und dass eine Dysregulation der mütterlichen Hautmikroflora zur Entwicklung allergischer Erkrankungen beim Kind beitragen kann.
  • Die zweite Möglichkeit ist eine Veränderung der fötalen Immunabwehr. Desinfektionsmittel könnten transplazentar auf das Ungeborene übertragen werden und die Entwicklung des Immunsystems in Richtung einer allergischen Disposition beeinflussen.
  • Drittens ist es denkbar, dass eine direkte postnatale Exposition und Sensibilisierung zu Asthma und Ekzemen führen. So könnten die Kinder die Desinfektionsmittelmoleküle auf der Haut ihrer Mütter eingeatmet oder berührt haben, ohne dass das Mikrobiom beteiligt war.

Hier sollte weiter geforscht werden.

Autor:
Stand:
04.04.2022
Quelle:

Kojima, R. et al. (2022): Prenatal occupational disinfectant exposure and childhood allergies: the Japan Environment and Children’s study. Occup Environ Med. 2022 Mar; DOI: 10.1136/oemed-2021-108034.

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