
Eisenmangel und Eisenmangelanämie sind ein häufiger Befund in der Schwangerschaft. Die Prävalenz einer Eisenmangelanämie wird auf etwa 15-20 % geschätzt. Während der Schwangerschaft steigt der Eisenbedarf an und ein schwerer Mangel an dem Spurenelement führt auch beim Fetus bzw. dem Neugeborenen zu einem Eisenmangel bzw. zu Anämie.
Bereits Hinweise aus Tiermodellen
Bisher gab es Hinweise aus Tiermodellen und klinischen Studien zur Eisensubstitution in der Schwangerschaft, dass es einen Zusammenhang zwischen Eisenmangel bei Schwangeren und dem Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen beim Nachwuchs geben könnte. Auch Störungen, die dem autistischen Formenkreis zuzurechnen sind, waren dabei aufgefallen. Diese frühen Studienergebnisse waren für die Wissenschaftler des schwedischen Karolinska-Institutes Anlass, zu untersuchen, ob und in welchem Stadium der Schwangerschaft eine Anämie das Risiko für Autismus, ADHS und geistige Behinderung erhöht.
Daten von rund 300.000 Müttern und deren Nachwuchs analysiert
Dazu filterten sie aus den Gesundheits- und Populationsregistern der „Stockholm Youth Cohort“ die Daten von 299 768 Müttern heraus, die ihre Kinder zwischen 1987 und 2010 geboren hatten. Dabei wurden vor allem registriert, ob und wann die Frauen während der Schwangerschaft eine Anämie entwickelt hatten. Genauer gesagt: war die Blutarmut vor oder nach der 31. Gestationswoche aufgetreten. Vor der 31. Gestationswoche entwickelte nur etwa 1 % der Frauen eine Anämie.
Risikosteigerung für Autismus: 40 Prozent
Die Kinder der früh anämischen Mütter erkrankten zu 4,9 % an einer Autismus-Spektrum-Störung. Die Kinder gesunder Mütter erkrankten nur zu 3,5 % (Odds Ratio 1,44; Konfidenzintervall (KI): 1,13-1,84). Das entspricht einer Risikosteigerung von über 40 % für autistische Störungen.
Eine ADHS wurde bei 9,3 % der Kinder von früh anämischen Müttern diagnostiziert gegenüber einer Häufigkeit von 7,1 % bei Kindern gesunder Mütter (Odds Ratio 1,37; 1,14-1,64).
Doppeltes Risiko für geistige Behinderung
Das größte Risiko – nämlich eine Verdopplung – besteht für eine geistige Behinderung: Diese wurde bei 3,1 % der Kinder in der Gruppe mit früh anämischen Müttern festgestellt, bei den Kindern von Müttern ohne Anämie waren es 1,3 % (Odds Ratio 2,20; KI 1,61-3,01).
Einen Zusammenhang zwischen diesen neuropsychiatrischen Störungen der Kinder mit einer mütterlichen Anämie, die erst in der Spätschwangerschaft diagnostiziert worden war, konnten die schwedischen Wissenschaftler nicht feststellen.
Eisenmangel in der Frühschwangerschaft beheben
In ihrem Fazit betonen die Autoren, dass ihre Ergebnisse die Wichtigkeit einer guten pränatalen Schwangerenbetreuung hinweisen. Dabei sollte bereits in der Frühschwangerschaft der Eisenstatus und Blutbild erhoben werden und bei einer Eisenmangelanämie entsprechend substituiert werden.