Endosalpingiose: Krebsrisiko höher als bei Endometriose

Wird während einer Operation im Bauchraum eine Endosalpingiose festgestellt, handelt es sich keineswegs um einen harmlosen Zufallsbefund. Denn bei 40% dieser Patientinnen besteht gleichzeitig eine Krebserkrankung.

Aerztin Gespraech Patientin

„Endosalpingiose ist versprengtes Tubenepithel, das manchmal als Zufallsbefund während einer Operation festgestellt wird und eigentlich keinen Krankheitswert hat“, so mag mancher Operateur die Endosalpingiose im Hinterkopf haben. Doch diese Definition ist mittlerweile überholt. Zwar ist die  Endosalpingiose per se benigne und verursacht im Gegensatz zur Endometriose nur selten Beschwerden wie Schmerzen oder Infertilität, doch ihr Krankheitswert kann dennoch beachtlich sein.

Assoziation mit Malignomen

Denn in den letzten Jahren haben sich die Hinweise verdichtet, dass die Endosalpingiose mit Krebserkrankungen, vor allem dem Ovarialkarzinom, eng vergesellschaftet ist.   

US-amerikanische Mediziner wollten nun genau wissen, ob eine Endosalpingiose (ES) im Vergleich zur Endometriose (EM) eine erhöhte Assoziation mit gynäkologischen Malignomen aufweist [1].

Endosalpingiose auch nach der Menopause

Für ihre retrospektive Fall-Kontroll-Studie verglichen sie die Daten von 515 Patientinnen mit Endosalpingiose und 452 Patientinnen mit Endometriose, die sich einem operativen Eingriff unterzogen hatten. Da im Gegensatz zur Endometriose die Endosalpingiose einen Prävalenzanstieg mit dem Alter über die Menopause hinaus zeigt, waren die ES-Patientinnen erwartungsgemäß deutlich älter als die EM-Patientinnen (mittleres Alter 52 vs. 48 Jahren, p < 0,001).

Im Mittel wurden die Teilnehmerinnen nach der OP mehr als sechs Jahre nachbeobachtet.

Häufiger Tumore, schlechteres Gesamtüberleben

Das Ergebnis der Studie: Bei Patientinnen der Endosalpingiose-Gruppe wurde zum Zeitpunkt der Operation signifikant häufiger gleichzeitig eine Krebsdiagnose gestellt als bei den Teilnehmerinnen der Endometriose-Gruppe (40,2% vs. 18,1%; adjustierte Odds Ratio [aOR] 2,48; p<0,001). Der Unterschied blieb auch nach Ausschluss von Patientinnen mit bekannter oder vermuteter Malignität signifikant (21,0% vs. 5,6%; p<0,001).

Nach der rechnerischen Bereinigung um Störfaktoren, zeigte die multivariable Analyse, dass bei ES-Patientinnen häufiger Krebs bei der Operation diagnostiziert wurde (OR = 2,48, p < 0,001) und ein höheres Sterberisiko bestand (OR = 1,69, p = 0,017).

Auch im Verlauf der mittleren Nachbeobachtungszeit von mehr als sechs Jahren (72,7 Monate) waren die Patientinnen in der Endosalpingiose-Gruppe schlechter dran: So lag das Gesamtüberleben (10-Jahres-Overall Survival -Rate) bei 77,0%, in der Endometriose-Gruppe betrug der Wert 90,5% (p<0,001).

Häufig Borderline-Tumore bei Ovarial-Ca

Patientinnen mit einer gleichzeitigen Diagnose von Endosalpingiose und Ovarialkarzinom hatten häufiger einen Borderline-Tumor (37,2% vs. 2,7%; p<0,001) und eine muzinöse Histologie (14,4% vs. 0,0%; p=0,011) als Patientinnen mit Endometriose.

Weitere Studien, die eine längere Nachbeobachtung und die Untersuchung der molekularen Zusammenhänge zwischen ES und Krebs beinhalten, stehen noch aus. Nach Ansicht der Autoren seien diese allerdings erforderlich, um die Patientenberatung, das Screening und die Risikominderung zu verbessern.

Autor:
Stand:
19.09.2022
Quelle:

Lewis et al. (2022): The association of endosalpingiosis with gynecologic malignancy. Gynecologic Oncology, DOI: https://doi.org/10.1016/j.ygyno.2022.07.025

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