
Keine Frage: Bei einer Kaiserschnittentbindung benötigt die Frau einen suffizienten Infektionsschutz. Nationale und internationale Leitlinien empfehlen hier die Antibiotikagabe vor der Abnabelung. Doch ist das sinnvoll? Oder wäre es nicht auch möglich, die Antibiotika-Prophylaxe erst nach dem Kappen der Nabelschnur zu verabreichen? Damit würde dem Kind die Belastung mit dem Medikament erspart werden. Da diese nicht sehr hoch ist, galt das Risiko bisher als vernachlässigbar.
Mikrobiom-Entwicklung beeinträchtigt
Allerdings haben die Erkenntnisse um das Mikrobiom zugenommen. Dazu gehört auch die Entwicklung einer gesunden Damflora – also seines Mikrobioms. Und diese könnte durch die perinatale Antibiotikagabe langfristig gestört werden. Dies kann wiederum zur Folge haben, dass die Entwicklung des Gehirns oder des Immunsystems beeinträchtigt wird.
Infektionsschutz der Mutter…
Um dies zu vermeiden, genügt es eigentlich, die Antibiotikaprophylaxe bei der Mutter erst nach der Abnabelung zu geben. Doch ist sie dann noch geschützt?
Dieser Frage sind Gynäkologen und Infektiologen des Inselspitals der Universität Bern (Schweiz) nachgegangen: Sie werteten die Daten von insgesamt 55.901 Kaiserschnitten aus, die in 75 Spitälern der Schweiz zwischen 2009 und 2018 vorgenommen worden waren.
Untersucht wurde die Beziehung zwischen dem Zeitpunkt der antimikrobiellen Prophylaxe und dem Eintreten einer Infektion in Bereich des Bauchschnittes. Verglichen wurden 26.405 Eingriffe mit Antibiotikagabe vor dem Hautschnitt und 29.496 Eingriffe mit Antibiotikaprophylaxe nach der Kindsabnabelung.
… unabhängig vom Zeitpunkt der Antibiotikagabe
Ergebnis: Insgesamt wurden 846 Wundinfektionen festgestellt. Davon ereigneten sich 379 (1,6 %) bei Frauen, denen das Antibiotikum vor dem Kaiserschnitt verabreicht wurde und 449 (1,7 %) bei jenen, die es nach der Sectio bekamen.
Somit ergab sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen beiden Methoden. Demnach hat die Antibiotikagabe nach der Abnabelung keine Nachteile für die Mutter, verbessert die Situation für das Neugeborene jedoch erheblich.
Änderung des üblichen Vorgehens?
Die Schweizer Wissenschaftler erhoffen sich, dass ihre Ergebnisse dazu beitragen, die gängige Praxis der Antibiotikaprophylaxe beim Kaiserschnitt künftig weltweit anzupassen.