STIKO empfiehlt Pertussis-Impfung in der Schwangerschaft

Schwangere sollten zu Beginn des 3. Trimenons eine Pertussis-Impfung erhalten; bei erhöhtem Frühgeburtsrisiko wird diese bereits im 2. Trimenon empfohlen.

Schwangere

Aktuelle STIKO-Empfehlung zur Pertussis-Impfung

Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts (RKI) empfiehlt Schwangeren, sich zu Beginn des 3. Trimenons bzw. in der 28. Schwangerschaftswoche mit einem Tdap-Kombinationsimpfstoff gegen Pertussis  impfen zu lassen. Bei einer sich abzeichnenden Frühgeburt wird die maternale Immunisierung bereits im 2. Schwangerschaftsdrittel angeraten. Laut STIKO ist die Impfung gegen Keuchhusten unabhängig vom Abstand zu einer vorherigen Pertussis-Impfung sinnvoll. Zudem sollte sie in jeder Schwangerschaft wiederholt werden.

Diese Empfehlungen wurden von der STIKO auf ihrer 95. Sitzung am 4. März 2020 beschlossen. Die wissenschaftlichen Hintergründe sind im Epidemiologischen Bulletin 13/20 zusammengefasst.

Zielsetzung

Gemäß den Empfehlungen der STIKO erfolgt eine Grundimmunisierung gegen Keuchhusten ab dem zweiten Lebensmonat. Trotz hoher Impfquoten bei Kindern gibt es dennoch weltweit jedes Jahr eine beträchtliche Anzahl an Keuchhusten-Fällen. Vor allem Säuglinge unter zwei Monaten infizieren sich mit der hochansteckenden Infektionskrankheit. Typische Folgen sind Pneumonien, Apnoen, Otitiden, Enzephalopathien und pulmonale Hypertonien. Mit einer maternalen Immunisierung gemäß der aktuellen STIKO-Empfehlung sollen Erkrankungen, Hospitalisierungen und Todesfälle durch Infektionen mit dem Keuchhusten-Erreger Bordetella pertussis bei den Kleinsten reduziert werden. Nach einer Pertussis-Impfung in der Schwangerschaft werden die Antikörper auf das Baby übertragen, sodass die Krankheitsrate bei Neugeborenen und jungen Säuglingen gesenkt werden kann.

Begründung der STIKO-Empfehlungen

Das Komplikationsrisiko von Pertussis ist bei Säuglingen unter sechs Monaten am höchsten. Die Mehrzahl an schweren und letalen Verläufen wird bei Kindern unter zwei Monaten beobachtet. Unterschiedliche Studien zeigen, dass die meisten schwangeren Frauen in westlichen Ländern nur sehr niedrige Pertussis-spezifische Antikörperkonzentrationen aufweisen. Dadurch vermindert sich der Schutz der Neugeborenen durch eine diaplazentare Übertragung von Antikörpern in den ersten Lebensmonaten erheblich – oder bleibt ganz aus. Nach einer Impfung steigt die Konzentration der Antikörper sowohl bei der werdenden Mutter als auch bei ihrem Baby.

Studienlage

Die von der STIKO ins Leben gerufene Arbeitsgruppe Pertussis bewertet die Evidenz bezüglich der Sicherheit und Effektivität einer Impfung Schwangerer zum Schutz junger Säuglinge positiv. So ergeben Studien eine Effektivität der Impfung zur Verhinderung von Keuchhusten bei Babys unter zwei bis drei Monaten von 69 bis 93 Prozent. Darüber hinaus zeigen Studien, dass Kinder nach einer maternalen Pertussis-Immunisierung seltener an komplexen chronischen Erkrankungen leiden. Ferner nahm die Wahrscheinlichkeit des Auftretens seltener Autismus-Spektrum-Störungen (Autism Spectrum Disorder, ASD) ab.

Pertussis

Keuchhusten ist eine hochansteckende, über mehrere Wochen bis Monate andauernde Infektionserkrankung, die durch das Bakterium Bordetella pertussis über Tröpfcheninfektion beim Husten, Niesen oder Sprechen übertragen wird. Prodromal fallen erkältungsähnliche Beschwerden wie Schnupfen, trockener Reizhusten und leichtes Fieber auf (Stadium catarrhale). Darauf folgen plötzlich einsetzende stakkatoartige Hustenattacken, die mitunter zu Atemstillständen führen (Stadium convulsivum). Im letzten Stadium (Stadium decrementi) nehmen die Hustenstöße allmählich ab.

Cave: Neben dem klassischen dreiphasigen Verlauf sind in allen Altersklassen atypische Verläufe möglich, insbesondere aber bei Jugendlichen und Erwachsenen sowie geimpften Kindern.

Komplikationen

Als häufigste Komplikation bei Pertussis sind Pneumonien zu beobachten. Diese treten bei 10% aller erkrankten Säuglinge sowie bei 4 – 9% der erkrankten Personen ab 50 Jahren auf. Ursache der Lungenentzündungen sind meist bakterielle Sekundärinfektionen, insbesondere durch Pneumokokken oder unbekapselten Haemophilus influenzae. Weitere Komplikationen sind Otitis media, Sinusitis, hustenassoziierte Inkontinenz, Hernien, Rippenfrakturen sowie subkonjunktivale und (selten) zerebrale Blutungen. Seltene neurologische Komplikationen sind zerebrale Krampfanfälle und Enzephalopathien, die vor allem bei Säuglingen auftreten.

Pertussis Empfehlungen der STIKO

Derzeit empfiehlt die STIKO eine Grundimmunisierung gegen Keuchhusten mit vier Impfdosen. Diese werden im Alter von 2, 3, 4 und 11 bis 14 Monaten verabreicht. Auffrischimpfungen sind vor der Einschulung mit fünf bis sechs Jahren und bei Jugendlichen zwischen dem 9. und 17. Lebensjahr empfohlen. Im Erwachsenenalter ist die Auffrischung einmalig bei der nächsten fälligen Tetanus-Diphtherie-Auffrischimpfung angeraten.

Darüber hinaus empfiehlt die STIKO alle zehn Jahre eine Auffrischung für Frauen mit Kinderwunsch im gebärfähigen Alter sowie für enge im selben Haushalt lebende Kontaktpersonen (meist Eltern und Geschwister). Ebenfalls sollten Betreuende eines Neugeborenen (zum Beispiel Tagesmütter, Babysitter und ggf. Großeltern) spätestens vier Wochen vor Geburt des Kindes eine Auffrischimpfung erhalten. Mit dieser sogenannten Kokon-Strategie soll eine Herdenprotektion den Säugling vor einer Pertussis-Infektion schützen. Die Effektivität dieser Maßnahmen ist jedoch geringer als ursprünglich angenommen. Zudem ist sie in der täglichen Praxis nur schwer umsetzbar. Zwar erscheint sie als begleitende Präventivstrategie auch in Zukunft sinnvoll, wird aber nicht als gleichwertige Alternative zur Impfung in der Schwangerschaft angesehen.

Weiterhin wird von der STIKO eine Auffrischung des Pertussis-Impfschutzes für Beschäftigte im Gesundheitsdienst sowie in Gemeinschaftseinrichtungen alle zehn Jahre empfohlen. Hervorzuheben sind hierbei Impfungen für Hebammen, die in den ersten Wochen postpartal Mütter und Säuglinge betreuen.

Erstattung der Impfung

Die maternale Pertussis-Impfung wird zur Pflichtleistung der Gesetzlichen Krankenkassen, sobald der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) über die Aufnahme in die Schutzimpfungsrichtlinie entschieden hat. Bis dahin übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) die Kosten für die Impfung noch nicht standardmäßig. Dennoch sind schon jetzt einige Kassen bereit, die Kosten als Satzungsleistung bzw. als Einzelfallentscheidung zu erstatten. Zur finanziellen Abklärung empfiehlt sich vor der Impfung eine individuelle Nachfrage bei der jeweiligen Krankenkasse. Private Krankenkassen (PKV) zahlen Impfleistungen vertraglich bereits nach Herausgabe der STIKO-Empfehlung.

Autor:
Stand:
08.04.2020
Quelle:
  1. Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI), Epidemiologisches Bulletin 13/20, 26. März 2020.
     
  2. GlaxoSmithKline (gsk), Pressemeldung: STIKO empfiehlt Pertussis-Impfung mit einem Tdap-Kombinationsimpfstoff in der Schwangerschaft, 02. April 2020.
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