Evidenzbasierte Ernährungstipps für ein gesundes Herz

Die American Heart Association hebt in ihren neuen Ernährungsrichtlinien die Bedeutung herzgesunder Essgewohnheiten hervor sowie die kritische Rolle einer frühzeitigen Einführung entsprechender Ernährungsmuster für die allgemeine Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit.

Ernährung Herzgesundheit

Hintergrund

Schlechte Ernährungsgewohnheiten sind eng verbunden mit einem hohen Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Todesfälle. Frühere Ernährungsempfehlungen der American Heart Association konzentrierten sich in der Regel auf einzelne Nahrungsbestandteile, die als günstig (z.B. Omega-3-Fettsäuren) oder ungünstig (z.B. Cholesterol) eingestuft wurden. Nun hat die American Heart Association in einer aktuellen wissenschaftlichen Stellungnahme im Hinblick auf Ernährungsrichtlinien zur Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit deutlich gemacht, dass es auf Ernährungsmuster und-gewohnheiten als Ganzes ankommt [1].

Zielsetzung

Ziel der neuen Richtlinien ist die allgemeine Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit und Reduzierung des Risikos für Herz-Kreislauf-Krankheiten mithilfe einer gesunden Ernährung. Das besondere Anliegen der Autoren um Alice H. Lichtenstein und Lawrence J. Appel war es, die Bedeutung von Ernährungsmustern jenseits von einzelnen Nahrungsmitteln bzw. -bestandteilen sowie die kritische Rolle ihrer frühzeitigen Einführung hervorzuheben und wesentliche Merkmale herzgesunder Ernährungsmuster zu präsentieren. Darüber hinaus sollten strukturelle Gegebenheiten, die die Akzeptanz und Aufrechterhaltung entsprechender Ernährungsmuster erschweren oder verhindern, herausgearbeitet werden.

Ergebnisse

Kardiovaskuläre Erkrankungen können bereits während der fötalen Entwicklung und im Kindesalter auftreten. Da ernährungsbedingte chronische Krankheiten meist ein Leben lang bestehen bleiben, ist es essenziell herzgesunde Ernährungsmuster möglichst frühzeitig einzuführen und beizubehalten.

Zu den in den Richtlinien hervorgehobenen Diäten, die die Herzgesundheit fördern, gehören unter anderem die Mittelmeerdiät oder die DASH (Dietary Approaches to Stop Hypertension)-Diät. Es muss jedoch beachtet werden, dass bisherige Daten bezüglich einer gesunden Ernährung meist an der westlichen Bevölkerung erhoben wurden. Künftige Richtlinien würden nach Ansicht der Autoren von neuen Studien in nicht-westlichen Ländern profitieren. Zu wenig Daten in Bezug auf einen positiven Effekt auf die Herzgesundheit gibt es hinsichtlich populärer Ernährungstrends wie die ketogene Ernährung und das Intervallfasten. Eine Empfehlung dafür kann deshalb an dieser Stelle nicht ausgesprochen werden.

Folgende evidenzbasierte Ernährungstipps zur Senkung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wurden von den US-Kardiologen definiert:

  1. Anpassung der Nahrungs- und Kalorienaufnahme an die körperlichen Aktivitäten, um ein gesundes Körpergewicht zu erreichen bzw. zu erhalten

Übergewicht und Fettleibigkeit als Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen sollen so vermieden werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der individuelle Energiebedarf stark abhängig ist von Alter, Aktivitätslevel, Geschlecht und Körpergröße und sich bei Erwachsenen um ca. 70-100 Kalorien pro Lebensdekade vermindert. Auch große Mengen gesunden Essens können zu einer positiven Energiebilanz und Gewichtszunahme führen. Für eine Optimierung der Energiebalance sollte gesunde Ernährung mit mindestens 150 Minuten moderater körperlicher Aktivität pro Woche gekoppelt werden.

  1. Viel Obst und Gemüse, mit hohem Grad an Abwechslung

In zahlreichen Studien ist dokumentiert, dass der Verzehr von viel Obst und Gemüse (außer weiße Kartoffeln) mit einem reduzierten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert ist. Dabei haben dunkel gefärbtes Obst und Gemüse wie z.B. grünes Blattgemüse und Pfirsiche eine höhere Nährstoffdichte als heller gefärbte und weiße Produkte. Ganze Früchte liefern mehr Ballaststoffe und führen eher zum Sättigungsgefühl als Säfte. Werden viele verschiedene Produkte dieser Gruppe konsumiert, kann eine adäquate Menge an essenziellen Nährstoffen und Phytochemikalien aufgenommen werden. Dabei kann Obst und Gemüse in allen Formen (roh, frisch, eingeweckt, gefroren oder getrocknet) in den Speiseplan integriert werden. Gefrorene Früchte haben unter anderem den Vorteil, dass sie bei ähnlichem oder sogar höherem Nährstoffgehalt nicht nur gebrauchsfertig, sondern auch länger haltbar sind als die frischen. Produkte mit Zusätzen von Salz oder Zucker sind jedoch nur begrenzt zu verwenden.

  1. Überwiegend Vollkornprodukte essen, weniger raffinierte Produkte

Es ist gezeigt worden, dass der tägliche Verzehr von Vollkornprodukten (mindestens 51% Vollkorngetreide) im Vergleich zu eher seltenem Verzehr einen positiven Effekt auf das kardiovaskuläre Risiko, koronare Herzkrankheit, Schlaganfall, metabolisches Syndrom und kardiometabolische Risikofaktoren hat. Darüber hinaus haben Vollkornprodukte einen positiven Effekt auf die Darmtätigkeit und das Darmmikrobiom.

  1. Gesunde Proteinquellen wählen

An erster Stelle steht hier der empfohlene Verzehr überwiegend pflanzlicher Proteinquellen wie Sojabohnen, Bohnen, Linsen, Kichererbsen und Nüsse. Zusätzlich sollten zwei- bis dreimal pro Woche Fisch und Meeresfrüchte auf dem Speiseplan stehen. Ihr positiver Effekt auf das Herz ist wahrscheinlich auf den hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren zurückzuführen. Allerdings spielt auch die Zubereitung eine große Rolle, denn der vorteilhafte Effekt bezieht sich nicht auf gebratene Gerichte. Vollmilchprodukte sollen außerdem durch fettarme oder fettfreie Milchprodukte ersetzt werden. Daten hierzu sind jedoch teilweise kontrovers und müssen weiterhin diskutiert werden.

Rotes Fleisch sollte möglichst vermieden werden, da dieses nachweislich direkt mit einer höheren Inzidenz an Herz-Kreislauf-Krankheiten und Todesfällen assoziiert ist. Dagegen war der Austausch roten und verarbeiteten Fleisches mit alternativen Lebensmitteln wie Hühnerfleisch, Fisch, Nüssen und Gemüse mit einem niedrigeren Risiko sowohl bei der kardiovaskulären als auch der Gesamtsterblichkeit verbunden. Wer unbedingt Fleisch essen möchte, sollte zu Hühnerfleisch oder magerem Fleisch greifen. Verarbeitete Fleisch- und Fischprodukte (z.B. Wurst, roher und Kochschinken, Salami) sollten möglichst vermieden werden. Sie enthalten hohe Mengen Salz, gesättigte Fette, Cholesterol, Konservierungsmittel und sind oft geräuchert.

  1. Pflanzliche Öle verwenden und tropische Öle (Kokosnuss- und Palmöl), tierische Fette (Butter) und gehärtete Pflanzenfette (Margarine) vermeiden

Gesättigte Fette und Transfette sollten durch ungesättigte nichttropische Pflanzenöle ersetzt werden. Der kardiovaskuläre Nutzen ungesättigter Fette ist vielfach gezeigt worden. Dabei ist der kardioprotektive Effekt von mehrfach ungesättigten Fetten (Hauptquelle: Pflanzenöle wie z.B. Soja-, Mais- und Sonnenblumenöl sowie Walnüsse und Leinsamen) dem von einfach ungesättigten Fetten (Hauptquelle: fettes Fleisch und Pflanzenöle wie z.B. Raps- und Olivenöl, Nüsse, Erdnüsse) überlegen. Fettreiche Fische sind darüber hinaus eine gute Quelle für kardioprotektive Omega-3-Fettsäuren.

  1. Nur wenig verarbeitete Lebensmittel verwenden

Hochverarbeitete Lebensmittel sollten vermieden werden. Der Verzehr großer Mengen dieser Produkte ist mit einer übermäßigen Energiezufuhr und infolgedessen mit Übergewicht, Fettleibigkeit, kardiometabolischen Erkrankungen wie z.B. Typ 2-Diabetes sowie mit einer erhöhten Gesamtsterblichkeit verbunden. Eine allgemein akzeptierte Definition von hochverarbeiteten Lebensmitteln existiert allerdings den Autoren zufolge nicht. Daher ist es durchaus möglich, dass sich unter dem Label auch einige gesunde Nahrungsmittel verbergen.

  1. Einnahme von Getränken und Lebensmitteln mit Zuckerzusatz minimieren

Zusatz von Zucker in diversen Formen wie z.B. Glukose, Dextrose, Haushaltszucker (Saccharose, Sucrose), Maissirup, Honig, Ahornsirup und Fruchtsaftkonzentraten ist verbunden mit einem erhöhten Risiko für Typ 2-Diabetes, koronarer Herzkrankheit und Übergewicht. Der Verzehr von Produkten mit hohem Zuckerzusatz sollte folglich auf ein Minimum reduziert werden. Studiendaten hinsichtlich des Effekts von Zuckeraustauschstoffen auf das Körpergewicht und metabolische Erkrankungen sind nach wie vor uneinheitlich. Der oft deklarierte positive Effekt von künstlichen Süßstoffen ist nach Ansicht der Experten fraglich, denn Zuckeraustauschstoffe können den Verzehr zu großer Mengen begünstigen. Zu den jüngst favorisierten seltenen Mono- und Disacchariden (z.B. Allulose) gibt es noch zu wenig Daten, um eine Empfehlung abgeben zu können.

  1. Bei der Auswahl und Zubereitung von Essen auf geringen bzw. keinen Salzgehalt achten

Zwischen Salzaufnahme und Blutdruck existiert ein direkter positiver Zusammenhang und eine reduzierte Salzaufnahme senkt sowohl Blutdruck als auch kardiovaskuläres Risiko. In den USA sind die verarbeiteten und außer Haus bereiteten Lebensmittel eine der Hauptquellen für reguläres Natriumsalz. Die Autoren heben hervor, dass auch Bio-Produkte oder solche, die als „100% Vollkorn“ deklariert sind, einen hohen Salzgehalt haben können. Eine mögliche Alternative könnten künftig Kalium-angereicherte Salze sein.

  1. Geringer bzw. kein Alkoholkonsum - Wer keinen Alkohol trinkt sollte das beibehalten, ansonsten ist die Menge an Alkohol zu limitieren

Die Wechselwirkung zwischen Alkoholkonsum und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist komplex und das Risiko stark abhängig von der Alkoholmenge und den Trinkgewohnheiten. Zusätzlich spielen auch Alter, Geschlecht und Art der kardiovaskulären Erkrankung eine Rolle. Obwohl gezeigt wurde, dass ein geringer Alkoholkonsum mit einem niedrigeren Risiko z.B. für koronare Herzkrankheit verbunden ist, sollte aufgrund des mit Alkohol verbundenen Risikos für andere Erkrankungen und die Ungewissheiten über den Nettoeffekt, Alkohol nicht konsumiert werden, um die kardiovaskuläre Gesundheit zu verbessern. Die Empfehlungen liegen bei einem alkoholischen Getränk pro Tag (2020 Dietary Guidelines Advisory Committee) bzw. ein Getränk pro Tag für Frauen und zwei Getränke pro Tag für Männer (2020 to 2025 Dietary Guidelines for Americans).

  1. Diese Regeln sollten immer und überall beachtet werden, egal wo das Essen zubereitet oder verzehrt wird. Das heißt auch bei einem Restaurantbesuch oder Essen bei Freunden

Zu den Hindernissen, die eine Annahme und Aufrechterhaltung dieser Empfehlungen erschweren, gehören in den USA das gezielte Marketing für ungesundes Essen, Fehlinformationen im Internet, zunehmende Unsicherheit in Bezug auf Nahrungsmittel aber auch struktureller Rassismus und Nachbarschaftssegregation.

Fazit

Für eine Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit kommt es nicht allein auf einzelne Nahrungsbestandteile an. Eine möglichst frühzeitige Änderung von „schlechten“ Ernährungsgewohnheiten und die Annahme bestimmter herzgesunder Ernährungsmuster ist essenziell. Es gehört zu den gesellschaftlichen Herausforderungen die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass eine herzgesunde Ernährung für jeden erleichtert und nicht erschwert wird.

Autor:
Stand:
01.02.2022
Quelle:

Lichtenstein A.H. et al. (2021): 2021 Dietary guidance to improve cardiovascular health: a scientific statement from the American Heart Association. Circulation, DOI: 10.1161/CIR.0000000000001031

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