
Hintergrund
Adipositas und eine geringe körperliche Aktivität sind bekannte Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die bei Frauen häufiger anzutreffen sind. Die Prävalenz von beiden Faktoren nimmt bei Frauen stetig zu. Jedoch gibt es widersprüchliche Studien über den Zusammenhang des Body-Mass-Index (BMI), des Körpergewichts und der Mortalität. So beschreiben einige Studien ein erhöhtes Mortalitätsrisiko bei übergewichtigen bzw. adipösen Männern und Frauen. Andere Studien hingegen beschreiben das „Adipositas-Paradox“, d. h. eine umgekehrte Beziehung zwischen Übergewicht bzw. Adipositas und der kardiovaskulären bzw. der Gesamtmortalität.
Die körperliche Aktivität bzw. Fitness ist ebenfalls ein unabhängiger Prädiktor für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei Frauen. Studien haben gezeigt, dass die Fitness den Zusammenhang zwischen BMI und Mortalität erheblich verändern kann. Ursächlich hierfür ist, dass der BMI die Körperzusammensetzung der Frauen außer Acht lässt. Die Fitness hingegen korreliert mit dem Körpergewicht und der Körperzusammensetzung, indem sie den Fettabbau fördert und gleichzeitig die fettfreie Körpermasse erhält oder erhöht. Den Zusammenhang zwischen der körperlichen Fitness, dem Körpergewicht und kardiovaskulären Ereignissen sowie der Mortalität bei ischämischer Herzkrankheit ist bislang nur begrenzt in Studien untersucht worden und wenn vorwiegend bei Männern.
Zielsetzung
Die Studie setzte sich zum Ziel den Zusammenhang von körperlicher Fitness mit langfristigen schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen (MACE) und der Gesamtmortalität bei Frauen mit Anzeichen /Symptomen einer ischämischen Herzkrankheit zu untersuchen.
Methodik
Die prospektive Beobachtungsstudie basiert auf Daten von Frauen der „Women’s Ischemia Syndrome Evaluation“ Studie. In diese Studie wurden Frauen, die sich einer invasiven Koronarangiographie unterzogen und Anzeichen einer Herzinsuffizienz aufwiesen, eingeschlossen und analysiert. Untersucht wurde das längerfristige Risiko für das Auftreten von schwerwiegenden unerwünschten kardiovaskulären Ereignissen (MACE) und die Gesamtmortalität in Verbindung mit dem BMI und der körperlichen Fitness der Frauen, gemessen mit dem Duke Activity Status Index (DASI).
Übergewicht wurde definiert als BMI ≥ 25 bis 30 kg/m2 und adipös als BMI ≥ 30 kg/m2 und als unfit galt, wer einen DASI-Wert von <25 aufwies, was ≤ 7 metabolischen Äquivalenten entspricht.
Ergebnisse
Allgemein
Die Kohortenstudie umfasste 899 Frauen, die zwischen 1997 bis 2001 eingeschlossen wurden. Von diesen waren 18,6% normalgewichtig und fit, 11,4% übergewichtig und fit, 10,4% adipös und fit sowie 15,3% normalgewichtig und unfit, 23,8% übergewichtig und unfit und 30,4% adipös und unfit. Im Vergleich zu fitten Frauen mit einem normalen BMI hatten unfitte Frauen mit normalen BMI einen höheren Prozentsatz an Hypertonie, Dyslipidämie, metabolische Syndrom und obstruktiver KHK.
Die mediane Nachbeobachtungszeit lag bei 5,8 Jahre (Zeitspanne zwischen 0 und 9,3 Jahren) für die Dokumentation von MACE und 8,3 Jahre (Zeitspanne zwischen 0 bis 11,3 Jahren) für die Mortalität. 174 Frauen (19%) sind im gesamten Nachbeobachtungszeitraum verstorben.
Auftreten von schwerwiegenden unerwünschten kardiovaskulären Ereignissen
Insgesamt hatten 245 Frauen (27%) ein MACE im entsprechenden Zeitraum.
Unfitte Frauen mit normalem BMI wiesen im Vergleich zu fitten Frauen mit normalem BMI ein höheres MACE-Risiko auf (Hazard Ratio (HR): 1,65; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,17 bis 2,32; p=0,004). Körperlich fitte Frauen mit Übergewicht bzw. Adipositas hatten hingegen ein geringeres Mortalitätsrisiko (HR: 0,60; 95%-KI: 0,40 bis 0,89; p=0,012 bzw. HR: 0,62; 95%-KI: 0,41 bis 0,92; p=0,018). Die Ergebnisse bestätigten sich, wenn in der Analyse untergewichtige Frauen nicht berücksichtigt wurden.
Fazit
Die Studie zeigt, dass übergewichtige, fitte und adipöse Frauen ein um 38-40% geringeres Risiko einer langfristigen Gesamtmortalität aufwiesen. Dies deutet darauf hin, dass die körperliche Fitness eine wichtige Rolle beim Adipositas-Paradoxon bei Frauen mit Herzinsuffizienz spielen könnte. Frauen mit Normalgewicht, die nicht fit waren, hatten darüber hinaus ein um 65% höheres MACE-Risiko, was zeigt wie wichtig die körperliche Fitness und somit die Empfehlung zur körperlichen Betätigung ist.
Es sind weitere Studien zur Messung von Körperfett und körperlicher Fitness erforderlich, um die Zusammenhänge zwischen Körpergewicht, Körperzusammensetzung und körperlicher Fitness besser zu verstehen.