Einsatz der Hypothermie beim kardiogenen Schock

Die Anwendung der Hypothermie bei Patienten mit kardiogenem Schock unter ECMO-Therapie verringert nicht wie erwartet die Rate an hypoxischen Zellschädigungen und senkt somit nicht die Mortalität, wie Daten einer randomisierten Studie zeigen.

Rettungswagen

Hintergrund

Bei Patienten mit kardiogenem Schock, einschließlich Patienten nach einem Herzstillstand, der nicht auf Standardtherapien anspricht, wird immer häufiger eine venoarterielle extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) eingeleitet. Das Gesamtüberleben bis zur Krankenhausentlassung liegt bei diesen ECMO-Patienten zwischen 29 % bei Patienten mit extrakorporaler kardiopulmonärer Wiederbelebung und 41 % bei refraktärem kardiogenem Schock. Insbesondere Patienten mit refraktärem kardiogenem Schock und venoarterieller ECMO-Therapie zeigen häufig schwerste Reperfusionsschäden auf.

Die schädlichen Auswirkungen von Reperfussionsschäden können durch eine moderate Hypothermie abgemildert werden, die von Patienten nach Herzstillstand und von Patienten mit kardiogenem Schock gut vertragen werden. Da es jedoch an Ergebnisdaten zu diesem Thema mangelt, wird derzeit eine Normothermie empfohlen.

Zielsetzung

Die Studie untersucht die Frage, ob der Einsatz einer moderaten Hypothermie im Vergleich zur Normothermie die Mortalitätsrate bei Patienten mit kardiogenem Schock, die eine ECMO-Therapie erhalten, verbessern kann [1].

Methodik

Patienten mit kardiogenem Schock, die intensivmedizinisch in Frankreich betreut wurden und die eine ECMO-Therapie zum Zeitpunkt des Studieneinschlusses von weniger als 6 Stunden erhielten, konnten in die randomisierte Studie eingeschlossen werden. Die venoarterielle ECMO wurde nach Vorgaben des jeweiligen Studienzentrums begonnen und anschließend erfolgte die Randomisierung.

Die Patienten der Interventionsgruppe wurden einer moderaten Hypothermie mit 33° bis 34° Celsius für 24 Stunden unterzogen und anschließend die Körpertemperatur schrittweise (0,1-0,2° Celsius pro Stunde) wieder auf 37° Celsius erhöht und für weitere 72 Stunden auf dieser Temperatur gehalten. Die Patienten der Kontrollgruppe unter Normothermie hatten eine Körpertemperatur zwischen 36° und 37° Celsius für 24 Stunden und von 37° Celsius für weitere 72 Stunden. Bei Patienten die einen Herzstillstand erlitten hatten, wurde die Körpertemperatur konstant auf 36° Celsius gehalten.

Der primäre Endpunkt war definiert als Mortalität nach 30 Tagen. Weitere 31 sekundäre Endpunkte wurden definiert.

Ergebnisse

Patientencharakteristika

Zwischen Oktober 2016 und Juli 2019, mit abschließender Nachbeobachtung im November 2019, konnten von 786 geeigneten Patienten 374 Patienten (48 %) in die Studie eingeschlossen werden. 40 Patienten zogen ihre Einwilligung zurück, womit 334 Patienten in der Primäranalyse berücksichtigt werden konnten. 168 Patienten gehörten der Interventions- und 166 Patienten der Kontrollgruppe an, die sich nicht signifikant voneinander unterschieden. Das mittlere Alter lag bei 58 Jahren und 24 % der Patienten waren Frauen.

58 % der Patienten erlitten einen kardiogenen Schock aufgrund einer ischämischen Herzkrankheit (36 % akuter Myokardinfarkt und 22 % akut dekompensierte Herzinsuffizienz) und 15 % hatten diesen nach einer Herzoperation. 48 % aller Patienten hatten bereits einen Herzstillstand vor Studieneinschluss.

Klinische Ergebnisse

In der Interventionsgruppe waren zum Zeitpunkt der Primäranalyse 71 Patienten (42 %) und in der Kontrollgruppe 84 Patienten (51 %) verstorben. Der primäre Endpunkt war somit nicht signifikant verschieden (adjustierte Odds Ratio [aOR] 0,71; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,45-1,13; p=0,15).

Es zeigte sich lediglich bei einem sekundären Endpunkt – definiert als kombinierte Ereignisrate aus den Ereignissen Tod, Herztransplantation, Implantation eines linksventrikulären Herzunterstützungssystem (left ventricular assist device [LVAD]) und Schlaganfall – ein signifikanter Unterschied nach 30 Tagen (aOR 0,61; 95%-KI 0,39-0,96; p=0,03) zu Gunsten der Interventionsgruppe. Alle weiteren 30 sekundären Endpunkte zeigten keine schlüssigen Ergebnisse.

Fazit

Die randomisierte Studie kommt zum gleichen Ergebnis, wie die jüngst publizierte TTM2-Studie. Eine zeitlich begrenzte Hypothermie bei Patienten mit kardiogenem Schock unter ECMO-Therapie kann die Mortalitätsrate nicht senken. Auch wenn sich die beiden Studien in mehreren Aspekten des Patientenkollektivs unterschieden, bestätigen beide, dass eine therapeutische Kühlung des Patienten das Risiko zu versterben nicht senken kann.

Ganz ausgeschlossen werden kann ein moderater klinischer Nutzen der Hypothermie jedoch nach Meinung der Studienautoren nicht, da es an der nötigen statistischen Power mangele, um den Effekt sichtbar zu machen. Weiterhin sollte man zum Nachweis ein homogeneres Patientenkollektiv einschließen und insbesondere reanimierte Patienten ausschließen, da nach den aktuellen Leitlinien hier ein Management der Körpertemperatur gegeben ist.

Autor:
Stand:
25.02.2022
Quelle:

Levy B. et al. (2022): Effect of Moderate Hypothermia vs Normothermia on 30-Day Mortality in Patients With Cardiogenic Shock Receiving Venoarterial Extracorporeal Membrane Oxygenation. A Randomized Clinical Trial. JAMA. DOI:10.1001/jama.2021.24776

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