
Hintergrund
Für die Revaskularisation bei koronaren Herzerkrankungen (KHK) wird bei nicht-komplexen 1-Gefäßerkrankungen die perkutane Koronarintervention (PCI) als Standardmethode eingesetzt, wenn die KHK-Patienten trotz optimaler medikamentöser Therapie symptomatisch sind. Hingegen ist die koronare Bypass-Operation (coronary artery bypass graft [CABG]) die Methode der Wahl bei KHK-Patienten mit einer mittleren oder hohen anatomischen Komplexität, einschließlich der koronaren 3-Gefäßerkrankung. Die Entscheidung hierzu basierte auf den Ergebnissen der SYNTHAX-Studie und wurde später durch die Studien FREEDOM und BEST bestätigt. Während in der SYNTHAX-Studie die schwerwiegenden unerwünschten kardialen und zerebrovaskulären Ereignisse (major adverse cardiac or cerebrovascular events [MACCE]) nach fünf Jahren bei der PCI mit medikament-freisetzenden Stents (drug eluting stents [DES]) vs. CABG erhöht waren, wurde in FREEDOM und BEST die Überlegenheit der CABG zur PCI mit DES nachgewiesen.
In den 15 Jahren seit der SYNTHAX-Studie hat sich die interventionelle Kardiologie insbesondere im Bereich der PCI weiterentwickelt. Zahlreiche Entwicklungen, darunter die dritte Generation der DES in Verbindung mit intravaskulärer Bildgebung zur Steuerung der Stentimplantation, haben nachweislich die Ergebnisse der Revaskularisation mittels PCI verbessert. Auch bei Patienten mit chronischer totaler Okklusion kann mittels neuer Technologien eine vollständige Revaskularisation der Gefäße erreicht werden.
Zielsetzung
Die SYNTHAX II-Studie untersucht, ob die Revaskularisation mittels PCI bei koronarer 3-Gefäßerkrankung durch die technischen und methodischen Entwicklungen nun bessere Ergebnisse erzielt im Vergleich zu der ursprünglichen SYNTHAX-Studie.
Methodik
In die multizentrische, einarmige, offene Studie wurden KHK-Patienten mit stabiler oder instabiler Angina pectoris und einer de novo 3-Gefäßerkrankung ohne Beteiligung der linken Hauptschlagader eingeschlossen, wenn eine Revaskularisation erforderlich war. Zusätzlich mussten die Patienten sowohl für eine CABG als auch für eine PCI geeignet sein. Für die Risikostratifzierung der Patienten wurde der SYNTHAX-Score II verwendet, der im Vergleich zu seinem Vorgänger neben den anatomischen auch die klinischen Merkmale berücksichtigt. Für die PCI wurde ein DES der zweiten Generation mit dünnen Streben verwendet (Synergy-Stent). Als Vergleichsgruppe (= Kontrollgruppe) diente eine gematchte PCI-Kohorte aus der ursprünglichen SYNTHAX-Studie sowie eine gematchte CABG-Kohorte. Der primäre Endpunkt war definiert als das Auftreten von MACCE im Nachbeobachtungszeitraum von fünf Jahren. Zu diesen kardiovaskulären Ereignissen werden Tod, Schlaganfall, Myokardinfarkt und Revaskularisation gezählt.
Ergebnisse
Von den 454 Patienten der SYNTHAX II-Studie haben mit Ausnahme von 11 Patienten alle erfolgreich die Fünf-Jahres-Nachbeobachtung erfolgreich abgeschlossen (98%). Die Vergleichsgruppe der SYNTHAX I-Studie bestand aus 315 Patienten, von denen 16 Patienten die Nachbeobachtung nicht abgeschlossen haben (95%).
Erreichen des primären Endpunktes
Nach 5 Jahren war die Rate an MACCES mit 21,5% bei dem Patientenkollektiv der SYNTHAX II-Studie signifikant geringer als bei der Vergleichsgruppe aus SYNTHAX I mit 36,4% (p<0,001). Dies kam durch eine niedrige Rate an Revaskularisation (13,8% vs. 23,8%, p<0,001) und durch eine geringere Rate an Myokardinfarkten (2,7% vs. 10,4%; p<0,001) zu Stande. Sowohl die periprozeduralen Myokardinfarkte (0,2% vs. 3,8%, p<0,001) als auch die spontanen Myokardinfarkte (2,3% vs. 6,9%) waren bei den Patienten der SYNTHAX II-Studie geringer.
Auch die Gesamtmortalitätsrate war bei den Patienten aus SYNTHAX II mit 8,1% signifikant niedriger als beim Ursprungskollektiv aus SYNTHAX I mit 13,8% (p=0,13) und war auf eine geringere kardiale Mortalität zurückzuführen (2,8% vs. 8,4%, p<0,001).
Vergleich zur CABG-Kohorte
Ein Vergleich der PCI-behandelten Patienten der SYNTHAX II-Studie mit einer gematchten CABG-Kohorte aus der ursprünglichen SYNTHAX-Studie (n=334 Pateinten) zeigte, dass die aufgetretenen MACCE nach fünf Jahren ähnlich zwischen den beiden Gruppen waren (21,5% vs. 24,6%; p=0,35).
Fazit
Die SYNTHAX II-Studie zeigt, dass KHK-Patienten mit einer de novo 3-Gefäßerkrankungen heutzutage mit einer PCI behandelt werden können. Die moderne PCI führt zu verbesserten und dauerhaften klinischen Ergebnissen im Vergleich zu Patienten die noch vor 15 Jahren in der ursprünglichen SYNTHAX-Studie behandelt wurden. Eine „exploratische“ Analyse zeigte sogar, dass keine signifikanten Unterschiede zwischen den kürzlich behandelten PCI-Patienten und den ursprünglichen CABG-Patienten aus SYNTHAX I gefunden wurden. Mit diesen Erkenntnissen sollte ein randomisierter Vergleich zwischen CABG und PCI-Patienten bei einer 3-Gefäßerkrankung erneut stattfinden um die Limitation der hier vorliegenden Studie zu überwinden.